Den ungeschönten Alltag der Pfleger und Ärzte, die an vorderster Front gegen Corona kämpfen, durfte „Krone“-Redakteurin Lisa Stockhammer am Dienstagvormittag auf den Corona-Stationen im Ordensklinikum der Elisabethinen in Linz begleiten.
Monitore mit Hunderten Zahlen, Schläuche ragen aus dem Patienten, der Duft von Desinfektionsmittel liegt in der Luft: Es ist ein bedrückendes Bild, das sich mir beim Besuch auf der Covid-Intensivstation im Ordensklinikum der Elisabethinen in Linz bietet. Mit den Pflegerinnen Andrea (25) und Siegi (44) stehe ich neben einem Patienten, er ist intubiert und im Tiefschlaf.
Ich schwitze bereits nach kurzer Zeit unter meiner Schutzkleidung, selbst wenn ich mich gar nicht bewege. Andrea und Siegi müssen den Patienten waschen: „Das dauert etwa zwei Stunden“, erklären sie - für mich ist es in diesem Moment kaum vorstellbar, zwei Stunden in dem Raum zu bleiben. Für die beiden Pflegerinnen hingegen ist es Routine: „Man gewöhnt sich daran. Dass man aber gerade nicht weiß, was noch auf uns zukommt, ist schwer“, sagen sie.
Station ist am Limit
Dann machen sie sich an die Arbeit. Ich verlasse deshalb das Zimmer, widme mich dem regen Treiben am Gang. Zahlreiche Pfleger und Ärzte kümmern sich um die insgesamt acht Patienten auf der Station. Plötzlich bricht Hektik aus: „Wir bekommen einen neuen Patienten, ohne Corona“, schreit eine Pflegerin. Die Station ist am Limit: „Derzeit sind etwa 80 Prozent unserer Intensivbetten belegt. Das entspricht einer Vollbelegung, da wir immer Betten für Notfälle frei haben müssen. Auch reicht ein Beatmungsgerät allein nicht aus, man braucht auch das Personal dafür“, schildert Oberarzt Martin Martinek.
Oft wird verbreitet, dass so viele Geimpfte im Spital sind. Das ist ein völlig falsches Bild. Diese Geimpften sind fast alle vorbelastet, sehr oft Organ-transplantiert.
Oberarzt Martin Schmid
„Das ist alles nicht so einfach für die Psyche“
Am Gang spreche ich mit Christine Haas. Sie ist Pflegebereichsleiterin auf der Station: „Diese Welle hat uns über Nacht überrollt. Letztes Wochenende hab ich es am Computer daheim beobachtet, wie ein Patient nach dem anderen gekommen ist. Da wird einem wirklich schlecht.“
Mehrmals klingelt ihr Telefon, eine Mitarbeiterin ruft an, ihr Kind sei positiv: „Das passiert immer öfter, Angestellte fallen aus, weil sie im eigenen Umfeld Corona-Fälle haben, die fehlen uns schmerzlich.“ Keine fünf Minuten später kommt der nächste Anruf: „Das stört mich nicht, das ist mein Job. Was mich aber wirklich traurig macht, ist, dass die Mitarbeiter so fertig sind. Das ist alles nicht einfach für die Psyche. Es fehlt langsam die Kraft.“
„Ich kann die ganzen Leugner nicht mehr hören“
Mein Weg führt weiter auf die Corona-Normalstation. Auch dort stößt das Spital an seine Grenzen. Wieder muss ich mich „einschleusen“, die komplette Schutzkleidung anziehen. Nach nur fünf Minuten klebt das Plastik auf meiner Haut. In einem Zimmer spreche ich mit einem Patienten, er braucht Sauerstoff (siehe Interview unten).
Vor einem Desinfektionsständer treffe ich Pflegerin Gabi Wegscheider (57). Sie erzählt mir: „Es ist brutal für uns und für die Patienten. Corona hat viele Begleiterscheinungen. Es kann jedes Organ betreffen.“ Dass ihr Menschen im privaten Bereich erklären, dass „alles nicht so schlimm ist“, lässt sie verzweifeln: „Ich kann es nicht mehr hören. Wir sind seit zwei Jahren an der Front und wissen, dass Corona unberechenbar ist.“
Dritte Impfung als Rettung
Auch von der Aufnahme, wo alle Corona-Verdachtsfälle zu Beginn hinmüssen, mache ich mir ein Bild. „Etwa 160 Patienten kommen an einem Tag, ein Drittel davon sind Corona-Fälle“, erklärt Oberarzt Matthias Kölbl, der die Notaufnahme leitet. Er sagt: „Der dritte Stich kann uns in Zukunft vieles ersparen.“ Denn die Patienten mit schweren Verläufen seien laut dem Mediziner fast alle nicht vollständig immunisiert.
In diesem Moment wird eine 71-jährige Frau eingeliefert. Sie ist seit einigen Tagen positiv, kann nur schwer atmen. Ich spreche kurz mit ihr: „Mir geht es gar nicht gut“, stößt sie zwischen den Lippen hervor. Die Ärzte geben ihr drei Liter Sauerstoff, das hilft.
Ich verlasse die Station wieder, befreie mich von der Schutzkleidung. Der erste Atemzug in der kühlen Luft vor dem Spital fühlt sich so gut an wie schon lang nicht mehr ...
Interview mit einem Corona-Patienten: „Hole mir die Impfung noch“
Ein Mühlviertler (62) wird seit Samstag auf der Covid-Normalstation der Elisabethinen in Linz betreut. Der „Krone“ hat der Patient erzählt, wie sich das Coronavirus für ihn anfühlt.
„OÖ Krone“: Seit Samstag müssen Sie im Krankenhaus behandelt werden. Wo und wann haben Sie sich mit Corona infiziert?
Patient: Ich war Ende Oktober auf einer kleinen Geburtstagsfeier, dort habe ich mich dann leider angesteckt. Am Anfang war mein Verlauf relativ mild, aber mit der Zeit habe ich gemerkt, dass etwas ganz und gar nicht passt. Ich bin Dialysepatient, weil ich Nieren-transplantiert bin, darum wollte ich kein Risiko eingehen und bin ins Spital.
Man liest und hört jeden Tag von dem Virus. Wie fühlt sich Corona eigentlich an?
Diese Krankheit ist wirklich schwer zu beschreiben. Es fühlt sich nicht gut an. Ich hab eine leichte Lungenentzündung bekommen und Sauerstoffunterstützung gebraucht. Ich bin froh, dass es hier Leute gibt, die mir helfen und die mich beobachten.
Sind Sie eigentlich geimpft?
Nein, ich wollte noch abwarten, wegen meiner Krankheit. Aber nach dem, was ich jetzt erlebt habe, werde ich mich sicher noch impfen lassen. Eventuell, wenn es dann auch den Totimpfstoff gibt.
Sie haben Glück, dass der Verlauf nicht schwerer ist.
Ja, das ist mir bewusst und dafür bin ich auch jeden Tag dankbar. Es gibt viel schlimmere Verläufe als meinen.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie schnell wieder fit werden.
Danke vielmals.
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