Der Teillockdown für rund zwei Millionen ungeimpfte Menschen in Österreich, der seit Montag in Kraft ist, ist wohl eine klassisch österreichische Lösung. Rechtsexperten fordern noch viel mehr.
Explodierende Infektionszahlen - ein Kandidat für die Worte des Jahres. Traurigerweise. Sie führen zu Politik-Krisen und elementaren Fragen. Braucht Österreich sogar eine Impfpflicht, da es im westeuropäischen Vergleich dunkelrot als Schlusslicht blinkt? Die „Krone“ hat mehrere hochrangige Experten befragt. Nicht alle wollen sich zu dem heiklen Thema offiziell äußern. Darunter auch ein aktiver VfGH-Richter.
Einige tun es doch. Etwa die ehemalige OGH-Präsidentin Irmgard Griss (Bild unten). Sie findet klare Worte. „Die Entwicklung bestätigt, dass es ohne Impfpflicht nicht geht. Wir haben ein Mittel. Das ist die Impfung. Wenn dieses Instrument nicht funktioniert, muss man andere Maßnahmen ergreifen. Im Sinne der Gesellschaft.“
An einer Impfplicht führe aktuell nichts vorbei, ist Griss überzeugt. „Die Pandemie als vorbei zu erklären, ist ein Totalversagen der Politik.“ Doch warum die niedrige Impfquote? Einerseits liege es an einer impfskeptischen FPÖ, „andererseits ist die Wissenschaftsskepsis bei uns stark ausgeprägt.“ Ein kapitaler Fehler sei auch gewesen, dass man die Impfpflicht nie thematisiert habe. Oder der Appell - tut was für die anderen. „Das ist Schwachsinn. Man tut es für sich selbst“, so Griss.
Verfassungsrechtsprofessor Bernd Christian Funk sieht es ähnlich. Die allgemeine Impfpflicht wie ab 1948 bei den Pocken sei durchaus denkbar, wenn die Prognose dafürspricht, dass dieses Instrument zu einer Verminderung der Problematik führe. „Es wäre eine politische Entscheidung, auf Basis medizinischer Argumentation. Eine andere Frage ist, ob es zurzeit nicht alternative Möglichkeiten gibt, etwa einen Lockdown für alle.“
Funk hält fest, dass Entwurmungsmittel oder Schamanismus nicht dazu zählen könnten. Eine andere Frage wäre jene nach der Durchsetzung. „Da sind wir rasch beim Thema unmenschliche Behandlung. Vielleicht wäre eine Zwangsquarantäne besser? Dann gibt es weitere juristische Debatten. Es gibt Unschärfen.“
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