Auch die Kulturbetriebe in Österreich gehen in den Lockdown, im Theater in der Josefstadt stellt man etwa ab kommenden Montag nicht nur den Vorstellungs-, sondern auch den Probenbetrieb ein. Das verkündete Intendant Herbert Föttinger am Freitagvormittag unmittelbar nach der Regierungs-Pressekonferenz: „Ich gehe nicht davon aus, dass das nur 20 Tage sein wird und glaube auch nicht, dass die Theater unter den Ersten sein werden, die aufsperren dürfen.“
Föttinger geht davon aus, dass das Augenmerk wohl eher auf dem Weihnachtsgeschäft des Handels liegen werde: „Weil wir aber schon an der Belastbarkeitsgrenze waren, bin ich aber eigentlich froh, dass es zu dieser Lösung kommt, auch wenn sie spät kommt.“
Impfdurchbrüche im Ensemble
Zuletzt hatte das Theater in der Josefstadt mit einigen Impfdurchbrüchen im Ensemble zu kämpfen. Mit vier Fällen gebe es „einen ,Rechnitz‘-Cluster“. Alle Betroffenen wiesen aber dank der Impfungen keine schweren Verläufe auf und seien am Wege der Besserung. Am 4. Dezember hätte man die bereits einmal verschobene Premiere spielen können, so der Theaterleiter, der die in Wien ab Freitag geltende 2Gplus-Regel nun an genau drei Abenden in den Spielstätten seines Hauses durchsetzen muss. „Ich nehme das zur Kenntnis.“
Das Theater in der Josefstadt werde wieder Kurzarbeit anmelden und den Proben- und Werkstättenbetrieb einstellen. Man habe genügend Produktionen bereit, um den Spielbetrieb nach Lockdown-Ende rasch wieder aufnehmen zu können. Die finanziellen Außenstände durch frühere Lockdowns seien deutlich geringer als ursprünglich medial kolportiert.
„Schließung lieber, als jeden Abend zu zittern“
Bei der Bundestheater-Holding zeigte man sich am Freitag angesichts der aktuellen Corona-Entwicklung von der Notwendigkeit eines Lockdowns überzeugt. „Wir wollen spielen, aber wir müssen uns auch der Realität stellen“, unterstrich Holding-Geschäftsführer Christian Kircher im APA-Gespräch: „Am heutigen Tag ist uns die Schließung lieber, als jeden Abend zu zittern, ob die Vorstellung stattfinden kann.“
Zur Bewältigung der Lage werde man wieder auf den bewährten Instrumentenkasten der Hilfsleistungen zurückgreifen: „Natürlich versuchen wir erneut, Kurzarbeit für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzumelden.“ Dies sei die wichtigste Maßnahme, um die Verluste zu reduzieren. Und mittelfristig gelte: „Eine Verlängerung der reduzierten Umsatzsteuer wäre sehr wünschenswert.“
„Kultur kassiert die Rechnung für andere“
Besonders getroffen von den Schließungen ist erneut das laufende Musikfestival Wien Modern, das eigentlich bis 30. November hätte dauern sollen. „Die Kultur kassiert hier die Rechnung für andere“, zeigte sich Intendant Bernhard Günther resigniert. Das Kulturpublikum habe in den vergangenen Wochen bewiesen, dass mit Vorsichtsmaßnahmen auch ein Alltagsleben möglich sei, ohne mit dem Risiko zu spielen: „Die Kultur hat die aktuelle Maßnahme nicht zu verantworten.“
Christian Dörfler, Kinovertreter in der Wirtschaftskammer, zeigte sich ebenfalls zerknirscht und bezeichnete den neuerlichen Lockdown als „bedauerlich“. Dieser wäre im Gegensatz zu den vorangegangenen dank Impfung nicht notwendig gewesen: „Dieses Mal war es Missmanagement.“ Man hätte z.B. 2G viel früher einführen können. Die Kinos hätten in den vergangenen Monaten viel Geld, Zeit und Arbeit investiert, um die Menschen wieder zurück vor die Leinwand zu bringen - und das mit Erfolg. „Wir hatten bisher einen sehr guten Herbst.“ So habe sein Haus, das Wiener Haydn-Kino, den drittbesten Oktober aller Zeiten verzeichnet.
Hoffen auf treues Publikum
Auch Thomas Gratzer, Direktor des Wiener Rabenhof-Theaters, zeigte sich „traurig und auch wütend (auf die Bundespolitik, den unsolidarischen Teil der Gesellschaft, und vor allem jene politischen Kräfte, die zynisch und rücksichtslos die Spaltung der Gesellschaft noch befeuern)“. Der jetzige Lockdown wäre nicht nötig gewesen. Sein Haus habe sich zuletzt bezüglich des Publikumszuspruches gut entwickelt. „Jetzt reißt alles wieder ab, und wir können wieder mal zurück an den Start. Aber nachdem wir wirklich ein sehr treues und auch äußerst verantwortungsbewusstes Publikum haben, schau ich mittel-langfristig trotzdem optimistisch in die Zukunft.“
Die Kultur-Hilfen werden angesichts des erneuten Lockdowns verlängert und aufgestockt, wie die Staatssekretärin für Kunst und Kultur, Andrea Mayer (Grüne), am Freitag bei einer Pressekonferenz bekannt. Die Situation für den Kunst- und Kulturbetrieb bezeichnete sie als einen „erneuten Rückschlag, der sich nicht beschönigen lässt“.
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