Grenzdurchbrüche

Lukaschenko: „Möglich, dass Soldaten halfen“

Ausland
20.11.2021 16:29

Die Europäische Union beschuldigt Weißrussland Präsidenten Alexander Lukaschenko, in organisierter Form Migranten aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen, um Druck auf den Westen wegen einer Reihe von Sanktionen gegen sein Land auszuüben. Nun hat der 67-jährige Staatschef in einem Interview mit der BBC zugegeben, dass es „absolut möglich“ sei, dass seine Grenzsoldaten Migranten bei der illegalen Einreise in die EU geholfen haben.

Allerdings handle es sich nicht um von oben organisierte Operationen. „Wir sind Slawen. Wir haben ein Herz. Unsere Truppen wissen, dass die Migranten nach Deutschland wollen“, sagte er. „Aber ich habe sie nicht hierher eingeladen. Und ich möchte auch nicht, dass sie durch unser Land ziehen.“

Der weißrussische Machthaber Alexander Lukaschenko betont im BBC-Interview: „Ich habe die Migranten nicht eingeladen.“ (Bild: AP)
Der weißrussische Machthaber Alexander Lukaschenko betont im BBC-Interview: „Ich habe die Migranten nicht eingeladen.“

Lukaschenko wirft Polen Einsatz von „Chemikalien“ vor
Lukaschenko verglich die polnischen Sicherheitskräfte im Interview der BBC mit „Faschisten“. Sie hätten durch den Einsatz der Wasserwerfer und des Tränengases auch die weißrussische Staatsgrenze verletzt, sagte er. Dabei seien Chemikalien eingesetzt worden, mit denen sonst „Kakerlaken“ vernichtet würden, behauptete Lukaschenko.

Polens Grenzschutz hat bisher Durchbrüche durch größere Menschengruppen verhindern können. Doch die Lage bleibt weiterhin angespannt. Die britische Regierung will nun weitere Soldaten nach Polen zur Unterstützung schicken, ebenso der Baltenstaat Estland, der 100 Soldaten entsenden will, wie beide Länder mitteilten. Mittlerweile ist das provisorische Zeltlager entlang der weißrussisch-polnischen Grenze beim Übergang Kuznica-Brusgi geräumt worden. Es gab auch schon eine Rückführung per Flugzeug in den Irak.

Polen vermutet nun Strategiewechsel
Doch Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak vermutet eher einen Strategiewechsel in Minsk. „Jetzt haben die Migranten und die weißrussischen Behörden eine neue Methode angewandt. Kleinere Gruppen von Menschen versuchen an vielen Orten, die Grenze zu überqueren“, sagte er am Samstag dem Radiosender RMF FM. Es sei „keine Frage, dass diese Angriffe von weißrussischen Behörden gesteuert werden“, so Blaszczak. Auch polnische Grenzschützer berichteten am Samstag von Versuchen mehrerer kleiner Gruppen, die Grenze zu überqueren. Es habe sich dabei jeweils um ein paar Dutzend Menschen gehandelt. Die Sicherheitskräfte meldeten jedoch auch eine größere Gruppe von etwa 200 Menschen, die mit Tränengas, Feuerwerkskörpern und Steinen ausgestattet gewesen sei.

Das Zeltlager ist aufgelöst worden, nun sind Hunderte Migranten in dieser Lagerhalle in Grodno untergebracht. (Bild: APA/AFP/BELTA/Leonid SHCHEGLOV)
Das Zeltlager ist aufgelöst worden, nun sind Hunderte Migranten in dieser Lagerhalle in Grodno untergebracht.

Insgesamt registrierten die polnischen Behörden eigenen Angaben zufolge am Freitag 195 illegale Grenzübertrittversuche. „82 Ausländer wurden aufgefordert, polnisches Gebiet zu verlassen. Zwei ukrainische Staatsbürger und ein deutscher Staatsbürger wurden wegen Beihilfe festgenommen“, erklärten die Grenzschützer am Samstag auf Twitter. Allerdings sind all diese Angaben nur schwer von unabhängiger Seite zu überprüfen, da die polnischen Behörden seit der Verhängung des Ausnahmezustandes in der Grenzregion Journalisten weitgehend keinen Zutritt gewähren.

Migranten: „Wir wollen bleiben, bis die EU uns hereinlässt“
Sie wollten bleiben, bis die EU sie reinlasse, sagten zahlreiche Iraker und Syrer einem Reporter der Deutschen Presse-Agentur in der Notunterkunft in einer Lagerhalle auf weißrussischer Seite. Der Grenzpunkt dort ist mit Betonbarrieren und Stacheldraht geschlossen. Vor der Notunterkunft setzten Helfer auch am Samstag die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln und medizinischer Hilfe fort. Die hygienischen Bedingungen sind schlecht. Der Zivilschutz verstärkte zudem den Brandschutz.

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