Pandemie-Auswirkungen:

Gestresste Mitarbeiter und mieses Arbeitsklima

Vorarlberg
22.11.2021 07:55

Das Corona-Virus regiert nicht nur im Ländle. Mit dem heutigen Tag beginnt in ganz Österreich wieder ein Lockdown. Dies alles hat auch massive Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Ob die Stimmung in den Betrieben besser wird, oder sich der Konflikt Ungeimpfte gegen Geimpfte noch weiter aufschaukelt, wird sich zeigen. Aus Sicht der Arbeitspsychologie hat Corona jedenfalls deutliche Spuren im Berufsleben hinterlassen: Homeoffice, Isolation, Kurzarbeit, weniger Einkommen oder gar Arbeitslosigkeit. Nicht zuletzt belasten auch die Konflikte zwischen Geimpften und Ungeimpften den Arbeitsalltag.

„Das Thema Covid19 hält in allen Bereichen Einzug. Für viele Beschäftigte haben sich die Rahmenbedingungen stark geändert. Ich bemerke auch einen deutlichen Anstieg von emotionaler Erschöpfung“, erklärt der Feldkircher Arbeitspsychologe Michael Sprenger. Er betreut mehrere Unternehmen verschiedener Branchen in Vorarlberg. Michael Sprenger ist Erstberater für Beschäftigte direkt in den Betrieben, fungiert als Anlaufstelle zur Lösung von Kommunikationsproblemen und ist für Konfliktlösungen zuständig.

Arbeitspsychologe Michael Sprenger. (Bild: Erhard Sprenger)
Arbeitspsychologe Michael Sprenger.

Die negativen Auswirkungen der Coronapandemie würden sich vor allem durch steigende Stresssymptome zeigen, die bis hin zum Burn-Out oder Erschöpfungszuständen reichen könnten. „Es beginnt zunächst mit einem Absinken der Leistungsfähigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten. Man fühlt sich ausgelaugt, oder gestresst. Das geht dann bis hin zu Schlafstörungen“, erläutert der Arbeitspsychologe. Der Kontakt zu Kollegen würde reduziert. Im Extremfall leide auch das Privatleben. „Man zieht sich zurück, man hat keine Energie mehr. Man verbringt die Freizeit damit, sich zu erholen. Es kommt zum sozialen Rückzug. Dann komme ich in den Bereich der Erschöpfung, was auch im Burn-Out münden kann.“

Hohes Arbeitspensum

Gerade im Gesundheitswesen gebe es ein hohes Arbeitspensum, aber auch die Vorgaben seien viel strikter. „All das wirkt sich auf das Befinden aus. Es gibt aber auf der anderen Seite auch Branchen und Firmen, wo Arbeit wegfällt - etwa durch Kurzarbeit. Da entstehen ganz andere Probleme, nämlich Existenzängste.“ Eine Studie der Donau-Uni Krems bestätigt, dass es in Österreich massive Zuwächse bei psychischen Erkrankungen gibt. Demnach haben sich Depressionen und Angsterkrankungen im Laufe der Pandemie vervier- bis verfünffacht. Litten vor der Corona-Krise etwa vier bis fünf Prozent der heimischen Bevölkerung an Depressionen, waren es im vergangenen Dezember und Jänner bereits mehr als 25 Prozent. Die Zahl der Schlafstörungen hat sich während der Pandemie verdreifacht.

Immer mehr Menschen leiden an Depressionen. (Bild: Maridav/stock.adobe.com)
Immer mehr Menschen leiden an Depressionen.

Auch bei der Beratungsstelle „fit2work“ ist eine Verlagerung der Problemstellungen im Zusammenhang mit der Pandemie zu sehen, berichtet Projektleiter Werner Pichler. Sowohl Führungskräfte als auch einzelne Mitarbeiter würden Kontakt aufnehmen. „Viele Beschäftigte wurden durch die Auswirkungen der Coronamaßnahmen stark belastet“, weiß Martin Dietl, Arbeitsmedizin und Arbeitspsychologie bei „fit2work“. Covid19 und die Begleiterscheinungen sorgen auch für Konflikte zwischen Geimpften und Ungeimpften am Arbeitsplatz. „Das Thema spaltet. Das bekommt man gesellschaftlich mit, aber es zeigt sich auch in Unternehmen“, berichtet Sprenger aus seinem beruflichen Alltag. Die Konflikte in Betrieben gingen sogar soweit, dass gewisse Kollegen nicht mehr miteinander arbeiten wollen.

Auswirkungen für Betriebe

„Solche Konflikte wirken sich dann auch auf das Betriebsklima und die Produktivität aus“, warnt der Arbeitspsychologe. Er könne etwa als Mediator versuchen, eine Lösung des Problems zu erreichen. Für Unternehmen bestünde die Herausforderung darin, mit Mitarbeitern, die kein Verständnis für die Coronaregeln haben, richtig umzugehen. „Das erfordert viel Feingefühl.“ Im Bemühen, diese Konflikte zu lösen, werde auf Aufklärung gesetzt, nicht auf Konfrontation. „Es geht für viele Betriebe ja auch um wertvolle Mitarbeiter.“

Die angekündigte Impfpflicht dürfte die Konflikte zwischen Befürwortern und Gegnern ansteigen lassen. Sprenger befürchtet ein „Aufschaukeln“ oder auch ein „Eskalieren“, denn durch den Lockdown würden in gewissen Branchen und Bereichen die Sorgen wieder zunehmen. „Das reicht dann von Existenzängsten über Isolation durch Homeoffice bis zur Doppelbelastung durch Kinderbetreuung. Da wird es wieder eine Zunahme an Stressfaktoren geben.“ Auf der anderen Seite dürfte der Lockdown auch die Sorgen gewisser Berufsgruppen - gerade im Gesundheitsbereich - wohl verringern, wenn sich Infektionen und Erkrankungen verringern und einer Überbelastung vorbeugt.

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