Im Oberlandesgericht Linz ist am Mittwoch die Berufungsverhandlung gegen Prinz Ernst August von Hannover am Plan gestanden. Der Welfenprinz hatte nach einem Ausraster im Almtal in erster Instanz zehn Monate bedingte Haft und mehrere Weisungen ausgefasst. Er erschien nicht persönlich, weil er ein „weiteres Medienspektakel“ vermeiden wolle, ließ er das Gericht schriftlich wissen. Zu Mittag kam dann der Richterspruch: Das Urteil von zehn Monate bedingte Haft wurde bestätigt. Aber alle fünf Weisungen, wie das Aufenthaltsverbot am Anwesen in Grünau, wurden aufgehoben.
Anwalt Otto Dietrich führte zum Nichterscheinen seines Mandanten zudem an, dass dieser Hochrisikopatient sei und coronabedingt Menschenansammlungen in Innenräumen meiden wolle. Sein Gesundheitszustand habe sich aber stark gebessert. „Er möchte seine Ruhe haben und sich seiner Genesung widmen.“ Die Privatbeteiligtenzusprüche von dreimal 500 Euro wurden noch nicht bezahlt. Dietrich kann sich hier eine Diversion vorstellen, die Oberstaatsanwaltschaft lehnt dies aber ab, einerseits weil es sich „um eine Reihe von Tathandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten“ handle und andererseits aus generalpräventiven Gründen.
Kein Riesenandrang mehr
Bereits eine Stunde vor Prozessbeginn waren etliche Fotografen an Ort und Stelle, filmten den Verhandlungssaal und nahmen auch vor dem OLG Aufstellung. Der riesige internationale Paparazzi- und Reporterandrang, der beim erstinstanzlichen Prozess in Wels geherrscht hatte, blieb aber aus. Es gab allerdings neben den Corona- auch strenge Sicherheitsvorkehrungen, mehr als Papierblock und Kugelschreiber waren den Journalisten im Saal nicht erlaubt.
Der 67-Jährige war im März schuldig gesprochen worden, sich mit Alkohol und Medikamenten fahrlässig in den Zustand der Zurechnungsunfähigkeit versetzt und in dieser Verfassung in Grünau im Almtal bzw. in Scharnstein auch einen Polizisten verletzt, eine andere Beamtin mit einem Baseballschläger sowie Angestellte bedroht und mit einem Verkehrszeichen eine Scheibe eingeschlagen zu haben. Wäre er klar gewesen, hätte man ihm Widerstand gegen die Staatsgewalt, schwere Körperverletzung, gefährliche Drohung, Sachbeschädigung und Nötigung zur Last gelegt.
Beschwerde eingelegt
Das Landesgericht Wels verurteilte ihn zu zehn Monaten bedingter Haft. Darüber hinaus erhielt der Urenkel des letzten deutschen Kaisers fünf Weisungen: So darf er nicht mehr auf dem Anwesen Auerbach in Grünau wohnen, sich gewissen Gebäuden der dortigen Cumberland Stiftung nicht mehr nähern, keinen Kontakt zur Verwalter-Familie dieser Gebäude aufnehmen, keinen Alkohol trinken und er muss eine Psychotherapie machen. Auf die Weisungen - vor allem auf jene, sich einen anderen Wohnsitz zu suchen - hatte der Ehemann von Prinzessin Caroline von Monaco empört reagiert. Er berief gegen das Urteil - sowohl gegen den Schuldspruch als auch gegen die Strafhöhe und legte Beschwerde gegen die Weisungen ein.
Urteil zu Mittag
Jetzt kam der Spruch des Linzer Gerichts: Die bedingte Haft bleibt, alle anderen Weisungen, darunter auch ein Alkoholverbot, sind aufgehoben. Generell ist der Adelige an der juristischen Front derzeit stark beschäftigt: Neben dem Berufungsprozess in Linz liegt beim oberösterreichischen Landesverwaltungsgericht noch seine Beschwerde gegen ein vorläufiges Waffenverbot, das er nach den Vorfällen in Grünau ausgefasst hatte.
Streitigkeiten in Deutschland
Ein Prozess am Donnerstag in Hannover, zu dem der Welfenprinz persönlich erscheinen muss, ist laut Berichten deutscher Medien vertagt worden. Dort streitet Ernst August Prinz mit seinem Sohn, dem gleichnamigen Erbprinzen, um das Schloss Marienburg. Das Oberhaupt der Welfen will die Rückübereignung der Marienburg, des Hausguts Calenberg in der Gemeinde Pattensen-Schulenburg und des Fürstenhauses Herrenhausen in Hannover. Nach Angaben des Landgerichts Hannover stützt er seinen Anspruch unter anderem auf den Widerruf einer Schenkung an seinen Sohn infolge „groben Undanks“.
Ursprünglich hatte der 38-Jährige die ehemalige Sommerresidenz der Welfen wegen der hohen Schulden, die die Betreibergesellschaft angehäuft hatte, für einen Euro an die öffentliche Hand verkaufen wollen. Nach dem Einspruch seines Vaters scheiterte der mit der niedersächsischen Landesregierung ausgehandelte Deal. Danach wurden Schloss und Inventar in eine Stiftung überführt.
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