Bei den sogenannten Foodcoops schließen sich Privatperson in ihrem Grätzel zusammen, um nachhaltig und regional einzukaufen und mit möglichst geringem CO2-Fußabdruck Lebensmittel zu besorgen. Allein in Wien haben sich mittlerweile mehr als 30 Initiativen zusammengetan. Wir haben bei der Foodcoop Biohamster in Hietzing genauer nachgefragt.
Eine leicht deformierte Karotte, ein Apfel mit Dellen oder die krumme Gurke - Lebensmittel müssen nicht immer dem gängigen Schönheitsideal entsprechen, um gut zu schmecken und nachhaltig zu sein. Was in den Supermarktregalen gar nicht ins Sortiment genommen wird, findet bei den regionalen Foodcoop-Initiativen regen Zuspruch. Foodcoops sind ein Zusammenschluss von Privatpersonen, die möglichst direkt von den regionalen Bauern und Produzenten einkaufen und die Waren innerhalb ihrer Community zugänglich machen. Wichtige Prämissen dabei: ein möglichst kleiner CO2-Fußabdruck, Bioware und fair gehandelt.
Darauf setzen in Wien mittlerweile mehr als 30 Initiativen. Seit etwa eineinhalb Jahren auch die Hietzinger Gemeinschaft Biohamster, die ihre Waren so weit wie möglich aus dem Wiener Umfeld bezieht. „Bei Olivenöl ist das nicht der Fall, das beziehen wir direkt von einem Bio-Erzeuger aus Griechenland, die Südfrüchte aus Sizilien“, erklärt Florian Warnecke, Sprecher von Biohamster, „für diese Fälle tun sich verschiedene Foodcoops in Wien zusammen, um gemeinsam zu bestellen und die Waren alle paar Monate abzuholen“.
Grätzel-Projekt
Mitmachen kann jeder ehrenamtlich, der Zeit und Lust dazu hat. „Für einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von 15 bis 25 Euro, je nach finanzieller Möglichkeit, sollte sich jedes Mitglied zwei bis drei Stunden pro Monat einbringen. Das reicht eigentlich schon aus“, erklärt Warnecke. Beim Biohamster sind alle Alters- und Berufsgruppen vertreten. Vom jungen Studenten über Ärzte und Schauspieler bis hin zum pensionierten Beamten stellen die Vereinsmitglieder ein buntes Abbild der Gesellschaft dar.
Von der PR-Arbeit über den Transport bis zur Lagerreinigung wird Manpower benötigt, um das jeweilige Grätzel-Konzept am Laufen zu halten. „Natürlich ist es in erster Linie ein regionales Projekt. Niemand fährt mit den Öffis 30 Minuten, um sich sein Gemüse oder sein Fleisch zu holen, aber so sind wir immer in Kontakt und unterstützen Regionalität und Landwirtschaft im kleinen Rahmen.“
Mit dem Mitgliedsbeitrag werden die bestehenden Fixkosten wie Lokalmiete, Energie und Versicherungen bezahlt - der Rest des Geldes geht ungefiltert und direkt an die Bauern und Landwirte. Zugang zum Lokal haben Mitglieder rund um die Uhr, die Bestellungen erfolgen online nach vorgegebenen Terminisierungen. Eingekauft wird das, was die Mitglieder wünschen. „Ist die Nachfrage nach Pflanzenmilch groß, dann schauen wir darauf, dass wir dieses Produkt so regional und Bio-basiert wie möglich bekommen können.“
Es geht um das kollektive Miteinander und die Förderung von fairem Warenverkehr, ökologischer Landwirtschaft und einer Direktvermarktung, die kürzere Transportwege zur Folge hat. Biohamster hat sein Lager im September in der Lainzer Straße eröffnet und zählt bereits 55 Mitglieder. Das Ziel seien 80 bis 100 Mitglieder. Die ganz großen Foodcoops in Wien haben bis zu 150 Mitglieder. „Das ist aber schon die Obergrenze“, lacht Warnecke, „denn bei noch mehr Personen wird es zu unübersichtlich.“
Ständiger Kontakt
Ein wichtiges Thema ist die Verpackung. Plastik kommt nur in Ausnahmefällen vor, ansonsten setzt man auf Mehrweg wie Glasflaschen von der Molkerei. Neben Lebensmitteln bietet die Biohamster-Gemeinschaft auch Reinigungsmittel an. Diese sind ökologisch produziert, werden in großen Gebinden eingekauft und dann selbst abgepumpt, um so viel wie möglich an Verpackungsmaterial einzusparen. Die Lebensmittel werden bestmöglich saisonal angeboten und sind dadurch stets frisch. Der Warenverkehr unter den Mitgliedern erfolgt bargeldlos und man weiß, wenn beispielsweise dienstags das Gemüse ankommt. Die Bestellungen erfolgen nach einem bestimmten Schema, wodurch immer klar ersichtlich ist, wann man von welchem Lieferanten bestellen kann.
Hat niemand Bedenken, gibt es eine Probebestellung. Sollte die Nachfrage nach einem Produkt zu gering sein und die Mindestbestellmenge nicht erreicht werden, dann kommen keine weiteren Bestellungen der jeweiligen Ware zustande. Das wechselseitige Plus: Man kennt die Bauern persönlich, ist ständig miteinander in Kontakt und besucht immer wieder den Hof, von dem das Essen stammt. „Dort wird zwanglos geplaudert und der Bauer kann uns auch einmal sein Leid klagen, wenn er überarbeitet ist oder es wirtschaftlich eng wird. Man wertschätzt sich gegenseitig und hört sich zu.“
Österreichweit sind unter www.foodcoops.at mehr als 100 Initiativen verzeichnet, allein im Großraum Wien gibt es derzeit schon 55. Kaum ein Bezirk kommt mehr ohne ein Gemeinschaftslager aus und die Mitgliederzahlen sind beständig am Steigen. Fleischtiger, Obstfreunde, Veganer oder Gemüseliebhaber kommen gleichermaßen auf ihre Kosten, unterstützen dabei das Grätzlleben und tragen nachhaltig und ökologisch zur Gemeinschaft bei. Wie schon die Oma immer sagte: Die Äpfel mit den Dellen schmecken doch immer am besten.
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