Brennstoffzelle

Wasserstoffantrieb kommt jetzt auch ins Motorrad!

Motor
01.12.2021 10:29

Brennstoffzellen könnten die Alltagstauglichkeit von Elektro-Motorrädern deutlich verbessern. Neue Konzepte aus China und Frankreich zeigen, wie das geht.

(Bild: kmm)

Wasserstoff könnte als Energieträger eine gewichtige Rolle beim Senken der CO2-Emissionen im Mobilitätssektor zukommen. Aktuell machen im Pkw-Bereich allerdings Batterien als Speichermedium das Rennen.

Das Interesse an Wasserstoff bleibt dennoch weiter hoch. Derzeit gilt die Technik vor allem im Lkw-Sektor als vielversprechend, da Lithium-Batteriespeicher aufgrund ihrer niedrigen Energiedichte für Fernverkehr-E-Laster gigantische Ausmaße erreichen. Mit Wasserstofftanks und Brennstoffzellen sind hingegen große Reichweiten bei relativ wenig Bauraum und Gewicht darstellbar. Genau dieser Umstand macht darüber hinaus eine Anwendung von Wasserstoff auch im Zweirad-Sektor interessant. In jüngster Zeit haben allerdings nur Newcomer konkrete Vorschläge für Wasserstoffantriebe beim Motorrad unterbreitet, während sich die Branchengrößen bis auf weiteres bedeckt halten.

Mit Brennstoffzelle aus der E-Motorrad-Nische
Soll das Elektro-Bike halbwegs zufriedenstellende Reichweiten und Fahrleistungen bieten, werden mächtige und damit schwere und preistreibende Akkus benötigt. Und selbst damit eignen sich die teuren Einspurstromer in der Regel nur für Kurztrips oder den Einsatz im Stadtverkehr. Vor allem auch lange Ladezeiten - ähnlich schnelle DC-Lader wie im Pkw-Bereich gibt es nicht - schränken den Einsatzbereich weiter ein. Als Reisemotorrad eignet sich jedenfalls keines der derzeit am Markt verfügbaren Modelle.

Mit Brennstoffzellen-Technik ließe sich das Gewicht/Reichweiten-Dilemma bei E-Motorrädern in ein besseres Verhältnis rücken. Erstens ließe sich die Speicher- und E-Antriebstechnik vergleichsweise kompakt und mit moderatem Gewicht in Zweirädern unterbringen. Zweitens könnte Wasserstoff für große Reichweiten in wenigen Minuten nachgetankt werden. Sollte es eine entsprechende Versorgungsinfrastruktur geben, wäre das Brennstoffzellen-Bike somit auch für lange Touren sinnvoll nutzbar.

Kein Hochdrucktank am Motorrad
Ein Problem bei Brennstoffzellen-Antrieben ist allerdings die Versorgung mit beziehungsweise Speicherung von Wasserstoff. Die derzeit in Brennstoffzellen-Pkw eingesetzten Hochdrucktanks scheinen jedenfalls im Zweiradsektor wenig geeignet. Die derzeit erfolgversprechendste Lösung könnte das Speichern des leicht flüchtigen Gases in kompakten Kartuschen sein, die sich mit wenigen Handgriffen auswechseln lassen.

Segway Apex H2 - unter 10.000 Euro?
Ein solches Konzept hat in diesem Jahr Segway, Tochterunternehmen des chinesischen Elektronik-Riesen Xiaomi, mit dem angeblich bereits seriennahen Motorrad Apex H2 vorgestellt. Das vollverkleidete Bike mit vorne wie hinten einarmig geführten Rädern soll über einen 60 kW/82 PS starken E-Antrieb verfügen, der den Sprint aus dem Stand auf 100 km/h in drei Sekunden und maximal 150 km/h erlaubt. Für die Stromversorgung ist eine nicht näher spezifizierte Kombination aus Brennstoffzelle und Pufferbatterie verantwortlich. Der zur autarken Stromerzeugung benötigte Wasserstoff wird in Kartuschen gespeichert.

Drei davon stecken seitlich in der Apex. Wie weit das E-Bike damit insgesamt kommt, verrät Segway nicht, allerdings soll für die Apex ein Gramm Wasserstoff für einen Kilometer reichen. Zum Vergleich: Das Brennstoffzellenauto Toyota Mirai braucht mindestens die zehnfache Menge. Sollten über eine Crowdfunding-Aktion genügend Interessenten zusammenkommen, will Segway die Apex H2 bereits 2023 in Serie bauen. Der Preis soll unter 10.000 Euro liegen.

In China feierte das XCell-Konzept von X-Idea seine Messepremiere. Gut zu sehen sind vorne die vier wechselbaren Wasserstoff-Kartuschen (Bild: X-Idea)
In China feierte das XCell-Konzept von X-Idea seine Messepremiere. Gut zu sehen sind vorne die vier wechselbaren Wasserstoff-Kartuschen

X-Idea XCell - immerhin ein Entwurf
Im Oktober hat die chinesische Designfirma X-Idea mit dem futuristischen Designentwurf XCell einen gewagteren Blick in eine vermutlich noch fernere Brennstoffzellenzukunft gewagt. Form und Sitzposition dieser Studie sind variabel. Ob Chopper oder Sportmotorrad - der Fahrer kann dies nach Tagesform entscheiden. Wie beim Apex H2 ist auch hier ein E-Antrieb mit Brennstoffzelle angedacht. Der für die Stromerzeugung benötigte Wasserstoff kommt ebenfalls aus kleinen Kartuschen. Zur Antriebstechnik wurden allerdings keine Details genannt. Konkrete Pläne für den Bau gibt es demnach wohl ebenfalls nicht.

E-Scooter schon ab 2023 in Serie?
Wiederum bodenständiger und wesentlich konkreter ist die französische Firma Mob-Ion mit dem E-Scooter AM1, der mit Brennstoffzellenantrieb möglicherweise schon 2023 in Serie gebaut werden könnte. Technisch basiert der 50er-Roller auf dem konventionellen E-Roller AM1, der von einem 3 kW/4 PS starken Nabenmotor im Hinterrad angetrieben wird. Dort wo eigentlich die Traktionsbatterie Platz findet, haben die Franzosen jedoch eine Brennstoffzelle des Partners Stor-H implantiert.

Mob-Ion aus Frankreich hat zusammen mit Stor-H einen Brennstoffzellen-Roller entwickelt. (Bild: Mob-Ion)
Mob-Ion aus Frankreich hat zusammen mit Stor-H einen Brennstoffzellen-Roller entwickelt.
Die Wasserstoff-Speicher von Stor-H sind groß wie Getränkedosen. (Bild: Mob-Ion)
Die Wasserstoff-Speicher von Stor-H sind groß wie Getränkedosen.

Diese Technik spart gegenüber der reinen Akkulösung Gewicht und Platz. Entsprechend bietet der AM1 mit Brennstoffzelle mehr Stauraum unter der Sitzbank. Der zum Betrieb der Brennstoffzelle benötigte Wasserstoff kommt auch hier aus mobilen Minitanks. Die kleinen, nachfüllbaren Kartuschen können dank eines integrierten Metallschwamms größere Mengen Wasserstoff bei einem vergleichsweise niedrigen Druck von 9 bis 10 bar speichern. Die kleinen Behälter, so die Idee, würden in einem Tauschsystem zirkulieren; ist ein Tank leer, lässt er sich gegen einen vollen ersetzen.

Kawasaki und Yamaha am Anfang des Wasserstoffwegs
Wie in den zuvor beschriebenen Beispielen skizziert, könnte die Brennstoffzelle hinsichtlich Kosten, Reichweite und Alltagstauglichkeit eine durchaus interessante Option für Zweiradhersteller sein. Doch aktuell setzen auch die Großen der Branche auf batterieelektrische Lösungen in ihren CO2-Vermeidungsstrategien. Selbst von Herstellern aus dem wasserstoffaffinen Japan sind derzeit keine konkreten Impulse für eine Brennstoffzellen-Zukunft im Motorradbereich erkennbar.

Allerdings haben sich erst jüngst Kawasaki und Yamaha mit einigen Autoherstellern wie Mazda und Toyota offiziell zu in einer Partnerschaft zusammengefunden, in der man die Einsatzmöglichkeiten alternativer und klimafreundlicher Kraftstoffe in Verbrennungsmotoren erforschen will. Speziell die Motorradhersteller wollen dabei unter anderem auf Wasserstoff als Energieträger setzen. Womöglich könnte diese Initiative irgendwann auch Brennstoffzellen-Anwendungen den Weg in die Zweiradzukunft ebnen. (spx)

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