Lokalaugenschein
Wie Lukaschenko Flüchtlinge als Waffe einsetzt
Lokalaugenschein in Europas letzter Diktatur: Wie Lukaschenko Flüchtlinge als Waffe gegen die EU einsetzt und die Bevölkerung nach den Gewaltexzessen mit den Sanktionen umgeht.
Eiszeit an der EU-Außengrenze, und Weißrussland macht seinem Namen Ende November alle Ehre. Der erste Schnee aus Sibirien hat die Hauptstadt Minsk wie ein Leintuch eingehüllt. Die Minusgrade sind gekommen, um zu bleiben, doch frostig war die Stimmung auch schon zuvor.
Mit den gefälschten Wahlen im Sommer 2020 und den niedergeprügelten Demos hat Langzeit-Diktator Lukaschenko den Bogen überspannt. Nur noch ein Netzwerk aus Spitzeln, Staatsmedien und dem KGB hält den alten Mann im Amt. Er schwankt, doch das Volk scheint zu erschöpft, zu desillusioniert, um ihn vom Thron zu stürzen.
Und Lukaschenko hat Blut geleckt. Wieder einmal. Putins mächtige Marionette hat mit einem speziellen Schachzug auf die EU-Sanktionen reagiert und eine neue Waffe auserkoren, um zu erpressen: Menschen.
Iran, Irak, Afghanistan oder Angola: Menschen aus aller Herren Länder waren plötzlich in Belarus willkommen. De facto gab es eine visafreie Einreise. Offiziell für touristische Zwecke und per Flugzeug. Tatsächlich bildeten sich Karawanen Richtung EU-Außengrenze. Unterwegs in die vermeintliche Freiheit war man entweder zu Fuß, mit Taxis – oder mutmaßlich auch mit staatlich organisierten Schleuserbussen. Endstation: Stacheldraht.
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„Eines Tages werden wir ihn dafür zur Rechenschaft ziehen“, prophezeit der Koordinator der belarussischen Exilopposition in Warschau, Pavel Latuschko. Die Frage ist nur, wann dieser Tag sein wird. Im Angesicht des Scheiterns wirkt der seit 1994 herrschende Lukaschenko wie ein Getriebener. Die neue Eiszeit soll nicht sein Ende sein.
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