Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA hat den Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer für Fünf- bis Elfjährige zugelassen. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) will Schulärzte einsetzen, um die Kleinen zu immunisieren. Experten sprechen sich für die Kinderimpfung aus und geben Tipps.
Donnerstagmittag gab die Europäische Arzneimittelbehörde EMA grünes Licht für das Vakzin von Biontech für Kinder, noch am selben Tag erging ein Brief des Bildungsministeriums an die Landeshauptleute: Man stelle die 640 Bundesschulärzte zur Aufklärung, Beratung und Durchführung der Impfungen zur Verfügung. Die Länderchefs könnten die Ärzte zudem im Rahmen des kostenfreien Bundesimpfprogrammes mit dem Covid-Stich beauftragen.
Das Nationale Impfgremium (NIG) folgte der Empfehlung der EMA. 258.000 Dosen des eigenen Impfstoffs mit Füllmenge sollen bis zum Jahresende nach Österreich geliefert werden. 600.000 Kinder zwischen fünf und elf Jahren gibt es. Ob die ab Februar geplante Impfpflicht damit für Kinder gelten soll, bleibt weiter unklar.
Bei Fünf- bis Zwölfjährigen ist die Biontech-Dosis niedriger als bei Personen ab zwölf Jahren (10 µg im Vergleich zu 30 µg). Die in dieser Größe abgefüllten Vakzine werden erst Ende 2021 verfügbar sein. Bis dahin verimpft unter anderem Wien ein Drittel der Erwachsenendosis.
Kinderärzte begrüßen Freigabe des Vakzins
Die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde begrüßt die Entscheidung der EMA. „Gerade in der jetzigen Situation mit den Höchstinzidenzen in dieser Altersgruppe ist die Impfung sinnvoll. Derzeit hat die Immunisierung einen viel größeren Nutzen, als potenzielle Nebenwirkungen schaden könnten“, erklärt Kinderarzt Reinhold Kerbl, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). „Immerhin erkrankt ein Kind von 1000 schwer, eines von 400 bis 500 muss mit einer Infektion ins Spital.“
Auch der zuständige EMA-Ausschuss gelangte zu dem Schluss, dass der Nutzen von Comirnaty (Biontech/Pfizer) bei Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren die Risiken überwiegt.
Wer seinen Kindern eine unberechenbare Krankheit ersparen möchte, setzt auf die Impfung. Von einer Verpflichtung für Kleine sehen die meisten Kinderärzte ab. Wir wollen aber das Angebot machen und gezielt informieren.
Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Kerbl, LKH Leoben
Schwere Krankheitsfolgen durch Impfung verhindern
Denn die Krankheit gleicht einer gefährlichen Wundertüte – man weiß nicht, ob der Sprössling von einem heftigen Verlauf betroffen sein wird. Als besorgniserregend stuft Kerbl das sogenannte PIMS (Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome) ein. Darunter versteht man eine überschießende Reaktion des Immunsystems auf das Virus. „Ein Kind von 1000 ist davon betroffen, wird sehr krank, mit hohem Fieber und Ausschlag. Zumeist werden Organe in Mitleidenschaft gezogen. Erkennt man das, kann man gut behandeln.“
Thema bleibt auch bei den jungen Menschen Long Covid. Länger als vier Wochen nach der Infektion beklagen laut Studien elf Prozent der Kleinen Symptome wie Müdigkeit sowie Beeinträchtigungen des Geruchs- oder Geschmackssinns.
Vorsichtsmaßnahmen gegen Nebenwirkungen
Die Impfreaktionen sind im Vergleich gering: „Wir beobachten bei den Kids die typischen Beschwerden wie schmerzende Einstichstelle oder Fieber und Kopfweh. Diese sind aber harmlos und schnell wieder weg“, beruhigt Kerbl. „Es wurden bei einem geringen Prozentsatz (einer von 20.000 bis 30.000) – und das bei Über-Zwölfjährigen bzw. jungen Männern – Herzmuskelentzündungen gemeldet. Bei kleineren Kindern ist das Risiko äußerst gering und liegt bei 1 zu 100.000. Die bisherigen Verläufe waren sehr mild, es gab keine Todesfälle oder Herzschäden.“
Als Vorsichtsmaßnahme nach dem Stich empfiehlt die ÖGKJ drei Tage Ruhe und eine Woche keinen Leistungssport auszuüben.
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