Bizarre Infektion
„Egoismus“ führte zu Ansteckung mit neuer Variante
Noch ist recht wenig zur neu aufgetauchten Corona-Mutation B.1.1.529 bekannt - doch alle bisherigen Informationen lassen bei Wissenschaftlern weltweit die Alarmglocken schrillen. Die Behörden in Hongkong, wo der erste Fall außerhalb des südlichen Afrikas registriert worden war, haben nun den Infektionsweg im Quarantänehotel nachgebildet. Ganz wesentlich für die Übertragung dürfte eine „egoistische Maske“ gewesen sein.
Eigentlich handelte es sich bei der Einreise in Hongkong um das dort übliche, strikte Standardprozedere - die beiden Männer (einer kam aus Südafrika, der andere aus Kanada) waren doppelt geimpft und begaben sich routinemäßig in Quarantäne ins Regal Airport Hotel. So sollte verhindert werden, dass eine möglicherweise unentdeckte Infektion weitergetragen werden kann.
Enorm hohe Viruslast bei Infektion
Wie die Gesundheitsbehörden nun mitteilten, scheinen die Maßnahmen jedoch nicht gegriffen zu haben. So wurde der 36-jährige Südafrika-Reisende - im Papier der Behörde als „Fall 12388“ bezeichnet - in Zimmer 5112 untergebracht. Sein verpflichtender PCR-Test vor dem Abflug fiel negativ aus, auch bei seiner Ankunft konnte kein Corona bei ihm nachgewiesen werden. Zwei Tage nach seinem Check-in kam dann der positive Test - und der mit einer außergewöhnlich hohen Viruslast, wie Wissenschaftler betonen.
Übertragung trotz Quarantänehotel
Doch wie kam es zur weiteren Ansteckung - und das ausgerechnet im Quarantänehotel? Unmittelbar gegenüber wurde der 62-jährige Reisende einquartiert, der zuvor aus Kanada eingeflogen war. Zwar lieferte er mehrere Tage stets negative Testergebnisse ab, plötzlich jedoch wies auch er eine enorm hohe Viruslast auf - natürlich samt positivem Test. Die Analyse des Virusgenoms zeigte schließlich, dass die beiden Infizierten zahlreiche identische Mutationen mit sich trugen. Die Behörden gehen also davon aus, dass der Jüngere den Älteren angesteckt haben dürfte.
„Egoistische“ Aktion
Eine Erklärung, wie das passiert sein könnte, lieferte Yuen Kwok Yung, der als führender Mikrobiologe an der Universität Hongkong tätig ist. Offenbar habe der 36-Jährige immer wieder eine Maske mit Ausatemventil getragen. In einzelnen Fällen - etwa bei Essenslieferungen - hätte er sogar gar keine Maske getragen. Somit dürften sich Viruspartikel im Hotelkorridor ausgebreitet haben.
Yuen bezeichnet derlei Masken als „egoistisch“, da sie zwar den Träger, nicht jedoch sein Umfeld vor Viren schützen. „Masken wie diese filtern die Luft beim Einatmen, aber beim Ausatmen wird die Luft nicht gefiltert - das ist nicht gut“, erklärte Yuen der „South China Morning Post“.
Ist Immunschutz noch wirksam?
Sowohl die verzögerte Infektion als auch die hohe Viruslast bereitet den Experten nun Kopfzerbrechen. Der bekannte US-amerikanische Virologe Eric Feigl-Ding analysiert etwa, dass die bisherigen Informationen dafür sprechen, dass sich die Variante nicht nur besonders schnell ausbreiten kann, es sehe so aus, als ob sie als erste Variante auch wirklich den Immunschutz durch Impfung oder überstandener Erkrankung umgehen könnte.
Inzwischen ist B.1.1.529 auch schon in anderen Ländern aufgetaucht - neben Israel vermeldete mit Belgien auch das erste europäische Land eine Infektion damit. Während die WHO noch in einer dringlichen Sitzung über eine Einschätzung der neuen Variante berät, ruft Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) alle Reisenden aus dem südlichen Afrika dazu auf, sich unter einer neu eingerichteten AGES-Hotline zu melden und auf eine mögliche Infektion testen zu lassen.
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