Lobautunnel-Aus

Ludwig: „Letztes Wort noch nicht gesprochen“

Wohnen & Verkehr
01.12.2021 11:33

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig bezeichnet die Entscheidung der grünen Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, den Lobautunnel nicht bauen zu lassen, als „Schlag ins Gesicht“ der gesamten Ostregion. „Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen“, betonte Ludwig, der auch bemängelte, dass nach dem Nein keine Alternativen seitens des Ministeriums vorgeschlagen wurden. Wird die Stadtregierung gegen das Aus für den Lobautunnel gerichtlich vorgehen? Rechtliche Schritte hatte der rote Stadtchef zumindest im Vorfeld angekündigt. Die Unterlagen, die „uns vor zwei Stunden zugeschickt wurden“, sollen nun von Juristen geprüft werden, verkündete Ludwig am Mittwoch.

Der Bundeshauptstadt sei Klimaschutz „immer ein Anliegen gewesen“ und man sei auch in vielen Bereichen Vorreiter. In diesem Zusammenhang erwähnte Ludwig neben dem Jahresticket für die Wiener Linien, das es schon seit neun Jahren gibt, den hohen Anteil an Grünflächen und den CO₂-Ausstoß pro Kopf, der im Vergleich mit dem restlichen Österreich geringer sei. Doch eine wachsende Stadt brauche auch neue Straßen. Vor allem sei die Entscheidung Gewesslers deswegen ein „Schlag ins Gesicht“ Wiens, seiner Bevölkerung und der gesamten Ostregion, weil hier ein über lange Jahre hindurch geplantes Straßenbauprojekt handstreichartig „ohne Begründung und ohne transparenten Prozess“ gestoppt worden sei.

(Bild: Krone KREATIV)

Ludwig betonte in seinem Statement, dass das Naturschutzgebiet „nie in Gefahr“ gewesen sei, da der geplante Tunnel 60 Meter unter der Erdoberfläche hätte verlaufen sollen. Aus Gründen des Naturschutzes sei man von dem ursprünglichen Plan abgekommen, eine Brücke an der schmalsten Stelle des Schutzgebiets zu errichten. „Es ist ein Nein zu einem lange entwickelten Projekt.“ Aber in der Causa „ist das letzte Wort noch nicht gesprochen“. Nun würde die Stadt Wien mithilfe von Juristen den Evaluierungsbericht Gewesslers prüfen.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) (Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne)

Tunnel-Aus für Wiener NEOS „richtige Entscheidung“
Auf Fragen nach den nächsten Schritten antwortete Ludwig, dass hier nicht nur Wien, sondern zahlreiche andere Stellen und Unternehmen betroffen wären. Der Bürgermeister geht davon aus, dass es noch längere Diskussionen geben wird. Rückendeckung vom Regierungspartner wird Ludwig wohl nicht bekommen. Die Wiener NEOS zeigten sich nämlich erfreut über das Aus für das Projekt.

(Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)

Klubobfrau Bettina Emmerling sprach in einer Aussendung von einer „erwartbaren und richtigen Entscheidung“. Die Pinken verwiesen darauf, dass sie das Projekt immer kritisch gesehen hätten. „Das Wichtigste ist: Jetzt herrscht Klarheit. Wir NEOS begrüßen die Entscheidung und fordern alle Beteiligten auf, jetzt rasch zu handeln, statt nachhaltige Lösungen durch Rechtsstreitigkeiten über Jahre zu verzögern“, zeigte sich Emmerling auch skeptisch gegenüber den Ludwig in den Raum gestellten Klagen. Nun würde die Chance bestehen, die verkehrsgeplagten Bewohnerinnen und Bewohnern der Donaustadt schnell und ökologisch sinnvoll zu entlasten. Nötig sei ein Ausbau des öffentlichen Verkehrs.

Die Wiener NEOS-Klubchefin Bettina Emmerling (Bild: APA/HANS PUNZ)
Die Wiener NEOS-Klubchefin Bettina Emmerling

Freude bei Wiener Grünen
Freude äußerten auch die Wiener Grünen. Das Führungs-Duo Judith Pühringer und Peter Kraus hielten in einer gemeinsamen Aussendung fest: „Heute ist ein Jubeltag für den Klimaschutz und die gesamte Klimabewegung. Die Entscheidung gegen den Lobautunnel ist richtig und vernünftig. Sie bestätigt all jene, die sich für echten Klimaschutz und eine Verkehrswende in Wien einsetzen. Ein Festhalten an diesem uralten fossilen Großprojekt ist mit Erreichung der Klimaziele einfach nicht mehr vereinbar.“

Judith Pühringer und Peter Kraus (Bild: APA/HERBERT PFARRHOFER)
Judith Pühringer und Peter Kraus

Harsche Kritik von ÖVP und FPÖ
Die beiden anderen Oppositionsparteien ÖVP und FPÖ übten hingegen harsche Kritik. „Die heutige Entscheidung von Verkehrsministerin Gewessler ist völlig unverständlich, zeugt von kompletter Verantwortungslosigkeit und ist geradezu ein Schlag ins Gesicht der Wienerinnen und Wiener. Dieser Entscheidung muss entschieden entgegengetreten werden“, befanden ÖVP-Klubobmann Markus Wölbitsch und der türkise Verkehrssprecher Gemeinderat Wolfgang Kieslich in einer Aussendung. FPÖ-Verkehrssprecher Anton Mahdalik forderte: „Diese katastrophale Fehlentscheidung auf dem Rücken der Bevölkerung muss umgehend rückgängig gemacht werden.“

Anton Mahdalik, FPÖ (Bild: APA/Roland Schlager)
Anton Mahdalik, FPÖ

Land NÖ will Wien bei „rechtlichen Schritten unterstützen“
Das Land Niederösterreich will laut Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) „mögliche rechtliche Schritte der Stadt Wien in Sachen S 1 unterstützen“. In Sachen S 8 seien ohnehin Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beim Verfassungs- und Verwaltungsgericht anhängig. An Gewessler erging der Vorwurf, den Osten Niederösterreichs auf das Abstellgleis zu stellen. Die Ministerin beweise mit ihrem Vorgehen eine Gleichgültigkeit gegenüber den Problemen der Marchfelderinnen und Marchfelder. Sie stelle damit Ideologie und parteipolitische Interessen vor die Bedürfnisse der Menschen in unserem Land sowie die geltende Gesetzeslage.

Autofahrerclubs: Leidtragende sind Menschen und Umwelt
Die beiden Autofahrerclubs ÖAMTC und ARBÖ wiesen darauf hin, dass die Leidtragenden nun die Menschen, aber auch die Umwelt wären. Einerseits bleibe nun die Entlastung der Südosttangente aus, auf der an rund 180 Tagen im Jahr in beiden Richtungen Überlastungsstaus gebe. Andererseits sei in einer von der ehemaligen grünen Stadträtin Maria Vassilakou in Auftrag gegebenen Studie zum Projekt sogar von einer Reduktion der CO₂-Emissionen „um insgesamt zehn Prozent“ die Rede, wie Bernhard Wiesinger vom ÖAMTC festhielt. ARBÖ-Generalsekretär Gerald Kumnig warf der Klimaschutzministerin vor, dass sie in Kauf nehme, dass „weiterhin täglich Hunderttausende Wienerinnen und Wiener auf Südosttangente im Stau stehen und die Siedlungsgebiete nördlich der Donau im Verkehr ersticken“.

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