„Wunderkind“, adieu!

So denkt das Ausland über Österreichs Polit-Chaos

Politik
03.12.2021 16:35

Die internationale Presse ging mit dem Rückzug von Altkanzler Sebastian Kurz teilweise sehr hart ins Gericht. Manche zweifeln - krone.at berichtete - hingegen am politischen Ende von Kurz. Auffallend schweigsam - wie auch schon bei seinem Rücktritt als Bundeskanzler im Oktober - ist die internationale Politiker-Riege. 

Eine Ausnahme bildete der slowenische Regierungschef Janez Janša, der ein Foto einer gemeinsamen Bergtour auf Sloweniens höchsten Berg Triglav auf Twitter postete. „Ich danke dir für deine Zusammenarbeit und Freundschaft. Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute“, schrieb Janša. Den Rücktritt von Kurz als Kanzler im Oktober hat er nicht öffentlich kommentiert.

Kurz-Rücktritt für Regierungschefs „interne Angelegenheit“
Für die Regierungschefs von Frankreich, Deutschland, Großbritannien oder Italien ist der Rückzug von Kurz aus der Politik und als Parteiobmann eine „interne Angelegenheit“, wie Diplomaten der „Krone“ berichten. Es ist schlicht nicht Teil des Protokolls.

Das widerspricht etwas dem Bild, das Kurz gerne in der Öffentlichkeit pflegte: Seine guten Verbindungen zu den Mächtigen. In der EU und in der Welt.

Kurz und Merkel: Enge Partner, aber nicht immer einer Meinung (Bild: AP)
Kurz und Merkel: Enge Partner, aber nicht immer einer Meinung
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Sebastian Kurz (Bild: AFP)
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Sebastian Kurz

Kein Wort von Netanyahu, Putin, Orbán
Als Israels damaliger Ministerpräsident Benjamin Netanyahu vor dem Amtsverlust stand, sendete Kurz „zur Rückenstärkung“ eine Videobotschaft. Während Kurz’ Krise kam von Netanyahu kein Wort. Selbst die angeblich dem österreichischen Ex-Kanzler treu verbundenen Staats- und Regierungschefs wie Russlands Präsident Wladimir Putin und Ungarns Viktor Orbán hüllen sich in Schweigen.

„Wunderkind“ ging durch die Presse
Umso lauter raschelte es im internationalen Presse-Blätterwald:

  • „Kurz’ Absturz war so rasant wie sein Aufstieg“, schrieb der englische „Guardian“.
  • Die „Süddeutsche Zeitung“ titelte „Kleiner Geist, großes Ego“.
  • In vielen Medien wurde das Wort „Wunderkind“ verwendet. Die italienische „Il sole 24 ore“ spielte dabei auf seine kürzliche Vaterschaft an: „Vom Wunderkind zum Baby-Pensionisten“.
  • Die „FAZ“ und der „Spiegel“ hingegen fragen: „Wie lange ist Kurz weg?“
  • Deutsche Medien wie die „FAZ“ und der „Spiegel“ verwerfen die Idee eines Kurz-Comebacks nicht ganz. Die „New York Times“ schreibt über die „dunkle Seite des Sebastian Kurz“.

Einige internationale Reaktionen im Wortlaut:

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Der einzige persönliche Aspekt der Entscheidung des 35-jährigen Kurz ist das Bewusstsein, dass er in seiner Partei keine Unterstützung mehr hat und auch nicht die Möglichkeit, das Kanzleramt zurückzuerobern.

Corriere della sera

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Die Konservativen in den Nachbarländern bewunderten Kurz‘ Fähigkeit, unter einer polierten, medienwirksamen Fassade streng konservative Werte zu vertreten, auch wenn er viele seiner Versprechen nicht einlöste.

The Washington Post

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Der doppelte Abgang führte zu einem neuerlichen Angstschock in der unruhigen österreichischen Politik, die in den vergangenen zwei Monaten durch den abrupten Rücktritt von Herrn Kurz als Bundeskanzler aufgewühlt wurde.

The New York Times

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Früher als andere Konservative erkannte Kurz die gesellschaftliche Sprengkraft, die in ungeregelter Migration liegt. Sein Sturz wiederum zeigt, dass auch vermeintliche Heilsbringer nicht immun sind gegen die Versuchungen der Macht.

Frankfurter Allgemeine

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Einer, der andere schlecht aussehen ließ und im Zweifel alte Freunde nicht mehr kannte. Der keine Verantwortung übernahm, wo er sie ganz offensichtlich trug. Ein kleiner Geist mit großem Ego.

Süddeutsche Zeitung

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Von seinem großen Aufstieg bis zu seinem Fall sind nur sechs Jahre vergangen. Doch Sebastian Kurz hat in dieser kurzen Zeit die politische Kultur Österreichs maßgeblich geprägt. Er hat polarisiert und Tabus gebrochen, so wie einst Jörg Haider.

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