Es ist ein Problem, das im Vorjahr und heuer viele Unternehmer verärgert. Da sie ihren Tourismus-Pflichtbeitrag nicht einbezahlt haben, flattert ein Exekutionsschreiben ins Haus - obwohl sie nie eine Rechnung gesehen haben.
Wie kann das sein? Die Zustellung dieser Beträge erfolgt bereits seit zwei Jahren auf elektronischem Weg, sie landet im digitalen Postfach des Unternehmer-Serviceportals (USP). Seit 1. Jänner 2020 sind Unternehmer sogar verpflichtet, offiziellen Datenverkehr online empfangen zu können. Auch das Land Tirol setzt auf diese Art der Benachrichtigung. Das Problem: Viele Unternehmer wissen nicht, dass es das gibt bzw. wie sie das digitale Postfach finden und haben somit sowohl Rechnung als auch Mahnung übersehen. Hinzu kommt: Eine zusätzliche schriftliche Benachrichtigung auf dem Postweg von Seiten des Landes gibt es nicht. Stattdessen flattert auf der Stelle ein Exekutionsschreiben ins Haus.
Fall 1: „Als ich das Schreiben erhalten habe, kannte ich mich nicht aus. Ich habe das Land kontaktiert. Dort hieß es, dass ich die Rechnung im Juli und die Mahnung im September erhalten habe. Und dass ich einen Blick in mein digitales Postfach werfen soll. Doch ich wusste nicht, wovon der Mitarbeiter sprach“, erklärt eine 63-jährige Tirolerin.
Der Mitarbeiter war mir gegenüber sehr ungehalten. Er hat mich einfach dumm sterben lassen und mir nicht weitergeholfen.
Eine betroffene Tirolerin
Sie ließ nicht locker und hakte nach. „Der Mitarbeiter war mir gegenüber sehr ungehalten. Er hat mich einfach dumm sterben lassen und mir nicht weitergeholfen – dabei wird sein Job von unserem Geld bezahlt“, ärgert sich die 63-Jährige. Ihr Beitrag beläuft sich auf 431,81 Euro, durch das Exekutionsschreiben erhöht sich dieser nun um 78,40 €.
Fall 2: Ähnliche Szenen schildert Olga Baumann (40) aus Innsbruck. „Ich bin Physiotherapeutin und habe nichts mit dem Tourismus am Hut. Aber da ich auch gesunde Menschen behandeln möchte, musste ich ein Gewerbe anmelden und daher muss ich auch einen Tourismus-Pflichtbeitrag leisten“, klärt sie auf. Auch sie habe vor Kurzem ein Exekutionsschreiben erhalten und war ebenso überrascht. Eine Freundin hat sie über das Online-Postfach aufgeklärt. „Aber dort fand ich weder eine Rechnung noch eine Mahnung“, sagt sie.
„Fühle mich gezwungen, Gewerbe abzumelden“
Ihr Beitrag beläuft sich auf 41 Euro, für das Exekutionsschreiben sind 46,40 Euro fällig. „Das ist ein Aufschlag von mehr als 100 Prozent. Sollte mir das auch nächstes Jahr passieren, fühle ich mich gezwungen, mein Gewerbe abzumelden“, sagt sie.
Fall 3: Eine Unternehmerin (52) wurde bereits im Vorjahr mit einem Exekutionsschreiben überrascht. Mittlerweile weiß sie, dass sie dieses Postfach nicht benötigt. „Da wir ein Kleinunternehmen haben und von der Umsatzsteuer befreit sind. Daher haben wir uns Anfang des Jahres abgemeldet. Das Land hat uns – wie sich im Nachhinein gezeigt hat – dennoch in dieses Online-Postfach unserer Rechnung gesandt, die wir natürlich nicht gesehen haben. Und jetzt trudelte erneut ein Exekutionsschreiben ein“, erläutert die Tirolerin.
„So ein System kann man nicht aufrecht erhalten“
Ihr Tourismus-Pflichtbeitrag beläuft sich auf 33 Euro, 46,40 Euro sind nun für das Exekutionsschreiben fällig. „Ich kann doch nicht ein dermaßen schwaches System aufrechterhalten, wenn dabei so gut wie gar nichts funktioniert“, ärgert sich die Tirolerin.
Fall 4: Ein Pensionist (71) besitzt in Innsbruck drei Tiefgaragen-Plätze, daher wird auch für ihn jährlich die Tourismusabgabe fällig. „Ich hätte die 46 Euro sofort eingezahlt, aber ich bekam nichts zugestellt“, wunderte er sich. Er erfuhr, dass alles auf elektronischem Weg passiere. „Ich habe aber auch da nichts erhalten. Das einzige, was im Postkasten lag, war das Exekutionsschreiben. Nun muss ich 101 Euro bezahlen. Die Art und Weise, wie man mit unbescholtenen Bürgern umgeht, ist mehr als bedenklich“, zeigt er sich empört.
„Vorgehensweise gesetzlich vorgeschrieben“
Gerhard Föger, Chef der Tourismusabteilung im Land Tirol, sieht das Versäumnis einzig und allein bei den Betroffenen. Der Unternehmer erhalte über die Bundesplattform USP eine Mail-Verständigung, dass ein behördliches Schriftstück für ihn zur Abholung bereit liegt. „Rechtlich gilt das Schriftstück damit als zugestellt. Wenn der Betroffene von dieser Zustellung keinerlei Notiz nimmt, so liegt dieses Versäumnis in seinem Einflussbereich. Es wäre vereinfacht gesagt so, als würde er einen Brief nicht aus seinem Postkasten nehmen oder das Kuvert nicht öffnen“, verdeutlicht Föger, der allen Betroffenen rät, aufmerksam am elektronischen Verkehr teilzunehmen, um eben am Ende Eintreibungsmaßnahmen zu vermeiden.
„Es fehlt jegliches Fingerspitzengefühl"
„Ich kann den Ärger der Betroffenen - darunter viele Klein- und Kleinstunternehmer -, die sich hilfesuchend auch an die Liste Fritz gewandt haben, voll verstehen und ärgere mich mit. Da fehlt der Tourismusabteilung des Landes und dem obersten Touristiker LH Günther Platter jegliches Fingerspitzengefühl. Denn es geht ja oftmals nicht um große Summen“, erklärt Liste Fritz-LA Markus Sint. Diese Vorgehensweise sei „eine echte Provokation“, erst recht in der jetzt ohnedies schwierigen Corona-Zeit.
Kulanz bleibt aus
„LH Platter schafft es, fast jedem Tiroler Haushalt einen Adventkalender zu schicken, aber die betroffenen Unternehmer mittels Brief rechtzeitig zu informieren und ihnen auf diese Art und Weise ein Exekutionsschreiben zu ersparen, das schafft er nicht. Und der Gipfel der Frechheit ist, dass die Platter-Regierung keine Kulanzbereitschaft an den Tag legt. Denn bis jetzt bleibt sie stur und lässt die Tiroler zahlen. Das kann es doch nicht sein. Hier braucht es eine Kulanzlösung für alle Betroffenen“, fordert Sint.
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