Keime töten, die Stimmung aufhellen, Gott ein Opfer bringen, das Böse austreiben: Aus vielen Gründen wurde zu jeder Zeit in jeder Kultur geräuchert. Heute noch genießen wir den reinigenden Rauch.
Seit Urzeiten räuchern die Menschen mit duftenden Harzen und Kräutern. Im 2. Buch Mose, das um 1500 vor Christus niedergeschrieben wurde, werden Vorschriften für den Kult genannt: „Mach auch einen Altar zum Verbrennen von Räucherwerk“ heißt es in Exodus, Kapitel 30,1. In beinahe allen Religionen und Kulturen war und ist das Räuchern bekannt.
Uralter Brauch
So soll das Verbrennen von Räucherwerk den Kontakt zu Gott herstellen, die Götter gnädig stimmen oder auch Dämonen vertreiben. Im Buddhismus, Hinduismus, bei den indianischen Stämmen Nordamerikas, im Islam, im Judentum und bei den Christen gehört das Räuchern zur religiösen Praxis. Im Mittelalter wurde viel geräuchert, in der Hoffnung, den Seuchen etwas entgegensetzen zu können. Die keimtötende Wirkung des Räucherns betonen auch zahlreiche Landwirte, die den uralten Brauch in den drei wichtigsten Raunächten – Heiligabend, Silvester und am Vorabend zu Dreikönig – im Stall pflegen.
Medizinische Wirkung
Die entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung von Weihrauch wird auch in der Medizin genutzt. Auf die Psyche wirkt das Verbrennen dieses Harzes stimmungsaufhellend.
Palmbuschen mit dabei
Die Sterndeuter bringen dem Jesuskind drei wertvolle Geschenke dar: Gold, Weihrauch und Myrrhe – die beiden letzteren braucht man zum Räuchern. Und jeder verwendet zusätzlich seinen eigenen Kräutermix. Barbara Pilgram von der Abteilung für Vermittlung des Landesmuseums Kärnten ist Kräuterpädagogin und Aromatherapeutin und hat immer Zweige vom Palmbuschen und die Kräuter aus dem Sträußchen, das am 15. August gesegnet wurde, in ihrer Mischung.
Heimisches Fichtenharz
„Salbei, Wermut, Lavendel, Ringelblume, Schafgarbe, Frauenmantel: Alle Kräuter passen zum Räuchern. Dazu kann man Weihrauch nehmen oder, wie ich es gern mache, heimisches Fichtenharz.“ Das erntet Pilgram von einer Fichte, aus deren Rinde das Harz austritt, lässt es trocknen und mörsert es mit den Kräutern.
40 verschiedene Pflanzen
Die Kräuterpädagogin nimmt 40 verschiedene Pflanzen – jede hat eine andere Wirkung. „Ich gebe gern Beifuß dazu, der soll die Energien der Dämonen einfangen.“ Und das soll das Räuchern ja unter anderem bewirken: Der Rauch soll das Böse aus Haus und Stall vertreiben.
Vor Mitternacht räuchern
Die gleiche Aufgabe wie das Räuchern haben die Perchten: Sie sollen ebenfalls das Böse, die Dämonen und den Winter austreiben – und zwar gleichfalls in den Raunächten, die von 24. Dezember bis 6. Jänner dauern. „Räuchern kann man in allen zwölf Raunächten; nach dem Abendessen, aber vor Mitternacht“, so Pilgram.
Beim Räuchern, beim Gehen durch alle Räume und die Stallungen hat man gute Gedanken, segnet alles und alle – somit ist das Ritual mehrfach wohltuend. Ein Kind des Hauses besprengt dabei üblicherweise noch mit Weihwasser die Räume.
Ordnung halten
In den Raunächten galten einst auch strenge Regeln: „Man durfte nichts herumstehen lassen, man musste Ordnung halten. Das war eine Disziplinierung der Dienstboten“, erklärt Historiker Roland Bäck, der Leiter der Landesmuseumsabteilung Vermittlung.
Dem Räucherwerk aus Harz und Kräutern will das Landesmuseum im Freilichtmuseum in Maria Saal eine Workshop widmen. Ob dieser am 18. 12. möglich sein wird, hängt von der pandemischen Entwicklung ab.
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