Zwangsheiraten drohen
„Afghanistan wurde von der Welt bereits vergessen“
Zwangsheirat, Entführungen, Hinrichtungen - alle Versprechen, welche die Taliban-Führung nach der Rückeroberung Afghanistans der Weltöffentlichkeit gegeben haben, wurden bereits wieder gebrochen. Besonders betroffen sind die Frauen Afghanistans. Die „Krone“ erreichte eine Frau aus der Region Helmand nach einem Taliban-Entführungsversuch in ihrem Versteck.
„Krone“-Leser erinnern sich noch an die junge Fatima (Name der Redaktion bekannt). Eine Studentin der Zahnmedizin, die sich und ihre Familie mit Taxifahren über Wasser hielt. Beim Einmarsch der Taliban wurde ihre Mutter erschossen. Als Mitglied der Hazara-Minderheit - und unverheiratet - ist sie doppelt in Gefahr. Die „Krone“ erreichte Fatima in ihrem Versteck.
„Wahrscheinlich wollten sie mich töten“
„Afghanistan wurde von der Welt bereits vergessen“, sagt Fatima resignierend. Der Winter naht. Eine humanitäre Katastrophe unausweichlich. Die Versorgungslage ist katastrophal. Und Fatima entging zudem vor Kurzem knapp einer Entführung. Einige Taliban-Kämpfer brachen in ihr Haus ein. Sie wussten, dass Fatima Taxi fuhr. Darauf steht Strafe. Sie wollten sie holen. „Ich versteckte mich in einem Kasten“, erzählt sie. Ihre Brüder und ihr Vater wollten die Männer aufhalten. Die beiden Brüder wurden mit Messerstichen verletzt, ihr Vater wurde angeschossen. Der Lärm erregte Aufsehen, die Taliban-Kämpfer flohen. So wie auch Fatima. „Wahrscheinlich wollten sie mich töten. Ich verstecke mich bei einem Bekannten“, sagt sie. Zum Schutz ihrer Familie. Ihr Vater liegt im Krankenhaus. Sie kann ihn nicht besuchen. Die Frauen ihrer Brüder sind die ganze Nacht wach. Aus Angst, dass die Taliban zurückkehren.
Das Volk ist wehrlos. Fatima selbst hat in ihrem Umfeld erlebt, dass Familien ihre Kinder verkaufen. Kaufpreis: „Umgerechnet etwa 100 Euro“, sagt Fatima. Töchter werden zwangsverheiratet. Nicht immer nur mit Taliban: „Um ihre Kinder vor den Taliban zu retten, werden die Töchter mit irgendwelchen Männern verheiratet.“ Es herrscht die pure Verzweiflung.
Taliban haben zahlreiche Soldaten hingerichtet
„Es kommt keine Hilfe. Und die Taliban können machen, was sie wollen. Sie haben alle belogen.“ Auch das eigene Volk. Die Taliban versprachen allen Kämpfern der regulären Streitkräfte Amnestie. Laut Menschenrechtsorganisationen wurden in den vergangenen Tagen zahlreiche Armee-Soldaten, die sich den Radikal-Islamisten ergeben hatten, hingerichtet. „Und die Welt sieht zu“, schließt Fatima.
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