Enormer Verschleiß

Zehn Finanzminister in 20 Jahren: Das ist Rekord

Politik
08.12.2021 06:00

Nach dem Bundeskanzler ist es der wichtigste Job in der Regierung: Doch gerade im Finanzministerium gab es seit dem Jahr 2000 ein reges Kommen und Gehen. Insgesamt zehn verschiedene Amtsträger (unter ihnen nur eine Frau) wurden in dieser Zeit angelobt. Man fragt sich, ob so hohe Fluktuation den Staatsfinanzen guttut.

Die „Krone“ sprach darüber mit Experten. „Der Finanzminister ist eine wichtige Steuerungsstelle, mit mehr Einfluss als ein Finanzchef in einem Unternehmen“, analysiert Franz Schellhorn von der Agenda Austria. Es sollte eine starke Persönlichkeit sein, auch mit einem politischen Willen. Schellhorn: „Man braucht ein umfassendes Wissen und sollte vorher viel gesehen haben.“

„Die Auswahlkriterien sind sicher in der Privatwirtschaft sorgfältiger“, ergänzt Christoph Badelt, Chef des Fiskalrates, der über die Staatsfinanzen wacht. Die politische Durchsetzungskraft sei wohl wichtiger als das Fachwissen, das man sich aneignen kann.

Für große Strukturreformen wäre es schon vorteilhaft, wenn man länger Zeit hat. Einige Beispiele, wo seit vielen Jahren wenig weitergeht: die Entlastung des Faktors Arbeit, das Durchforsten der Ausnahmen im Steuersystem, die Intransparenz und Doppelgleisigkeiten im Fördersystem, die langfristige Sicherung der Pensionen, Fragen der Vermögenszuwachsbesteuerung, die Pflegereform.

Die Bilanzen der letzten Finanzminister (die fast alle aus der ÖVP kamen) sind durchwachsen, ergab ein „Krone“-Check:

  • Karl-Heinz Grasser saß anfangs auf einem FPÖ-Ticket, wechselte dann zur ÖVP von Wolfgang Schüssel. Er wurde in der Buwog-Affäre aus seiner Amtszeit wegen Untreue etc. zu acht Jahren Haft verurteilt (nicht rechtskräftig).
  • Wilhelm Molterers kurze Ära endete mit seinem Sager „Es reicht“ und in der Folge verlorenen Wahlen. Beim Finanzausgleich kapitulierte er vor den Ländern.
  • Josef Pröll kam frisch aus dem Agrarministerium, als die Hypo-Alpe-Adria pleiteging. Da war es schwierig, alles richtig zu machen.
  • Maria Fekter folgte ihm nach, sie war mit dem Hypo-Problem völlig überfordert.
  • Michael Spindelegger hatte nur einen Kurzzeit-Auftritt von neun Monaten.
  • Ihm folgte der Ex-Manager Hans Jörg Schelling. Er löste das Hypo-Problem, wollte die kalte Progression abschaffen. Das gefiel der SPÖ und später den türkisen Machthabern wenig.
  • Sebastian Kurz holte daraufhin den Versicherungsmann Hartwig Löger ins Finanzministerium, der in der Casinos-Affäre politisch strauchelte.
  • In der Expertenregierung übernahm Sektionschef Eduard Müller für sechs Monate.
  • Darauf kam mit Gernot Blümel ein Politprofi, der als rechte Hand von Kurz galt und mit diesem ging.
  • Seit 6. Dezember ist Magnus Brunner im Amt. An seinem ersten Arbeitstag nahm der frühere Staatssekretär gleich am ECOFIN-Rat in Brüssel teil, wo er Blümels Kurs (das „Festhalten am Stabilitätspakt“) fortsetzte. Man wird sehen, ob er Zeit haben wird, sich zu profilieren.
Porträt von Manfred Schumi
Manfred Schumi
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