Der Rechnungshof schlägt Alarm: Zwischen 2009 und 2019 haben mittlerweile 31 Prozent der Medizin-Absolventen den Arztberuf nicht in Österreich ergriffen - sich davor aber teuer ausbilden lassen.
Drop-out lautet der englische Terminus dafür, worüber Experten wie Ärztekammerchef Dr. Thomas Szekeres seit Jahren Kassandrarufe ausstoßen: Uns laufen nach der Uni die frisch ausgebildeten Ärzte davon! Wie auch ein aktueller Bericht des Rechnungshofes (RH) unterstreicht: In Summe sind es 31 Prozent aller Absolventen der heimischen medizinischen Unis, die in Österreich nicht als Ärzte arbeiten.
Das könne zwar, so der Bericht, teilweise durch Fachkräfte kompensiert werden, die ihr Studium im Ausland abgeschlossen haben. Trotzdem fehlen unterm Strich immer noch 20 Prozent! Die Ausbildungskosten liegen pro Student übrigens bei rund 542.000 Euro.
Auch noch Pensionierungswelle
Droht Österreich alsbald also ein Ärztemangel? „Gepaart mit einer bevorstehenden Pensionierungswelle, ja“, berichtete Szekeres am Freitag im Gespräch mit der „Krone“. Besonders problematisch steht es laut dem aktuellen RH-Bericht von Vorarlberg bis Burgenland rund um die Turnusärzte. Die Zahl ist zwischen 2016 und 2020 überall zurückgegangen, von minus 15 Prozent im Burgenland bis zu minus 43 Prozent in Kärnten und Salzburg. Rund die Hälfte von 1500 Turnusärzten hat 2015/16 nach der Basisausbildung den allgemeinmedizinischen Spitalturnus begonnen.
Entgegen der Idee einer umfassenden Reform der Ärzteausbildung, diese zum Allgemeinmediziner attraktiver zu machen, sei es aber weiter ein Trend, noch während der Ausbildung in die Sonderfachausbildung zu wechseln. Der Rechnungshof fordert in dem Bericht Gesundheits-, Bildungsministerium, die MedUnis und die Ärztekammer auf, Maßnahmen zu setzen, damit mehr Medizin-Absolventen sich in Österreich fertig ausbilden lassen und hier ihren Beruf ausüben.
Österreich nur Ausbildungsland?
Dazu soll auch „Med-Impuls-2030“ dienen. Die medizinischen Unis erhalten in den kommenden drei Jahren 170 Millionen Euro, bis zum Jahr 2030 soll das Budget eine Milliarde Euro betragen. Ziel ist es, 260 Medizin-Studienplätze mehr bis 2028 in Österreich zu den aktuellen 1740 zu schaffen. Experten fürchten, dass Österreich aber weiter nur Ausbildungsland bleibt, mit noch mehr Studienplätzen.
Ärztekammer-Chef: „Das Arztsein muss attraktiver werden“
„Krone“: Knapp ein Drittel aller Medizinabsolventen in Österreich wird hierzulande kein Arzt. Fürchten Sie einen Ärztemangel?
Thomas Szekeres: Es sollte uns gelingen, den Prozentsatz zu senken. Ja, es entwickelt sich ohne Einlenken ein Ärztemangel. Insbesondere, weil wir vor einer Pensionierungswelle stehen.
Wie soll dagegen angekämpft werden und warum wollen Absolventen nicht in Österreich tätig sein?
In der ganzen EU besteht ein Ärztemangel, und die verschiedenen Länder streiten sich um die Absolventen. Diese haben also auch die Möglichkeit, in Deutschland, der Schweiz, England oder Skandinavien zu arbeiten. Wir müssen unsere Rahmenbedingungen in Österreich im Hinblick auf Wertschätzung, Arbeitszeiten und das Gehalt attraktiver gestalten als die Mitbewerber.
Hilft uns dabei das „Med-Impuls-2030“, das 260 zusätzliche Studienplätze bis zum Jahr 2028 für Österreich bringen soll?
Nein, weil es nur dazu führt, dass noch mehr Leute ins Ausland gehen als bisher.
Spielt die Corona-Pandemie auch eine Rolle?
Nein, sie spielt keine besondere Rolle, wir hatten die Herausforderungen ja schon davor.
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