Der mächtige rote Bürgermeister von Wien im „Club 3“-Interview: Michael Ludwig über den Weg aus der Krise, Streit um Öffnungen und den Lockdown - Stichwort „Fleckerlteppich“ -, über den Abgang des alten, den Start des neuen Bundeskanzlers, seinen Ärger über die Klimaschutzministerin und über gewisse Impfgegner-Gruppen.
Es gibt viel zu besprechen. Michael Ludwig, Wiens mächtiger SPÖ-Bürgermeister, stellt sich den vielen brennenden Fragen. Gestellt von Doris Vettermann („Krone“), Martina Salomon („Kurier“) und Robert Treichler („profil“) beim „Club 3“. Aktuell beschäftigt der neuen Kanzler. Wie kommt Ludwig mit ihm klar? „Das wird man sehen. Ich habe immer die Hand ausgestreckt. Entscheidend ist die Frage, wie man mit Wien umgeht. Ich hoffe auf besseres Klima wie in den letzten Jahren.“
Ludwig hat nicht vergessen, dass die ÖVP - auch Karl Nehammer - im Zuge der Wien-Wahl vor einem „Corona-Tsumani aus Wien“ warnte. „Das war eine inakzeptable parteipolitische Instrumentalisierung der Pandemie.“ Corona ist freilich ein dominantes Thema. Die SPÖ verstehe sich als staatstragende Partei und habe staatspolitische Entscheidungen mitgetragen. „Auch wenn es nicht immer leicht war.“
Neuwahlen und Abgang von Kurz als Kanzler
Das Neuwahlgespenst geht um. Die SPÖ ist hier gespalten. Im Gegensatz zu FPÖ und NEOS. „Die Entscheidung treffen die Regierungsparteien. Die Regierung hat zu arbeiten. Wenn sie nicht die richtigen Maßnahmen trifft, soll sie zurücktreten.“ Auch in der kritischen Phase rund um den Kurz-Abgang als Kanzler habe es zu keinem Zeitpunkt in der SPÖ Gedanken an einen fliegenden Wechsel gegeben. Oder gar an eine Koalition mit FPÖ-Beteiligung. „Es war nur klar, dass Kurz sein Amt aufgrund der Ermittlungen nicht mehr führen kann.“
Ob er und Niederösterreichs Johanna Mikl-Leitner die heimlichen Regenten seien? „Wir stehen der Regierung zur Seite, wenn es um Entscheidungen in der Krise geht. Die Bundesregierung muss vorangehen.“ Seine Rückhalt für Parteichefin Pamela Rendi-Wagner sei ungebrochen. „Unter ihrer Führung sind wir in Umfragen konstant auf Platz 1. Wir werden mit ihr in die nächste Wahl gehen.“
Umstritten ist Ludwigs Umgang mit der Pandemie. Trotz vergleichsweise guter Zahlen dürfen Hotellerie und Gastro erst später als die anderen öffnen. Das sorgt für Wut und Enttäuschung bei den Betroffenen. „Ich verstehe den Frust. Wir haben bessere Zahlen als der Rest von Österreich. Aber trotzdem keine guten Zahlen. Die Pandemie ist nicht gemeistert, wir wissen noch zu wenig über die neue Variante. Wir müssen jetzt Maßnahmen setzen, um eine fünfte Welle zu verhindern.“
„Personal wird auch an der Arbeit gehindert“
Der Bund habe die Entscheidungen an die Länder delegiert. „Wir haben andere Umstände als Tirol. Bei uns gibt es viele Pendler aus Ländern mit hohen Inzidenzen.“ Was die Leute generell so verunsichert, sei die Hü-Hott-Politik der Regierung. Was Ludwig besonders ärgert, sind Demonstrationen vor Spitälern. „Personal wird auch an der Arbeit gehindert. Da muss man scharf dagegen vorgehen. Demonstrationen vor Krankenhäusern und Schulen gehören verboten.“
Der Bürgermeister will auf die Skeptischen, die Ängstlichen gegenüber der Impfung zugehen, die Radikalen jedoch müsse man genau beobachten. Die geplante Impfpflicht sieht Ludwig pragmatisch. „Wie andere war ich lange Zeit dagegen. Aber es geht offenbar nicht anders. Hoffentlich lassen sich viele schon wegen der Ankündigung impfen.“
Lobau-Tunnel: Ärger über Ministerin Gewessler
Ein Reizthema ist für Wiens Chef der Lobau-Tunnel, den Ministerin Leonore Gewessler stoppen will. „Das ist noch nicht entschieden. Es gibt eine Aufsichtsratssitzung der Asfinag und juristische Gutachten. Die Wirtschaft hat auch Interesse an dem Projekt. Es kann kein Willkürakt einer Ministerin das stürzen.“ Das Projekt sei viele Gutachten durchlaufen. „Wir werden alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen.“
Frau Gewessler erregt generell Emotionen beim Bürgermeister. „Ich warte mit großem Interesse, welche alternativen Vorschläge sie auf den Tisch legt. Bis jetzt sagt sie nur nein. Ich warte auf eine bessere Idee. Die gibt es offenbar noch nicht.“
Der Autoverkehr wird sukzessive weniger in den Großstädten. Wie ist Wien unterwegs bei diesem heiklen Thema? „Uns braucht man in Wien Klimaschutz nicht zu erklären. Wir produzieren keine Überschriften, sondern wir handeln. Es wird nötig sein, festzulegen, wie man Klimaschutz real umsetzt. Aber es muss auch ein Verkehr möglich sein. Lieferverkehr und Privatverkehr. “
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