Vor mehr als drei Jahrzehnten sind Doris Renoldner und Wolfgang Slanec aus Wien aufgebrochen, um ihre neue Heimat auf den Weltmeeren zu finden. Seitdem haben sie zweimal den Erdball umrundet. Auf ihren Reisen erkundeten sie Traumdestinationen wie die Südsee, die Karibik und die Malediven bis hin zu unwirtlichen Gegenden wie Grönland und Alaska. Und ihre Abenteuer sind noch längst nicht vorbei: Der „Krone“ haben die Seenomaden verraten, warum sie ihr schwimmendes Zuhause nie wieder dauerhaft gegen eine Wiener Garconniere tauschen könnten - und wie man so eine lange Reise finanziert.
Alles begann mit einer Liebesgeschichte, 50.000 Schilling Startkapital und einem kleinen Stahlschiff. 1988 lernte Doris mit Anfang 20 an ihrem Arbeitsplatz in der Wiener Stadthalle Wolfgang kennen und lieben. Schon nach einem halben Jahr Beziehung begab sie sich mit dem Bauingenieur auf Weltreise unter Segeln - ohne je zuvor auf einem Dickschiff gewesen zu sein. „Ich bin sozusagen vom Kinderzimmer in die Kajüte gezogen“, lacht Doris. „Man muss erst einmal eine Frau finden, die das mitmacht“, wirkt Wolfgang Jahrzehnte später immer noch erstaunt, dass die damals 21-Jährige sofort dabei war. Er brachte immerhin mit rund 20.000 Seemeilen und als talentierter Techniker idealere Voraussetzungen für so ein Wagnis mit.
Seekrank ins neue Aussteigerleben
„Man kann das Leben auf einem Segelboot mit einem Wohnmobil vergleichen. Nur unbequemer und wackliger“, erklärt Doris ihr Leben mit Wolfgang auf rund zwölf Metern Länge. Besonders der Start ins Matrosenleben war mehr als ruppig für die frischgebackene Aussteigerin. Als sie das erste Mal mit Wolfgang in See stach, fesselte sie die Seekrankheit in die Kajüte. „Aber ich wollte es unbedingt durchziehen und hab' einfach durchgebissen“, lacht Doris. Mittlerweile lassen sie ihre Seebeine nur selten im Stich. Und in die anderen Aufgabengebiete an Deck, am Mast und im Motorraum ist sie „learning by doing“ flott reingewachsen.
In den letzten Jahren waren die Seenomaden in kälteren Revieren wie Grönland und Alaska unterwegs:
„Unsere Freiheit hat über Verzicht funktioniert“
In den letzten 32 Jahren lebten die beiden etwa 22 Jahre an Bord. Wie finanziert man so viel Urlaub? „Mit Urlaub kann man es nicht vergleichen“, klärt Wolfgang auf. Die beiden haben einen sparsamen Lebensstil, gönnen sich kaum Luxus. Mit einem Startkapital von nur 50.000 Schilling mussten sie schon von Anfang an lernen, gut hauszuhalten. So hatten sie in den ersten acht Jahren nicht einmal einen Kühlschrank - der ist ein Stromfresser an Bord. „Wir wussten: Je sparsamer wir leben, desto länger können wir unterwegs sein“, so Wolfgang. „Die Freiheit hat bei uns über Verzicht funktioniert.“
Die Vorreiter der YouTube-Sternchen von heute
Nach der ersten Weltumseglung haben sie ganz nebenbei ein neues Standbein gefunden. Noch vor dem YouTube-Zeitalter haben sie es geschafft, mit Erzählungen über ihre Abenteuer diese zu finanzieren. So touren sie seit ihrer ersten Weltumsegelung mit Vorträgen durch den deutschsprachigen Raum und verdienen so genug, um sich ihre Zeit auf See finanzieren zu können. Das Paar hat zudem bereits drei Bücher über seine Reisen verfasst. Die Zeit im Lockdown nützt Doris, um an dem vierten Buch zu arbeiten.
1. Weltumsegelung:
Dauer: 8 Jahre
Seemeilen: 43.000
Länder: 40
2. Weltumsegelung:
Dauer: 7 Jahre und 9 Monate
Seemeilen: 65.000
Länder: 30
3. Reise:
Start 2012 in der Adria
von Grönland durch die Nordwestpassage nach Alaska
Seemeilen: ca. 35.000
Seemeilen alle Reisen gesamt: ca. 150.000
Website und Blog:
www.seenomaden.at
Wegen Pandemie Reiseroute versperrt
Das Coronavirus hat ihre Reisepläne vergangenes Jahr ganz schön über den Haufen geworfen: Der Weiterweg von Französisch Polynesien quer durch den Pazifik nach Neuseeland war wegen der Pandemie versperrt. Die meisten kleinen Inselstaaten, wie Cook Islands oder Tonga, aber auch Neuseeland und Australien haben wegen Corona dicht gemacht. Daher änderten sie ihre Pläne und segelten über Hawaii nach Alaska und weiter nach British Columbia, Kanada, wo ihre Nomad derzeit an Land in einer Werft steht.
Seit ein paar Wochen sind Doris und Wolfgang wieder in der Heimat. Die Pläne, mit Vorträgen über den Winter ein wenig Geld in die Bordkasse zu spülen, sind aufgrund der Infektionslage erstmal auf Eis gelegt. „Dafür haben wir viel Zeit, um wandern und Ski fahren zu gehen. Das tut unseren Beinmuskeln nach so langer Zeit auf See wieder gut“, erklärt Doris, wie sie das Beste aus der Situation machen wollen.
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