„Krone“-Interview

Mathea: „Ich musste erst wieder den Spaß finden“

Wien ist leiwand
15.12.2021 15:00

Mit den zwei neuen Singles „Wieder ich“ und „Paris“ hat die Salzburger Hitparadenstürmerin Mathea ein kräftiges Lebenszeichen ausgestoßen. Vor einem hoffentlich fruchtbaren 2022 rekapituliert sie mit uns im „Krone“-Gespräch ihren plötzlichen Ruhm, private und berufliche Unsicherheiten und wie sie trotz aller Widrigkeiten nun endgültig zu sich selbst fand.

Die großen Schlagzeilen gehören hierzulande meist Seiler und Speer, Wanda, Bilderbuch oder RAF Camora, aber die meistgestreamte Künstlerin des Landes ist seit gut drei Jahren Mathea. Die Salzburgerin katapultierte sich mit ihren ersten Singles „2x“ und „Chaos“ von 0 auf 100 und erreichte mit dem Debütalbum „M“, das mitten im ersten Lockdown erschien, Platz vier der heimischen Albumcharts. Von der Schuhverkäuferin zum Superstar des deutschsprachigen Pop-Raums innerhalb weniger Monate, dass musste die heute 23-Jährige erst einmal verkraften. Beruflich als auch privat ging es bei ihr turbulent zu, doch Anfang 2021 hat sich die Salzburgerin wiedergefunden. Mit den beiden Singles „Wieder ich“ und „Paris“ kehrt sie tatkräftig ins Rampenlicht zurück und scheint für 2022 Großes vorzuhaben. Wir haben sie zum Talk getroffen.

„Krone“: Mathea, sind dir abseits des Single-Marktes ganze Alben persönlich wichtiger, als sie im Musikbusiness heutzutage eigentlich notwendig sind?
Mathea: Ein Album ist in unserer Denkweise fest verankert. Die beiden Singles werden sicher auf dem Album zusammengefasst sein. Ich lasse mir aber Freiheiten und die Zeit, alles zu perfektionieren. Ich veröffentliche Single um Single und der Höhepunkt ist dann am Ende das Album. Damit erzählt man eine komplette Geschichte. Mit meinem Debüt „M“ habe ich meine damals letzten drei Jahre zusammengefasst und es fühlte sich an wie ein Fotoalbum, das ich durchblättern konnte. Das war sehr schön, aber ich bin auch ein Fan einer gewissen Entwicklung. Um ehrlich zu sein sind mir diese Singles gerade genauso wichtig wie ein Album. Ich habe mich viel im Bereich Styling, Visuals und Videos beschäftigt. All das erzählt so viel zur Musik dazu. Für mich sind auch die Singles ein Gesamtkunstwerk, das ich hinausgeschickt habe.

Werden die Videos und das gesamte Drumherum für dich immer wichtiger?
Auf jeden Fall. Am Anfang bei „2x“ und „Chaos“ wusste ich noch gar nicht, was ich alles aussagen und wie ich rüberkommen möchte. Nach dem Album „M“ hatte ich endlich einmal Zeit, die Dinge zu reflektieren und mich damit auseinanderzusetzen, wie das Gesamtbild wirken sollte.

Dein Debüt kam kurz nach Eintritt der Pandemie auf den Markt und erreichte Platz vier der heimischen Albumcharts. War der Veröffentlichungszeitpunkt im Nachhinein vielleicht doch etwas ungünstig?
Meiner Meinung nach nicht, andere Stimmen behaupten ja. Mir wurde von einigen Seiten abgeraten, das Album zu veröffentlichen, aber künstlerisch gesehen war es für mich der richtige Zeitpunkt. Mir war es persönlich wichtig, ich habe da nicht an Chartplatzierungen gedacht. Ich bin ehrgeizig und mag Charts, weil man sich vrgleichen kann, aber in erster Linie musste ich diese Phase meines Lebens abschließen. Das ist mit „Wieder ich“, dem Vorboten von „Paris“, dasselbe. Ich habe die Single an einem Mittwoch veröffentlicht, wo keine Playlisten kuratiert werden und man keinen Promoschub hat. Es ging da rein um das Kreative und für mich war es wichtig, an dem Tag damit rauszugehen.

„Wieder ich“ ist dein bislang persönlichster Song, der sehr viel über dich preisgibt. Was war die Grundidee für diesen Track?
In den letzten drei Jahren ist in sehr kurzer Zeit sehr viel passiert. Mit „2x“ wurde ich von der Schuhverkäuferin auf der Mariahilfer Straße zum Popstar. Ich konnte das Ganze gar nicht richtig verarbeiten. Im ersten Lockdown habe ich erstmals Zeit gefunden, um zuhause zu sitzen und all das zu realisieren. In einem Moment war das schön, im anderen macht es einen aber fast irre. Die Erwartungen an mich selbst in punkto Kreativität und Erfolg waren so hoch, dass das Musikmachen nach dem ersten Album für mich fast am Schlimmsten war. Es fiel mir irrsinnig schwer, Spaß daran zu haben. Mir war nichts gut genug, ich fühlte mich eingeengt und dann gab es auch noch private Probleme. 2020 hatte ich eine sehr schlechte Phase, aber Anfang 2021 habe ich wieder zu mir gefunden. Ich fand einen Plan, wo ich hinmöchte und was ich machen will. „Wieder ich“ handelt vom Wiedererlangen von meinem Bewusstsein gegenüber der Musik, mir selbst und meinem Leben.

Das bedeutet, du hast inmitten des tiefsten zweiten Lockdowns im kalten und finsteren Winter wieder deine Lebensfreude gefunden?
Genau. Ich hatte eine sehr depressive Phase und wollte gar nicht mehr aus dem Bett raus. Nach außen hin war ich immer sehr stark und habe Power ausgestrahlt, in mir drin sah es aber ganz anders aus. Ich wusste, dass ich dringend was ändern musste und habe mir einen strikten Plan gebaut. Ich habe mir eine Power-Point-Präsentation erstellt und mein Team einbezogen, damit sie mich verstehen. Als ich all meine Gedanken niederschrieb, ging die depressive Phase weg. Ich hatte wieder ein Ziel vor Augen, wofür es sich zu kämpfen lohnte. Von Februar bis Mai war ich fast durchgehend im Studio und habe unglaublich viele Songs geschrieben, was ich sehr genossen habe.

Welches Ziel hast du dir genau gemacht? Welche Visionen hattest du vor Augen?
Es waren verschiedene Dinge. Musikalisch gesehen ging es darum, wie mein Sound klingt, was ich erzählen möchte und woraus ich Inspiration schöpfen könnte. Auch visuell bei den Videos habe ich mir ganz genau überlegt, wie alles ausschauen soll, damit die Dinge zusammenpassen. Als ich das definierte, habe ich mir ein komplettes Team zusammengesucht, das mir visuell neue Impulse gibt. Musikalisch habe ich zum Glück schon einen sicheren Hafen. Es war für mich eine Findungsphase, die für diese Singles und alles, was noch kommt, sehr wichtig war. 

(Bild: Andreas Graf)
(Bild: Andreas Graf)

Was unterscheidet denn diese „Mathea 2.0“ von der alten, die als stürmische Hitlieferantin bekannt wurde?
Ich bin schon dieselbe geblieben, aber einige Dinge habe ich für mich selbst perfektioniert. Ich bin auf jeden Fall ich geblieben und die Songs sind weiterhin sehr persönlich. Ich schreibe sie mit meinen Teams immer noch selbst und es ist einfach alles „Mathea next level“. (lacht)

In dem Song gibt es auch die Textezeile „Lächeln auf den Lippen, ich bin wieder ich“. Lächeln sieht man dich auf Promofotos eigentlich nie. Gibt es da auch einen Unterschied zwischen der Bühnenfigur und der realen Person?
Mich abzugrenzen und eine Linie zu ziehen, das musste ich auch lernen. Was gebe ich an die Öffentlichkeit und was ist okay, dass es die Menschen wissen? Es gibt aber irgendwo einen Punkt, der bleibt privat. Dazu möchte ich nichts sagen und keine Kommentare lesen - es ist mein private space. Dass ich nicht lache, war anfangs sehr unbewusst. Es war damals ein Schutzmechanismus, denn ich war ja erst 19, als alles losging. Mir blieb diese Sache dann und ich mag das auch. Man muss nicht immer lachen und es gibt auch nicht immer was zu lachen. (lacht)

Hast du zu viele Einflüsse in deinen privaten Raum gelassen? Musstest du dir dieses exklusive Private erst einmal abstecken?
Dadurch, dass „2x“ schon so ein persönlicher Song war und sofort zu einem medialen Thema wurde, war ich sehr schnell mit Fragen nach meinem Privatleben konfrontiert. Es wurde nach dem Namen des Protagonisten im Song gefragt und nach privaten Details. Ich kann ja gar nicht anders als persönlich schreiben. Alle Songs sind sehr nahe an meinem Privatleben, aber man muss sich trotzdem immer überlegen, wie viel man in Interviews dazu noch erzählen kann und mag. Es ist mir fast immer gelungen, diese Grenze einzuhalten, aber dadurch, dass die Songs schon so persönlich sind, muss ich nicht mehr viel dazu sagen. Ich habe es auch schon mit erfundenen Geschichten probiert, aber das klappt nicht. Diese Songs wurden auch nie veröffentlicht. 

Der schnelle Weg zum Popstar ist der Traum, den alle Musikerinnen gerne leben. War aber die Geschwindigkeit dorthin für dich zu rasant?
Nein, das würde ich nicht sagen. Im Nachhinein war natürlich viel Druck dabei und die Depri-Phase kam sicher auch von dort, aber ich bin extrem froh über meinen Karriereverlauf. In schlechten Zeiten ging ich dann auch sehr gestärkt dadurch hervor. Manche Künstler haben nie einen Hit, bei mir schlug gleich der erste Song ein und dann kamen noch viele weitere - gottseidank. (lacht) Es wäre arrogant zu sagen, es wäre alles zu schnell gegangen. Ich hatte schon damals ein super Team an meiner Seite, das mir geholfen hat. Für mich war das private Umfeld extrem wichtig. Nach außen hin war alles schnell sehr viel, aber zuhause bei meiner Familie und meinen besten Freunden wurde ich immer so behandelt, als wäre gar nichts passiert. Ich kenne da von anderen Künstlern auch andere Geschichten. Dass sie vereinnahmt werden und daheim nur Autogramme schreiben müssen und dort auf einem Podest sitzen. Das war bei mir nie so und das ist ein großes Glück. Trotz der negativen Seiten des Ruhms überwiegten immer die positiven.

Was sind die wichtigsten Punkte und Charakteristika, die du an dir selbst nun wiederentdeckt hast?
Dass ich in erster Linie Musikerin, Sängerin und Songwriterin bin. Als Künstlerin ist man so viel. Man ist auch Social-Media-Star, Influencerin und kommt in Videos vor. Man muss extrem viele Bereiche abdecken und ist mit anderen Dingen dermaßen abgelenkt, dass man schnell vergisst, dass das Musikmachen an sich das Wichtigste ist. Mein Team nimmt mir extrem viel ab und so konnte ich mich voll auf das Studio konzentrieren. Die gute Musik steht bei mir im Vordergrund, das habe ich wieder verstanden. Und ich weiß auch, dass ich auf mich selbst hören muss. Wenn es etwas gibt, wo ich im ersten Moment nicht komplett davon überzeugt bin, dann wird das auch später nichts mehr. Mit halbem Herzen dabei zu sein fällt nicht nur anderen auf, sondern auch mir selbst. Ich vertraue meinen Gefühlen und mache nur das, worauf ich wirklich Lust habe. Da bin ich in meiner Kommunikation auch viel stärker geworden. 

Im Video zu „Wieder ich“ bedienst du dich außerirdischer „E.T.“-Elemente und bei „Paris“ baust du dir selbst einen Mann zusammen. Welche Symbolik steckt dahinter?
Im Video zu „Wieder ich“ tanze ich, was für mich das Symbol des Selbstfindens ist. Ich habe ein neues Lebens- und Körpergefühl. Dann gehe ich zu einem Portal und das stellt den Wiedereintritt in das wieder-ich-sein dar. Dieses Portal schlägt die Brücke zu „Paris“, wo ich dann bereits wieder ich bin. Ich baue mir dort meinen Traummann zusammen, so nach dem Motto „selbst ist die Frau“. (lacht) Man kann natürlich auch alleine glücklich sein, aber auch ein bisschen nachhelfen.

Werden die weiteren Singles von dir an das bisherige Konzept anschließen? Weiter eine Geschichte erzählen?
Es wird auf jeden Fall Zusammenhänge zwischen den Videos und Songs geben, aber mehr kann ich noch nicht verraten. Ich nenne das Ganze nicht gerne ein Konzept, weil ich mich damit zu sehr einengen würde. Ich bin lieber frei in meinem Schaffen, aber es gibt Dinge, die mir wichtig sind und die für das ganze Album in Betracht gezogen werden. Am Ende sollte das Album ein Gesamtkunstwerk aus einem Guss sein. Ich kann dir noch nicht sagen, wann es erscheint und wie es heißt, aber jetzt kommt einmal Song für Song heraus.

(Bild: Andreas Graf)
(Bild: Andreas Graf)

Der Sound wirkt moderner und viel offener. Hattest du im Vergleich zu „M“ auch beim Sound eine klare Vision, wo du hinwolltest?
Ja, definitiv. Beim ersten Album habe ich mich ausprobiert und es gibt sehr viele Popsongs und andere, die in die urbanere Hip-Hop- und Trap-Richtung gehen. Das hat großen Spaß gemacht, aber das zweite Album verändert sich. „Wieder ich“ ist noch das Bindeglied zwischen dem ersten und dem zweiten Album, aber das kommende wird auf jeden Fall ein Popalbum. So viel kann ich schon verraten. Es ist für mich noch selbst sehr spannend. (lacht)

Du hast über die letzten Jahre auch Features mit internationalen Künstlern wie Mark Forster oder Clueso gemacht. Hast du dich auch mit denen unterhalten, wie man sich und sein Privatleben am besten schützt?
Ich habe beobachtet, dass die größten Künstler die entspanntesten sind. Natürlich haben die x Leute, die alles für sie regeln und die Grenzen ziehen, aber ein Mark Forster, der vielleicht der größte Popstar in Deutschland ist, ist dermaßen cool, nett und zuvorkommend. Der hat den Bogen zur Realität nie verloren und das habe ich mir auf jeden Fall abgeschaut. Das hat mir im Endeffekt auch geholfen, wieder zu mir zurückzufinden. Ich hatte mit allen Musikpartnern großes Glück, denn ich kenne auch andere, die nicht so nett oder bodenständig sind. 

Clueso ist ein Musterbeispiel dafür, wie man sich in der Musik mit Interpreten aus allen möglichen Genres verknüpfen kann. Dort herrschen überhaupt keine Berührungsängste. Kannst du dir das auch für dich und deine musikalische Zukunft vorstellen?
Unbedingt. Ich würde behaupten, dass ich sowieso schon im Hip-Hop, als auch im Pop unterwegs bin. Ich kriege Props von RAF Camora und auch von Mark Forster, bin auch mit beiden sehr gut befreundet. Das wirkt sehr gegensätzlich, aber privat höre ich mehr Deutschrap als Deutschpop. Musikalisch würde ich mich sehr ähnlich einordnen wie Clueso, auch wenn es bei mir noch keine Rap-Features gegeben hat.

Warum heißt die Single eigentlich „Paris“ und nicht „Mailand“, „Rom“ oder „London“?
Weil es natürlich eine persönliche Geschichte dazu gibt. Ich war vor zwei Jahren mit einer für mich damals besonderen Person in Paris und es war eine sehr schöne Zeit. Ich dachte, so etwas würde ich so nie wieder erleben, aber ich habe das Gefühl mit derselben Person an einem anderen Ort auch erlebt. Das hat mir dann gezeigt, dass es nicht auf den Ort, sondern nur auf den Menschen ankommt.

Österreich-Tour
Daumendrücken heißt es für die geplanten Österreich-Konzerte im Februar, für die es unter www.oeticket.com Karten gibt. Mathea plant Auftritte am 17. Februar im Wiener Gasometer, am 18. Februar in der Szene Salzburg, am 20. und 21. Februar im Linzer Posthof und am 22. Februar im Orpheum in Graz.

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