Wer soll die Corona-Pandemie bekämpfen? Wir alle müssen verantwortungsvoll handeln und Regeln wie Masken tragen und Abstand halten beherzigen. Doch braucht es einen zentralen Krisenmanager. Politikwissenschaftsexperte Peter Filzmaier analysiert die verschiedenen „Gesundheitsmanager“ einzelner Länder.
Ein zentraler Krisenmanager müsste medizinischer Topexperte, brillanter Organisator und durchsetzungsstarker Politiker sein. Was niemand in Personalunion ist.
Kennen Sie Henrique de Gouveia e Melo? Ja, er ist Portugiese. Mit Ronaldo und Fußball hat er aber nichts zu tun. Der ehemalige Konteradmiral der Marine – sozusagen ein General – übernahm in seinem Heimatland das Impfen. Heute ist Portugal Weltmeister mit einer Impfquote nahe der 90(!)-Prozent-Marke. Was in Österreich als komplizierter Doppelpass von Gesundheitsminister und Bundesländern organisiert wurde, war dort Sache des Militärs.
Deutscher Gesundheitsminister Lauterbach ist Mediziner
Rudolf Anschober war gelernter Lehrer, sein Nachfolger als Gesundheitsminister – Wolfgang Mückstein – ist praktischer Arzt gewesen. Das deutsche Gesundheitsministerium wird nach dem Bankkaufmann Jens Spahn nun von Karl Lauterbach geleitet. Der ist nicht bloß Arzt, sondern war Professor für Gesundheitsökonomie, Medizin und Gesellschaft an der Universität Köln. Bis vor Kurzem unterrichtete er sogar Gesundheitsmanagement an der Eliteuniversität Harvard in den USA.
Von dort kennen wir Anthony Fauci als medizinischen Experten, der den Chefberater von Präsident Biden macht. Nachdem er bereits zur Zeit von dessen Vorgänger Donald Trump im Kampf gegen das Coronavirus die Stimme der Vernunft war. In Schweden wiederum überlässt man die Pandemiebekämpfung überhaupt zur Gänze Nils Anders Tegnell, einem Arzt im öffentlichen Dienst.
In Schweden lässt Politik Staatsepidemiologen Tegnell in Ruhe
Tegnells Aufgabe ist bei uns am ehesten mit Katharina Reich vergleichbar, die seit Dezember 2020 im Ministerium als Generaldirektorin für die Öffentliche Gesundheit fungiert. Während allerdings Tegnell als „Staatsepidemiologe“ speziell in der Pandemiebekämpfung ausgebildet wurde, ist Reich Allgemeinmedizinerin und hat sich als Krankenhausmanagerin verdient gemacht. Und es gibt noch einen Unterschied: Tegnell wird bei seiner Arbeit von den Politikern in Ruhe gelassen.
Nicht nur in Portugal, sondern auch von Schweden bis nach Amerika ist die Impfquote klar höher als in Österreich. Soll man also das Krisenmanagement gegen die Pandemie sowie Impfkampagnen einem General, einem Mediziner, einem hohen Beamten oder einem Politiker überlassen? Die Wunderwuzzilösung wäre vielleicht das israelische Vorbild Salman Zarka, der sowohl Direktor eines Medizinzentrums als auch ehemaliger Militäroberst ist. Zusätzlich erweist er sich als guter Kommunikator.
Mückstein und Reich kommunizieren schlecht
Reichs erste Medienauftritte als Spitzenbeamtin etwa waren ehrgeizig, jedoch handwerklich und kommunikationsstrategisch schlecht. Was kein Vorwurf ist, denn sie hatte keine Erfahrung, wie man via Fernsehbildschirm mit Millionen Menschen spricht. Gesundheitsminister Mückstein kann das noch weniger. Am letzten Montag erlebten wir von ihm einen tragikomischen ORF-Auftritt, als er bei Armin Wolf in der „ZIB 2“ unzählige Male denselben Stehsatz wiederholte. Ohne irgendeinen Bezug zu den Interviewfragen.
Das Problem ist auch, dass Politiker über sehr schlechte Vertrauenswerte verfügen sowie im bisherigen Leben keine Manager waren. Ausgerechnet diese Berufsgruppe soll nun die Österreicher von der Impfung überzeugen und alles super organisieren? Da würde die Auslagerung an das Bundesheer mit einem sympathischen Ex-General des Typs Zarka durchaus Sinn machen.
Der Haken daran: Man müsste an so jemand auch die entsprechenden Kompetenzen abtreten. Neben fachlich guten Ideen und Vorschlägen braucht ein Krisenmanager auch die formale Zuständigkeit, Entscheidungen zu treffen, und einen Apparat zur Umsetzung solcher.
Da Macht abzugeben, das freilich fällt der Politik schwer.
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