Nicht nur für Tierfreunde ist es schwer zu verstehen, dass männliche Küken von Legerassen wie Abfall behandelt werden. Sie werden zu Millionen geschreddert oder vergast und am Tag ihrer Geburt als Sondermüll entsorgt. Das ist an sich schon fragwürdig, aber die Politik und Geflügelbranche scheinen sich immerhin um Verbesserungen hin zu mehr Tierwohl zu bemühen. Warum es eigentlich keine komplett befriedigende Lösung gibt und unsere Alternativen alle nicht „das Gelbe vom Ei“ sind, hat sich die „Krone Tierecke“ für Sie angesehen.
Welche Küken sind betroffen?
Die männlichen Tiere unter den Legehühnern sind für die Industrie wirtschaftlich wertlos, rund zehn Millionen Baby-Hähne werden jährlich in Österreich mit CO2 vergast. Wer in Österreich ein Ei mit Nummer 0 (Bio) kauft, sollte sich darauf verlassen können, dass der Bruderhahn der Henne mit aufgezogen wurde. Denn darauf hat sich die Branche geeinigt. Hier gilt es aber zu bedenken, dass ebendieser Bruderhahn doppelt so viel Futter verbraucht wie seine Schwester aus der Mastzucht, aber am Ende um die Hälfte weniger Gewicht hat. Für das Tierwohl gut - aber für Umwelt und Klima schlecht. Mastgeflügel ist nicht betroffen, hier werden beide Geschlechter groß gezogen.
Mehr Tierwohl gemeinsam mit unseren Bäuerinnen und Bauern ist unser Ziel!
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger
Spielt das Wie eine Rolle?
Für uns Menschen scheint der Gedanke an das Schreddern der Küken am schlimmsten zu sein, da blutig und brutal. Experten geben aber zu bedenken, dass die Tiere in einem Sekundenbruchteil ums Leben kommen. Geeinigt hat man sich nun auf den Tod durch Gas. Die Geschlechterbestimmung im Ei vor dem Schlüpfen ist noch nicht ausgereift genug, um eine Tötung ohne Schmerzen zu gewährleisten. Denn erst ab dem 13. Tag kann die Maschine nach Stand der Technik verlässlich sagen, ob es sich bei dem Embryo um ein Männchen oder Weibchen handeln wird. Das Schmerzempfinden setzt bei dem Küken im Ei aber bereits ab Tag 7 bis 9 ein - wer es kurz vor dem Schlüpfen zerstört, hat zwar eine verbesserte Optik erreicht, aber nichts für das Tierwohl.
Die Kennzahl am Ei
0 = ökologische Erzeugung (Bio)
1 = Freilandhaltung
2 = Bodenhaltung
3 = Käfighaltung (in Österreich verboten!)
Brauchen wir sie als Futtertiere?
Ja, tatsächlich, denn die Küken stellen für Zoos, Greifvogelstationen und die privat gehaltenen Exoten in Österreich eine unverzichtbare Nahrungsquelle dar. „Unserer Zootiere, darunter zahlreiche gefährdete Arten, können ernährungsphysiologisch auf Futterküken nicht verzichten,“ so DDr. Andreas Artmann, Präsident der Österreichischen Zoo Organisation (OZO). Mit einem gänzlichen Stopp des Tötens von Küken in Österreich hätten große Mengen an Futterküken aus dem europäischen Ausland importiert werden müssen. Es handelt sich immerhin um 44.000 Tiere pro Tag! Alternativ müssen Ratten und Mäuse extra gezüchtet worden - auch das kann nicht Sinn der Sache sein und macht für das Tierwohl keinen Unterschied.
Wie gut funktioniert die Früherkennung?
Seit mehreren Jahren laufen weltweit die Forschungen nach einer möglichst nach Brutbeginn ansetzenden Methode zur Früherkennung des Geschlechts im Brutei. In Zentraleuropa gibt es bis dato drei Verfahren: Ein hormonelles Bestimmungsverfahren und zwei spektroskopische Methoden mit Licht. Ein solches Testgerät war in Österreich im Probebetrieb und zeigte sich laut Geflügelwirtschaft als theoretisch taugliche Option. In der Branchenvereinbarung ist man sich allerdings einig, einem Verfahren den Vorzug zu geben, dass das Geschlecht möglichst vor dem Einsetzen des Schmerzempfindens feststellt. Dieses Ziel wurde bisher aber noch nicht erreicht.
In der Landwirtschaft hat sich gezeigt: Wenn man gewisse Praktiken einfach verbietet, verschiebt sich die Problematik ins Ausland oder Betriebe siedeln sich grenznah an.
Hannes Royer, "Land schafft Leben"
Das Ei - ein wertvolles Lebensmittel?
Das Ei enthält alles, was ein Küken braucht, um sich zu entwickeln. Das sind zahlreiche Nährstoffe, darunter hochwertige Proteine und mehrere Aminosäuren. Eier sind zudem reich an Vitaminen und Eisen. Für viele Menschen gehören sie daher zum fixen Bestandteil am Speiseplan. Aufpassen muss man mit dem Cholesterin - und es sollte auch klar sein, dass ein unbefruchtetes Ei quasi das Mentruationsprodukt der Henne ist. Wer klar „Nein“ zum Töten von Küken, der Haltung von sogenannten Nutztieren generell und „Ja“ zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit sagen will, für den bleibt nur der Veganismus als Alternative. Es gibt zahlreiche beliebte Ei-Ersatzprodukte am Markt.
Liegt die Zukunft in Zweinutzungsrassen?
Viele Tierschützer sehen den kompletten Umstieg auf sogenannte Zweinutzungsrassen als optimale Lösung an. Hühner, die nicht rein ausschließlich entweder zur Fleischnutzung oder zur Eierproduktion gezüchtet werden, sind sogenannte Zweinutzungsrassen. Letztlich verliefen sich diese Versuche aber im Sand, weil sich die kombinierte Lege- und Fleischleistung der Hühner als ökonomisch nicht machbar für die Produktion im großen Stil herausstellte. Der Konsument müsste also bereit sein, im Supermarkt entsprechend hohe Preise sowohl für das Fleisch, als auch für die Eier zu bezahlen.
Mit der Rückkehr zu Zweinutzungsrassen entsteht das ethische Problem der Auslese gar nicht, und männliche Küken werden nicht zum Abfallprodukt.
Eva Rosenberg, Direktorin "Vier Pfoten"
Wir können uns als Tierschützer zwar für mehr Tierwohl einsetzen, aber am Ende entscheiden Sie als Konsument!
„Krone“-Tierexpertin Maggie Entenfellner
Was kann der Konsument tun?
Bio ist sicherlich immer die bessere Wahl. Greifen Sie beim täglichen Einkauf im Supermarkt bewusst zu den hochwertigeren Produkten und essen Sie dafür lieber weniger oft Fleisch und Eier. Eine „Geiz ist geil!“-Mentalität ist nicht angebracht, denn wenn wir nicht mehr Geld ausgeben, dann können wir auch nicht erwarten, dass sich die Haltung verbessert. Eine echte komplett Tierleid-freie Alternative ist der gänzliche Verzicht auf alle Lebensmittel tierischen Ursprunges, also eine vegane Ernährung.
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