Ein Land, zwei Welten - am Mittwoch wurde Linz zum Brennglas der Spaltung, die durch Oberösterreich geht. Auf der einen Seite das Klinikpersonal, das am Rande der Belastungsgrenze steht und still um Aufmerksamkeit bat, auf der anderen Seite die Corona-Maßnahmengegner, die über Stunden quer durch die Stadt zogen.
Vor dem Spital der Barmherzigen Brüder stand ein Christbaum mit Wunschzetteln der Belegschaft: „Mehr Respekt“, „Runter mit der Arbeitszeit“, „Arbeiten wie ausgemacht“: „Wir sind da, weil die Politik versagt hat“, sagte dazu Betriebsratschef Erwin Deicker. Durch Corona werden die Folgen der Sparpolitik erst so richtig sichtbar. Da standen rund 200 Angestellte – unterstützt von Dutzenden Pappkameraden – und baten still und mit FFP2-Masken geschützt um bessere Arbeitsbedingungen. Zwei Polizisten waren auch da – nicht, weil man sich vor Ärzten und Pflegepersonal fürchtete, sondern weil medizinisches Personal auch schon ins Visier von Corona-Maßnahmengegnern gekommen ist und sich zeitgleich am Hauptplatz eine Demo dieser Fraktion formierte.
Wir machen keine Gegen-Demo zur Corona-Kundgebung. Es geht darum, für das Spitalspersonal die Bedingungen zu verbessern.
Erwin Deicker, Betriebsrat Ordensklinikum
Angeführt von 13 Traktoren, ging’s über die Nibelungenbrücke durch Urfahr, dann retour und quer durch Linz bis zum Landesdienstleistungszentrum. „Kein Impfzwang“ wurde skandiert – und „sie werden verlieren“. Ein Großaufgebot der Polizei hielt den Zug auf der ausgemachten Route, der große Verkehrs-Kollapps blieb aus. Der Polizei-Bus mit der Leucht-Aufschrift „Maskenpflicht“ wurde ignoriert, von den 3800 Teilnehmern trug kaum einer einen Mund-Nasen-Schutz, und der Einpeitscher rief zum Runtergeben auf: „Wir sind so viele, sie können uns nicht strafen.“
Die allermeisten Zaungäste zückten die Handys, filmten. Einige klatschten, das Gros schüttelte den Kopf. „Mein Bus kommt deshalb 20 Minuten zu spät“, ärgerte sich Clara aus Freistadt, die in Urfahr bei der Haltestelle saß, und: „Ich verstehe es, wenn Leute demonstrieren, aber muss es immer zur Hauptverkehrszeit und mitten auf der Straße sein?“
Meinungsfreiheit ist ein unbestrittenes Gut des Rechtsstaates. Aber das wiederholte Lahmlegen des Verkehrs überschreitet die Grenze üblicher Proteste.
Klaus Luger, Bürgermeister von Linz
„Übergriffe nicht tragbar“
In Linz blieb die Demo – bis auf verbale Übergriffe vor Regierungssitz und Medienhäusern – friedlich. In Braunau war nach einer Corona-Kundgebung eine Volkshilfe-Pflegerin (48) von Demonstranten beschimpft und mit Kaffee angeschüttet worden. „Übergriffe im Umfeld von Demonstrationen sind nicht tragbar.Wir werden nicht zulassen, dass Menschen bedrängt und attackiert werden“, so LH Thomas Stelzer.
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