Weit mehr Kerzen bzw. Smartphone-Taschenlampen als jene 13.400 Menschen, die in Österreich bisher nach einer Corona-Infektion gestorben waren, konnte man am Sonntagabend am Wiener Ring sehen. Ein friedliches und stilles Zeichen wollten die Initiatoren von #YesWeCare zeigen. Und das ist ihnen und den laut Polizei mehr als 30.000 Teilnehmern gelungen. Zehn Minuten lang war die Ringstraße besetzt. Nach getaner Arbeit gab es Applaus für die gelungene Aktion. Anschließend begann sich die Versammlung wieder aufzulösen.
Schon kurz nach 18 Uhr hatten sich zahlreiche Menschen entlang des Rings eingefunden. Dieser wurde um 18.45 für den Autoverkehr gesperrt. Der Aufforderung der Ordner, nun auf die Fahrbahn zu treten, wurde anfangs von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern - darunter auch zahlreiche Familien mit Kindern - nur zögerlich befolgt. Neben den Menschen vor Ort nahmen viele Österreicher virtuell teil, indem sie Bilder von leuchtenden Kerzen auf Fensterbänken in den sozialen Medien posteten.
Breite Unterstützung kam auch aus der Politik. So teilte Bundespräsident Alexander Van der Bellen ein Bild von einer brennenden Kerze in seinem Twitter-Profil.
Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig meldete sich mit folgenden Worten zur Aktion: „Ganz Wien steht für den sozialen Zusammenhalt und das respektvolle Miteinander.“ SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, Ex-Bürgermeister Michael Häupl und die NEOS-Abgeordneten Stephanie Krisper und Helmut Brandstätter begaben sich persönlich zum Kundgebungsort.
Beeindruckendes Bild vom Polizeihubschrauber
Die Landespolizeidirektion Wien hat kurz nach Beginn des Lichtermeeres ein Bild aus einem der Polizeihubschrauber veröffentlicht. Er zeigt die Aufnahmen aus der Wärmebildkamera des Hubschraubers und damit den hellen, „warmen“ Ring. Wie ein Sprecher der Polizei auf APA-Anfrage betonte, sei die Teilnehmerzahl relativ schwer zu schätzen - da der Ring unterschiedlich gut besucht war. Sehr viele Menschen haben sich etwa bei der Oper oder beim Rathaus eingefunden. Spärlicher besetzt war die Straße am Kai. Es dürften sich aber jedenfalls mehr als 30.000 Menschen beteiligt haben, hieß es.
Kanzlersprecher Daniel Kosak hatte auf Twitter ebenfalls eine Kerze parat. Kardinal Christoph Schönborn entzündete im Erzbischöflichen Palais eine Kerze.
Besonders viel Applaus erhielt die Wiener Staatsoper, die sich mit einer Lichtinstallation an der Aktion beteiligte (siehe Tweet unten).
#YesWeCare prangte auch in vielen anderen Twitter-Profilen:
„Frustposting“ brachte Stein ins Rollen
Man verstehe sich aber nicht als „Gegendemo“ zu den Corona-Kundgebungen der vergangenen Wochen, hatten die Initiatoren zuletzt betont. Ihren Ausgang nahm die Initiative mit einem „Frustposting von mir auf Twitter“, so der Innsbrucker Roman Scamoni bei einem Pressetermin. „Ich habe gemerkt: Die Polarisierung in der Gesellschaft macht auch was mit mir - und zwar nix Gutes.“ Daher habe er geschrieben, warum es eigentlich kein Zeichen des Miteinanders und des Gedenkens an die Verstorbenen gebe. Darauf habe sich Daniel Landau aus Wien gemeldet, und die Sache sei ins Laufen gekommen.
„Wir verstehen uns nicht als Gegendemo zu dem, was an den Samstagen und den anderen Tagen passiert“, meinte Scamoni. „Wir wollen uns mit denen nicht messen, wollen nicht mehr sein als die anderen oder lauter oder wichtiger. Wir wollen einfach da sein, wir wollen zusammenkommen, miteinander Kerzen anzünden.“ Bei der Veranstaltung galt die 3G-Regel. Es wurde auch ausdrücklich um das Tragen einer Maske und das Einhalten von Abständen ersucht.
Die Aktion hätte ursprünglich schon am späten Nachmittag stattfinden sollen. Aus Rücksicht auf den Handel - die Geschäfte durften am heutigen vierten Adventsonntag öffnen - wurde sie um zwei Stunden verschoben. Am Samstag hatten Maßnahmenkritiker diese Rücksicht nicht walten lassen. Teilnehmer einer von der Partei MFG organisierten Kundgebung hatten Polizeisperren durchbrochen und waren unter anderem über die Mariahilfer Straße gezogen.
Lichterkette am Bodensee
Auch in Vorarlberg wurden an mehreren Orten - unter anderem am Bodensee - Lichterketten gebildet. Um die 600 Teilnehmer will die Polizei gezählt haben. Wenige Stunden zuvor marschierten etwa 1500 Maßnahmengegner durch Bregenz. Hier kam es zu drei Festnahmen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.