Migranten drangsaliert

Amnesty: Neue Beweise für Gewalt an Belarus-Grenze

Ausland
20.12.2021 08:15

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat neue Beweise für Gewalt und Menschenrechtsverletzungen gegen Flüchtlinge an der belarussisch-polnischen Grenze gesammelt. Für einen am Montag vorgestellten Bericht sprach Amnesty mit 75 Menschen, die zwischen Juli und November 2021 mit dem Versprechen der Weiterreise in die EU nach Belarus gelockt worden sein sollen. Erwachsene und Kinder sollen laut Zeugen von belarussischen Sicherheitskräften drangsaliert worden sein.

Aus Aussagen geht hervor, dass sie mit Stöcken und Gewehrkolben geschlagen und mit Wachhunden bedroht worden seien. Sowohl belarussische als auch polnische Sicherheitskräfte hätten die Menschen gezwungen, die Grenze wiederholt und unter gefährlichen Bedingungen zu überqueren.

Hunde auf Migranten gehetzt
Ein syrischer Mann berichtete der Organisation, wie er mit 80 weiteren Menschen in einem Militärlastwagen zur Grenze gefahren wurde. Sie seien von etwa zehn belarussischen Soldaten mit Hunden abgeladen worden. „Sie sagten, sie würden die Hunde loslassen, und wenn wir nicht schnell rennen würden, würden wir gebissen werden“, so der Syrer laut Amnesty.

Zitat Icon

Die Soldaten rannten hinter uns her und schlugen jeden, der nicht schnell genug rannte, mit Schlagstöcken.

Ein Betroffener über die Szenen im Grenzgebiet

„Die Soldaten rannten hinter uns her und schlugen jeden, der nicht schnell genug rannte, mit Schlagstöcken.“ Die Flüchtlinge seien dann von den Soldaten im Grenzgebiet zurückgelassen worden. Manche hätten blutende Wunden gehabt, weil die Hunde sie gebissen hätten, berichtete der Mann weiter.

Menschen ohne Nahrung und Unterkunft
Sobald die Menschen die Grenzlager erreicht hätten, durften sie diese nicht mehr verlassen, so Amnesty. Tagelang seien die Flüchtlinge dort ohne Nahrung oder mit minimalen Mengen an Wasser oder Brot zurückgelassen worden und hätten keine Unterkunft oder sanitäre Einrichtungen vorgefunden. Mehrere Zeugen berichteten Amnesty International, dass sie die „Sammelstellen“ und den Grenzstreifen nur nach Zahlung von Bestechungsgeldern verlassen durften.

„Schockierende Brutalität“
Die meisten, die es über den Grenzzaun nach Polen schafften, wurden sofort von polnischen Soldaten aufgegriffen und nach einigen hundert Metern zurückgedrängt. „Die Menschen an der polnisch-belarussischen Grenze sitzen in der Falle skrupelloser Machtpolitiker und werden dabei wiederholt Opfer von schweren Menschenrechtsverletzungen durch belarussische wie polnische Behörden“, kritisierte Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.

Zitat Icon

Belarussische Sicherheitskräfte gehen weiter mit schockierender Brutalität gegen die vor, während Polen seine Schutzpflicht und die Genfer Flüchtlingskonvention weiter verletzt.

Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland

Die Menschen litten unter Hunger und Kälte und bräuchten Hilfe. „Stattdessen gehen belarussische Sicherheitskräfte weiter mit schockierender Brutalität gegen sie vor, während Polen seine Schutzpflicht und die Genfer Flüchtlingskonvention weiter verletzt“, erklärte Beeko. Er forderte von Polen die Einstellung der illegalen Zurückweisungen - sogenannter Pushbacks - und Hilfe für die Menschen vor Ort.

Tausende Migranten drängten in die EU
Wegen des Andrangs von Migranten aus Belarus hat Polen seit dem Sommer Zehntausende Soldaten an der Grenze im Einsatz. Seit Jahresbeginn kamen Tausende Migranten - viele von ihnen aus dem Nahen Osten - über Belarus an die EU-Außengrenzen zu Polen, Litauen und Lettland. Dort müssen viele Flüchtlinge unter erbärmlichen Bedingungen campieren, weil sie von den EU-Staaten abgewiesen werden.

Die EU wirft dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, Migranten gezielt an die EU-Außengrenzen zu schleusen, um Druck auszuüben und damit Vergeltung für EU-Sanktionen zu üben. Minsk weist die Vorwürfe zurück.

 krone.at
krone.at
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele