Alexandra Reinwarth:

„Tradition ist Gruppenzwang, nur von Toten“

Nachrichten
24.12.2021 07:55

Oh du Fröhliche ...? Weihnachten sollte die friedlichste und harmonischste Zeit des Jahres sein. Doch in vielen Familien entzünden sich zugleich mit den Kerzen am Christbaum auch die Konflikte - und es wird gestritten, was das Zeug hält. Wie Sie das vermeiden können - und Frieden beim Weihnachtsessen im Kreise der Verwandtschaft herrscht, erfahren Sie hier. Denn Bestsellerautorin Alexandra Reinwarth („Am Arsch vorbei geht auch ein Weg“) verrät uns im Interview viele kleine, aber effektive, Kniffe, wie Harmonie zum Fest kein Wunschtraum bleibt - eine schöne Bescherung! 

Bestsellerautorin Alexandra Reinwarth hat für alle krone.at-Leser zahlreiche Tipps, wie das Weihnachtsfest im Familienkreis harmonisch, konfliktfrei oder zumindest entspannter wird. Tipp: HIER finden Sie zahlreiche weitere Tipps!

Alexandra Reinwarth (Bild: Alexandra Reinwarth)
Alexandra Reinwarth

krone.at: Liebe Frau Reinwarth, gehen Sie davon aus, dass die Corona-Situation zu Weihnachten für noch mehr Konfliktpotenzial führt? Wie gehe ich mit eventuellen Impf-Debatten um?
Alexandra Reinwarth: Wenn man nicht zu 100 Prozent auf einer Linie liegt, dann ist das wohl so. Und es kommt ja immer auch das Thema darauf, auch wenn es allen schon zu den Ohren rauskommt. Das lässt sich aber umgehen, wenn man zu Beginn des Abends oder im Vorfeld herzlich bekannt macht, dass dies ein Abend ohne Corona-Gespräche werden soll.

Immer gibt es zu Weihnachten jemanden, dem das Essen nicht schmeckt. Wie löse ich diesen Konflikt, soll ich gar zwei Menüs auftischen?
So weit kommt es noch! Wer den Aufwand des Kochens (und Saubermachens der Küche) betreibt, dem oder der ist mit maximaler Liebenswürdigkeit zu begegnen. Wir haben zum Beispiel eine strikte Veganerin am Tisch, die zum Fleisch-Fondue eben ihre Falafel mitbringt. Ganz ohne Drama. Dafür bekommt sie auch einen extra Topf, um sie zu frittieren.

Zu Weihnachten treffen sich Familienmitglieder, die sich räumlich/Lebensstil-technisch über die Jahre auseinandergelebt haben. Wie besinnt man sich aufs Gemeinsame und überwindet Trennendes? Wie lassen sich Konflikte um immer die gleichen Themen vermeiden?
Die meisten machen das instinktiv vollkommen richtig: Man erinnert sich gemeinsam an Vergangenes - die guten Dinge, wohlgemerkt. „Weißt du noch, als …“, und schon schwelgt man gemeinsam in lustigen Anekdoten. Geschenkt, dass sich diese bei solchen Gelegenheiten gern mal wiederholen.

(Bild: ©studioprodakshn - stock.adobe.com)

Welche Tipps haben Sie für Patchworkfamilien? Was tun, wenn die Schwiegermutter bei uns feiern will?
Ich forme selbst eine Patchworkfamilie, inklusive diverser Schwiegermütter, Ex-Schwagern, Wahlfamilie und neuen Partnern aller Beteiligten. Wenn man sich wohlgesonnen ist, ist das doch ganz wunderbar. Je größer der Tisch, desto netter. (Und je größer der Tisch, desto weniger fällt die eine oder andere Person ins Gewicht, die man jetzt nur mittelspannend findet). Ist da allerdings ein Zonk dabei, greift automatisch Regel 1: Unter keinen Umständen muss ich die Person einladen, die jedes Jahr für Streit sorgt - da ist dann auch der Verwandtschaftsgrad egal.

Oma und Opa wollen, dass wir Weihnachten mit den Enkeln bei ihnen feiern - wie bringen wir ihnen bei, dass wir lieber alleine feiern wollen? 
Wenn man da Bammel davor hat, spricht man das am besten auch gleich an: „Ich habe Angst, dass ihr euch zurückgesetzt fühlt oder mir sauer seid, denn ich liebe euch sehr, aber ich würde gerne dieses Jahr ...“. Trotzdem steht es Oma und Opa natürlich zu, ihr Missfallen auszudrücken, das muss drin sein.

Zu Weihnachten soll immer alles perfekt sein - wie kann man sich von diesem Perfektionsdrang lösen?
Jemand Schlaues hat mal gesagt: Tradition ist Gruppenzwang, nur von Toten. Das klingt brutal, aber wenn man sich von etwas lösen möchte, das einen stresst, ist der Blickwinkel ganz hilfreich.

Mein Partner und ich haben vereinbart, dass wir uns nichts schenken. Nun hat er/sie mir aber doch etwas geschenkt - ich ihm/ihr aber nicht bzw. etwas weit weniger Wertvolles. Wie verhalte ich mich?
Auch hier gilt es, den Geist anzusprechen, der in der Luft liegt: „Oh nein, das ist mir jetzt aber unangenehm, denn ...“. Dann wird man verstanden (und beruhigt).

(Bild: ©MNStudio - stock.adobe.com)

Welche SOS-Tipps haben Sie für unsere Leser, falls man - trotz aller Bemühungen - doch die Fassung zu verlieren droht?
1. Gehen Sie auf die Toilette, atmen Sie tief durch. 2. Rufen Sie sich in Erinnerung: Der Weihnachtsabend ist nicht der Tag, an dem Konflikte gelöst und Entscheidungen getroffen werden. Morgen ist auch noch ein Tag. 3. Machen Sie es wie Tante Gertrude: Haben Sie immer den Mariacron (Weinbrand, Anm.) in der Hand.

Nach den Feiertagen: Wie grenze ich mich von der Familienzusammenkunft ab und grenze mich wieder ab?
Wenn es tatsächlich nötig ist, das zu kommunizieren, betonen Sie, wie schön die gemeinsame Zeit war und holen Sie Ihr Gegenüber ins Boot, indem Sie davon ausgehen, dass er oder sie sich jetzt bestimmt auch auf eine Zeit ohne gesellschaftliche Ereignisse freut.

Alexandra Reinwarth ist Bestsellerautorin und hat zahlreiche erfolgreiche Bücher geschrieben, darunter Am Arsch vorbei geht auch ein Weg und Das Leben ist zu kurz für später" sowie die Reihe Was ich an dir liebe". Sie lebt mit ihrem Sohn, Hund und Katze in Valencia und isst gerne Meeresfrüchte.

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