„Kein Game-Changer“

Trotz Medikament bleibt die Impfung das A und O

Wissenschaft
23.12.2021 16:03

Nach der Zulassung des Corona-Medikaments Paxlovid des Pharmaunternehmens Pfizer in den USA sind die einfach zu handhabenden Tabletten wohl auch bald in Österreich im Anrollen. Das Mittel der Wahl wird dabei laut Experten-Einschätzung jedoch nach wie vor eine Impfung sein. Unter anderem, da die Verfügbarkeit der Medikamente zu Beginn extrem beschränkt sein werde.

„Das Wichtigste ist immer die Impfung. Danach kommt lange nichts, dann wieder nichts - und dann erst Medikamente“, sagte der Wiener Infektiologe Florian Thalhammer (MedUni Wien/AKH) im Rahmen eines Round-Table-Gesprächs der Allgemeinmedizin-Initiative AM Plus in Wien. Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin der AGES-Medizinmarktaufsicht, erklärte dazu im gleichen Sinn: „Alle diese Medikamente sind keine Game-Changer.“

Warten auf Zulassung in der EU
Einen Fortschritt stellten die neuen Arzneimittel trotzdem dar: Es handelt sich um das in Großbritannien bereits zugelassene und schon in nächster Zukunft auch in Österreich in sehr beschränktem Ausmaß in einem Spezialprogramm zur Verfügung stehende Molnupiravir (Merck, Sharp und Dohme) sowie Paxlovid.

Die Corona-Tablette Paxlovid (Bild: APA/AFP/Pfizer/Handout)
Die Corona-Tablette Paxlovid

Beide Therapien befinden sich bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA in Begutachtung. Im Gegensatz zu monoklonalen Antikörpern, die vor allem in Kliniken eingesetzt werden, sind sie für die Verwendung außerhalb von Krankenhäusern vorgesehen. Schwangere und Kinder kommen für diese Therapien nicht infrage. Es können auch schwere Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auftreten.

Tabletten hemmen Virusausbreitung
Die Wirkungsmechanismen: Molnupiravir wirkt, indem es mit SARS-CoV-2-infizierten Zellen, die neue Partikel produzieren, falsche RNA-Bausteine unterjubelt und so einen rasanten Anstieg der Viruslast im Körper verhindert. Der Vorteil: Bei beiden Arzneimitteln handelt es sich um künstlich produzierbare Wirkstoffe. Sie werden zur oralen Einnahme zur Verfügung stehen. Diese erfolgt über fünf Tage hinweg.

Schwere Verläufe ausgebremst?
Doch es gibt zahlreiche Einschränkungen: Die vor wenigen Tagen im New England Journal of Medicine publizierte Phase-III-Studie zu Wirksamkeit und Verträglichkeit von Molnupiravir zeigte eine 30-prozentige Reduktion der Häufigkeit von Spitalsaufnahmen und Todesfällen bei Covid-19-Patienten mit anfänglich mildem bis moderatem Krankheitsverlauf und zumindest einem Risikofaktor (Alter über 60, Adipositas, chronische Nierenerkrankung, Diabetes, Krebs etc.).

Es zeigte sich ohne Zweifel ein signifikanter Effekt, doch „Wundermittel“ ist Molnupiravir keines. Paxlovid kann hingegen nach den bisher vorliegenden Daten das Risiko eines schweren Verlaufs oder an Covid-19 zu sterben, um bis zu 89 Prozent reduzieren.

Die Produktion der Medikamente muss erst richtig anlaufen. (Bild: AFP/Pfizer)
Die Produktion der Medikamente muss erst richtig anlaufen.

Zentrale Verteilung notwendig
Bis die Medikamente in großem Stil eingesetzt werden können, dürfte es noch dauern. Die Produktionsmengen werden zu Beginn viel zu gering sein, um sie frei verschreibbar und verfügbar zu machen. Das bedeutet, dass in Österreich ein System zur Anwendung kommen wird, das bereits bei dem ehemals ebenso knappen Remdesvir bzw. anderen ersten Covid-19-Therapien benutzt wurde: In jedem Bundesland fungiert eine Spitalsapotheke als zentrale Covid-19-Apotheke - diese übernimmt dann die Verteilung der Medikamente.

Die wesentlichste erste Voraussetzung für den Einsatz: eine labormäßig dokumentierte akute SARS-CoV-Infektion. „Je früher die Arzneimittel dann eingenommen werden, desto besser“, betonte Thalhammer. Ähnlich wie bei den spezifisch wirkenden Influenza-Medikamenten geht man am ehesten von einer Einnahme binnen am besten zwei bis drei Tagen nach Auftreten von Symptomen aus.

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