AMS-Chef im Interview

Über Corona-Pandemie, Gesundheit und sichere Jobs

Niederösterreich
27.12.2021 09:00
Wie stehen denn die Jobaussichten im kommenden Jahr in Niederösterreich? Die „Krone“ bat Arbeitsmarktservice-Geschäftsführer Sven Hergovich knapp vor Jahresende zum Interview. Er zog (positive) Bilanz und warnte vor zu einfachen Berechnungen, wie die Arbeitslosigkeit reduziert werden kann

Sehr geehrter Herr Geschäftsführer Hergovich! Wie steht es denn um die Jobsituation im Land? Und wie ist, rund um den Jahreswechsel, der allgemeine Ausblick?

 Trotz einsetzender Saisonarbeitslosigkeit und Lockdown haben wir in Niederösterreich derzeit eine günstige Entwicklung: Die Arbeitslosigkeit liegt unter dem Niveau des vergangenen Jahres und zuletzt mit einem Minus von 9,3% sogar unter dem Vorkrisenniveau von 2019. Im Jahresdurchschnitt rechnen wir mit einer Arbeitslosenquote von 7,6 Prozent. Mit diesem Ergebnis liegt Niederösterreich so klar wie noch nie zuvor unter dem bundesweiten Schnitt (von voraussichtlich 8,2 Prozent). Mit einem anhaltend kräftigen Wirtschaftswachstum gehen wir davon aus, dass die Unternehmen weiterhin dringend Arbeitskräfte brauchen. Die Arbeitslosigkeit wird damit auch im Jahr 2022 sinken, und der niederösterreichische Arbeitsmarkt kann sich besser entwickeln als der gesamtösterreichische Arbeitsmarkt. Diese Einschätzung ist allerdings nur so lange haltbar, solange die Pandemie nicht weitreichende Einschränkungen notwendig macht, die sich dann wieder dämpfend auswirken. Das müssen wir noch abwarten.

Die Arbeitslosenzahlen sind derzeit trotz Corona-Wellen sehr niedrig. Was ist da der Schlüssel des Erfolges?

 Der Betreuungsschlüssel AMS-Berater zu Jobsuchenden macht den Erfolg aus. Das heißt: Je weniger Arbeitsuchende ein Berater oder eine Beraterin zu betreuen hat, desto höher ist die Zahl der Beschäftigungsaufnahmen. Mit organisatorischen Veränderungen konnten wir in diesem Jahr 27 AMS-Vollzeitarbeitsplätze im Beratungs- und Vermittlungsservice zusätzlich schaffen, ohne zusätzliches Personal aufzunehmen. Auf diese Weise konnte das Niederösterreich-Team des AMS heuer 770.000 Vermittlungsvorschläge ausgeben. 78.000 vormals arbeitslose Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher konnten 2021 wieder Arbeit finden.

Stimmt die immer wieder aufgestellte einfache Rechnung: Wenn 16.300 Arbeitsplätze frei sind (zuletzt im November), kann exakt diese Anzahl an Arbeitslosen doch sofort zu arbeiten beginnen? 

 Leider passen nicht alle Arbeitssuchenden zu allen offenen Stellen. Wir müssen daher dafür sorgen, dass auch jene eine Chance bekommen, die für Personalsuchende auf den ersten Blick nicht infrage kommen, weil sie zu wenig Berufserfahrung oder gesundheitliche Probleme haben oder die Ausbildung nicht hundertprozentig passt. Denn: Jeder weitere Tag in Arbeitslosigkeit mindert die Chance auf einen raschen Wiedereinstieg. Daher ist es so wichtig, Jobsuchende vom ersten Tag an intensiv zu beraten und rasch zu vermitteln.

Was passiert mit dem Arbeitsmarkt, wenn es im Jänner einen weiteren Lockdown geben sollte?

 Je weniger Menschen am Beginn eines Lockdowns arbeitslos sind, desto niedriger ist die Zahl der Jobsuchenden nach den Beschränkungen. Die Kurzarbeit ist eine zentrale Maßnahme, um den Arbeitsmarkt zu entlasten. Wir müssen leider davon ausgehen, dass nach jeder Arbeitsmarktkrise die Zahl der Langzeitarbeitslosen steigt. Der Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit ist und bleibt der Fokus des AMS-NÖ auch im kommenden Jahr.

Gibt es auch Arbeitsplatzsegmente, die durch die Corona-Krise sogar positiv beeinflusst werden? Logistiker beispielsweise – oder auch Mitarbeiter in Testzentren und viele mehr. Sind diese Jobs nachhaltig?

 Die satte Mehrheit des Zugangs an freien Stellen im letzten Jahr entfällt auf den Dienstleistungssektor mit in Summe 18.600 Stellen. Großen Stellenzugang verzeichnen wir auch in der Produktion, hier vor allem bei der Metallwarenerzeugung. Es gibt also Branchen, die mit der Corona-Krise gewachsen sind, wie der Bereich „Gesundheit und Pflege“ und andere, die verloren haben, wie die Nachgastronomie. Das AMS hat sich darauf eingestellt, indem wir unsere Aus- und Weiterbildungsangebote in Zukunftsberufen wie im Gesundheitsbereich, in der Technik sowie im Bereich Klimaschutz ausgebaut haben.

Was wünschen Sie sich als AMS-Niederösterreich-Chef für das Jahr 2022?

 Um die Folgen der Corona-Pandemie wirkungsvoll bekämpfen zu können, brauchen wir Man- und Woman-Power in der personalintensiven Beratung und Betreuung von Jobsuchenden und Unternehmen. Wir, damit meine ich Landesregierung, Sozialpartner und AMS, ziehen in Arbeitsmarkt-Fragen in Niederösterreich gemeinsam an einem Strang. Wir werden unseren Beitrag leisten, damit das auch 2022 so bleibt!

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