Nach Österreich zugewanderte Menschen gehen im Vergleich zum Rest der Bevölkerung wesentlich weniger zu Ärzten, wie eine Studie der Gesundheitsökonomin Maria Hofmarcher zeigt. Neben der anderen Altersstruktur sind dafür auch sprachliche Hürden verantwortlich. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie sei es nun notwendig, die Ungleichheit im Gesundheitswesen zu reduzieren, so die Ökonomin.
In Österreich leben rund zwei Millionen Menschen mit Migrationshintergrund - das entspricht einem Bevölkerungsanteil von etwa 24 Prozent. Migrantinnen und Migranten sind jedoch nur mit 19 Prozent an den Gesundheitsausgaben im Land verantwortlich, wie das Ö1-„Morgenjournal“ am Dienstag berichtete.
Oft Fehl- oder Unterversorgung
Eine wesentliche Erklärung dafür lässt sich mit der deutlich jüngeren Altersstruktur von Zugewanderten erklären, „wir sehen aber gleichzeitig, dass sich die Versorgung verbessern muss, weil es entweder Fehlversorgung oder Unterversorgung gibt“, erklärte Hofmarcher, die die Daten dazu in einer aktuellen Studie erhoben hatte.
Jahrzehntelange Versäumnisse
Besonders schwierig sei die Situation dabei für große Teile der türkischstämmigen Einwohner - fast die Hälfte fühlte sich laut Studie zufolge psychisch oder körperlich belastet - es ist dabei die einzige Gruppe, die vergleichsweise mehr medizinische Hilfe in Anspruch nimmt und auch mehr Medikamente einnimmt. Laut Hofmarcher ist das eine Folge jahrzehntelanger Versäumnisse in der Integration dieser Menschen, aber auch des Gesundheitssystems an sich.
Das österreichische Gesundheitssystem zeichne sich zwar dadurch aus, dass Menschen, die Hilfe bei der Kassenmedizin suchen, diese auch recht niederschwellig betreten können, dort werden die Menschen jedoch „rasch, rasch abgehandelt“, so Hofmarcher. Das liege vor allem daran, dass das System eben auch so aufgebaut sei, dass die Ärzte mit Blick auf die Honorare nur wenig Zeit hätten.
Informationsfluss mit Hindernissen
Um Verbesserungen in die Wege zu leiten, müsse man vor allem bei Frauen anknüpfen. So schätzen diese laut Studie ihren Gesundheitszustand häufig schlechter ein als Männer und viele wüssten etwa gar nicht, dass es zum Beispiel Vorsorgeuntersuchungen gibt. Da oft ihre Männer entsprechende Arzttermine ausmachen, dringen entsprechende Informationen immer wieder nicht weiter.
Ungleichheiten sollen behoben werden
Julia Rothbauer vom Integrationsfonds will Frauen daher künftig auch in ihren Erstsprachen ansprechen und informieren. Man wolle jedenfalls die Fehler, die bisher bei den sogenannten Gastarbeiterfamilien gemacht wurden, bei den künftig in Österreich ankommenden Menschen nicht wiederholen, so Hofmarcher.
„Wir müssen wirklich alle Kräfte bündeln und investieren“ - sie fordert daher neben besseren Präventionsmaßnahmen auch Lockerungen bei Kassenärztinnen und -ärzten. Dies sei gerade in Zeiten einer Pandemie besonders wichtig.
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