„Wenn alle Frauen, die Teilzeit beschäftigt sind, nur ein paar Stunden mehr arbeiten würden, hätten wir kein Arbeitskräfteproblem mehr.“ Dieser viel kritisierte Satz von Arbeitsminister Martin Kocher hat eine neue Debatte im Land der Teilzeitjobs angefacht. Klar ist: Eine einfache Lösung gibt es nicht.
Die Diskussion über die Teilzeit ist nicht neu, auch Arbeitsminister Martin Kocher hat das Thema schon länger auf seiner Agenda. Gegen die heftige Kritik, die nun über ihn hereinbricht, wehrt er sich. Manchmal finde er die Debatte in Österreich nicht ganz einfach, so Kocher auf Twitter. Seine Aussagen seien wertfrei und eine Tatsachenfeststellung gewesen, meint der Minister. Gegenüber der „Krone“ betont er: Natürlich brauche es ein entsprechendes Kinderbetreuungsangebot.
Verantwortung der Bundesländer
Dieses ist Ländersache. Laut einer von der Industriellenvereinigung unterstützten Studie bräuchte es rund 1,6 Milliarden Euro jährlich, um eine flächendeckende Kinderbetreuung gewährleisten zu können. SPÖ-Gemeindesprecher Andreas Kollross will an einem Modell für einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung arbeiten, finanziert vom Bund.
Arbeiten wir gemeinsam an einem Modell für einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, welches wir 2022 auf den Weg bringen und rasch umsetzen.
In einem offenen Brief wendet sich SPÖ-Gemeindesprecher Andreas Kollross an Arbeitsminister Martin Kocher.
Teilzeit oft unfreiwillig
Die fehlende Kinderbetreuung ist nur ein Grund für die hohe Teilzeitquote bei Frauen. Weitere Anlässe sind die Pflege Angehöriger, veraltete Rollenbilder (Frauen leisten pro Woche elf Stunden mehr unbezahlte Arbeit als Männer) oder fehlende Angebote für Vollzeittätigkeiten. Aber natürlich sind manche Teilzeitjobs auch freiwillig gewählt, und Expertinnen betonen, dass so mehr Frauen in Beschäftigung kommen.
Allerdings zu einem hohen Preis: Die Einkommenskluft zwischen Männern und Frauen ist in Österreich nach wie vor extrem hoch, die Schere ging in den vergangenen Jahren nur minimal zusammen. Gleiches gilt für die Pensionen.
Damit Teilzeitbeschäftigte mit Betreuungspflichten die Möglichkeit haben, mehr zu arbeiten, braucht es selbstverständlich ein entsprechendes qualitativ hochwertiges Betreuungsangebot für Kinder.
Arbeitsminister Martin Kocher
Vor allem Frauen in Teilzeit
Knapp die Hälfte der erwerbstätigen Frauen arbeitet Teilzeit, bei den Männern ist es nur jeder Zehnte. Im internationalen Vergleich liegt Österreich damit im vorderen Drittel, deutlich über dem OECD-Schnitt.
Will Österreich ernsthaft aus der Teilzeitfalle kommen, wird es viele Anstrengungen brauchen, auf Länder- und Bundesebene, aber auch in den Familien.
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