„War völlig fertig“

Stipsits spricht über Panikattacken und Therapie

Adabei
02.01.2022 13:42

Er hatte sich bewusst entschlossen, mit seiner Geschichte in die Öffentlichkeit zu gehen: Im September erklärte Kabarettist Thomas Stipsits auf Facebook, ihm sei „die Kraft ausgegangen“ und er werde sich vorläufig aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Im Ö3-„Frühstück bei mir“ sprach der beliebte Bühnen- und Fernsehstar mit Claudia Stöckl nun erstmals ausführlich über psychische Erkrankungen als Hintergrund seiner viermonatigen Pause.

„Ein wesentlicher Grund war, Menschen, denen es ähnlich geht, Mut zu machen, weil das ist der Beginn der Heilung. Auch etwas zu teilen“, verriet Thomas Stipsits in „Frühstück bei mir“ den Grund, warum er sich entschieden hatte, mit seinen psychischen Problemen an die Öffentlichkeit zu gehen. „Ich habe eine sechswöchige Reha für psychosomatische Störungen gemacht, da habe ich viele Dinge gelernt, die man einfach in den Alltag integrieren kann. Es war mir ein Bedürfnis, das mit Menschen zu teilen. Weil ich es wichtig finde, dass wir psychische Erkrankungen genauso wertig behandeln wie physische Erkrankungen.“

Schon mit 25 an Panikattacken gelitten
Ein Burn-out hatte er im September als Grund für seinen Rückzug genannt, im Ö3-Gespräch ging er nun weiter ins Detail: „Burn-out ist ja immer verbunden mit sehr vielen anderen Dingen. Bei mir sind es Angst und Panik, die gehen oft über in eine Depression.“

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Burn-out ist ja immer verbunden mit sehr vielen anderen Dingen. Bei mir sind es Angst und Panik, die gehen oft über in eine Depression.

Thomas Stipsits

Das sei ihm längst nicht neu, so Stipsits. Im Alter von 25 Jahren hatte er bereits mit ähnlichen Problemen zu kämpfen: „Deshalb habe ich gewusst, dass es jetzt Zeit ist, die Reißleine zu ziehen.“ Warum es jetzt, 13 Jahre danach, wieder zu dem „Rückfall“ gekommen ist, wollte Ö3-Moderatorin Claudia Stöckl wissen. „Wenn man mit Angst und Panik zu tun hat, ist es in den meisten Fällen etwas, das einen ein Leben lang begleitet. Ich habe zu viel gearbeitet, ein Erschöpfungszustand ist auch ein guter Humus, auf dem sich die Panikattacke einnisten und wachsen kann.“

Thomas Stipsits im Gespräch mit Claudia Stöckl bei „Frühstück bei mir“ auf Ö3 (Bild: Ö3/Martin Krachler)
Thomas Stipsits im Gespräch mit Claudia Stöckl bei „Frühstück bei mir“ auf Ö3

Zudem habe er „den Fehler gemacht, mich nicht gut abzugrenzen von Menschen beruflicher Natur, die mir nicht guttun, und dann hat es so schleichend begonnen“, fuhr der beliebte Kabarettist fort. Ein Hörsturz vor einem Jahr war bereits ein Anzeichen, dann kamen zunehmend Angstzustände.

Zusammenbruch nach Auftritt: „War völlig fertig“
„Gegipfelt hat es dann im Juli bei einer Vorstellung im ‚Theater im Park‘“, schilderte der 38-jährige Bühnenstar. „Zuerst ging alles gut. In der zweiten Hälfte der Vorstellung ist der Boden unter meinen Füßen plötzlich weich geworden und dann kam eine Panikattacke daher, wie vor 13 Jahren das letzte Mal. Dann hatte ich kurz den Gedanken, es rennen alle Leute auf die Bühne und trampeln mich tot.“

Es sei „ein furchtbarer Zustand“ gewesen, aber „Gott sei Dank hatte ihn niemand bemerkt“. „Ich wurde heimgebracht, hatte dort den vollkommenen Zusammenbruch mit Weinkrämpfen und war völlig fertig.“

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Es ist ja so absurd: Was ich am meisten liebe, davor habe ich am meisten Angst.

Thomas Stipsits

Nach dem Sommerurlaub in Griechenland sei ihm schließlich klar geworden: „Ich muss alle Vorstellungen absagen. Es ist ja so absurd: Was ich am meisten liebe, davor habe ich am meisten Angst.“

Sechs Wochen in Rehabilitationszentrum für psychische Gesundheit
Ein kompletter Rückzug und sechs Wochen lang im Rehabilitationszentrum für psychische Gesundheit hätten ihm besonders geholfen, erzählte Stipsits weiter. „Das war die Idee meiner Frau. Sie sagte: ,Geh doch wohin, wo du dich ganz mit deiner Heilung beschäftigen kannst‘.“ Dort habe er vor allem gelernt, wie wichtig ein „sehr strukturierter Tagesablauf“ sei.

Mit Claudia Stöckl sprach Thomas Stipsits offen über seine Panikattacken. „Es war mir ein Bedürfnis, das mit Menschen zu teilen. Weil ich es wichtig finde, dass wir psychische Erkrankungen genauso wertig behandeln wie physische Erkrankungen“, sagte er. (Bild: Ö3/Martin Krachler)
Mit Claudia Stöckl sprach Thomas Stipsits offen über seine Panikattacken. „Es war mir ein Bedürfnis, das mit Menschen zu teilen. Weil ich es wichtig finde, dass wir psychische Erkrankungen genauso wertig behandeln wie physische Erkrankungen“, sagte er.

Zudem habe er unterschiedliche Therapieformen gemacht - auch „Psychotherapie in der Gruppe“. Davor habe er zunächst Respekt gehabt, „weil natürlich kennen mich die Leute. Aber das ist schnell verschwunden, nach ein paar Tage haben sich alle beruhigt: ‚Ja, er ist es wirklich.‘“ Man „zieht ja an einem Strang. Natur war auch ganz wichtig“.

Eines seiner Favoriten sei schließlich Töpfern geworden, auch wenn er das „am Anfang belächelt“ habe, so Stipsits. „Dieses konzentrierte Arbeiten an einer Sache hat mir geholfen. Es geht darum, dass man wieder im Hier und Jetzt ankommt, dass man sich selber wieder spürt.“

Familie als große Stütze
Seine Frau, Schauspielerin Katharina Straßer, habe ihn in allem „großartig unterstützt“. „Für die Kinder war es natürlich schwierig, sechs Wochen war ich nicht da. Emil hat es mit sieben Jahren schon verstanden: Papa ist im Krankenhaus, dem geht es nicht gut. Aber wir haben viel geskypt“, schilderte der Kabarettist und Schauspieler.

Dürfen sich die Fans im neuen Jahr wieder auf Auftritte von Thomas Stipsits freuen? Ja, auch wenn die Spieltermine reduziert wurden. Und Ende Februar erscheint Stipsits‘ neuer Stinatz-Krimi „Eierkratz-Komplott“, den der Bestseller-Autor während seiner Bühnenpause geschrieben hat.

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Die Angst hat bei mir einen Namen, das ist der Herr Huber, und ich sage ihm einfach vor jedem Auftritt: „Huber, du bist jetzt nicht eingeladen.“

Thomas Stipsits

Mit der Auftritts-Angst könne er unterdessen gut umgehen, so Stipsits: „Die Angst hat bei mir einen Namen, das ist der Herr Huber, und ich sage ihm einfach vor jedem Auftritt: ‚Huber, du bist jetzt nicht eingeladen.‘“

Positiver Blick ins neue Jahr
2022 blickt der Bühnenstar also positiv entgegen: „Weil ich die Dinge, die ich gelernt habe, mitnehmen werde. Ich werde mich abgrenzen. Ich werde Nein sagen und ich werde Menschen meiden, die mir nicht guttun. Auf das freue ich mich. Wenn man etwas umsetzt, das man gelernt hat, sind das kleine, persönliche Erfolgserlebnisse.“ 

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(Bild: kmm)



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