Unser modernes Leben ist größtenteils auf die verlässliche Versorgung mit Strom aufgebaut. Ein Blackout hätte fatale Folgen, seit Jahren laufen Vorbereitungen für solch einen Fall.
Nichts geht mehr: kein Telefon, kein Internet, kein Fernsehgerät, keine Heizung, kein Licht. Es ist dunkel in den Häusern und auf den Straßen. Die Bahn steht still, die Ampelanlagen sind ausgefallen, die Tankstellen müssen den Betrieb einstellen. Was wie ein Szenario aus einem Katastrophenfilm anmutet, würde im Falle eines Blackouts - also dem plötzlichen überregionalen Ausfall großer Stromnetze - zur Realität.
Vorbereitungen für solch einen Extremfall laufen landesweit bereits seit geraumer Zeit. Denn die Frage ist nicht, ob es jemals zu solch einem Vorfall kommen wird, sondern wann. Das Österreichische Bundesheer schätzt in seiner sicherheitspolitischen Jahresvorschau 2020 das Szenario eines Blackouts mit einer „sehr hohen Eintrittswahrscheinlichkeit binnen der nächsten fünf Jahre“ ein.
Heuer gewann das Thema erneut an Brisanz, da es zu gleich zwei größeren Störungen im europäischen Stromnetz gekommen war (8. Jänner und 24. Juli) - ein Dominoeffekt mit Auswirkungen auf den gesamten Kontinent drohte. Nur durch das rasche Einsetzen von Sicherheitsmaßnahmen konnte Schlimmeres verhindert werden.
Andreas Neuhauser, Sprecher der „illwerke vkw“, Vorarlbergs größtem Energiedienstleister, betont aber, dass sich die Stromversorgung hierzulande auf einem hohen Niveau befinden würde. „Wir verfügen über Experten, die unser System seit Jahrzehnten kennen und regelmäßig für den Ernstfall trainieren, um auf Störungen bestmöglich vorberietet zu sein. Zudem gibt es automatische Überwachungssysteme und Sicherheitsmechanismen.“ Ein Blackout könne jedoch nie vollkommen ausgeschlossen werden, räumt er ein.
Bei einem Blackout ist auch Eigenverantwortung gefragt. Es wäre daher ratsam, sich ernsthaft mit dieser Thematik zu beschäftigen.
Oberst Michael Kerschat, Militärkommando Vorarlberg
Mehrere Gefahrenherde
Der Zusammenbruch der Stromversorgung kann mehrere Gründe haben, wie Oberst Michael Kerschat vom Militärkommando Vorarlberg erklärt: „Auslöser können zum Beispiel Naturkatastrophen sein, die zunehmende Überlastung des europäischen Stromnetzes oder im schlimmsten Fall auch gezielte Anschläge.“ Um für den Notfall gerüstet zu sein, gibt es Blackout-Arbeitsgruppen im Land, die an entsprechenden Sicherheitskonzepten arbeiten. Denn die Abhängigkeit von der Energie aus der Steckdose ist enorm. Die moderne Gesellschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten fast ihre gesamte Lebensführung auf der Verfügbarkeit von Strom aufgebaut. Große Teile der lebenswichtigen strategischen Infrastruktur sowie des Gemeinwesens sind ohne eine verlässliche Energieversorgung nicht mehr denkbar.
Was also tun, wenn die Lichter ausgehen? „Jeder kann sich Basiswissen hinsichtlich eines möglichen Blackout-Szenarios aneignen. Land und Gemeinden haben dazu einen Folder mit Anleitungen und Tipps herausgegeben“, hebt Kerschat hervor. Ziel wäre es, dass sich jeder Haushalt 14 Tage lang quasi selbst versorgen kann - eine lange Zeit also. „Als Einsatzorganisation müssen wir in Extremen denken“, erklärt Kerschat. Er appelliert an die Bevölkerung, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Die Universität Wien führte im April 2021 eine repräsentative Umfrage nach dem Vertrauen in die staatlichen Einrichtungen bei einem akuten Katastrophenfall durch. Drei Viertel der Befragten gaben an, dass sie darauf vertrauen, „dass der Staat die Basisversorgung von Grundnahrungsmitteln, medizinischer Grundversorgung, öffentlicher Sicherheit und Energie- bzw. Wasserversorgung im Katastrophenfall (Blackout) für vier Wochen aufrechterhalten kann“. Das ist allerdings eine unrealistische Einschätzung. „Der Staat“ wird im Extremfall nicht in der Lage sein, jeden Einzelnen mit dem Nötigsten zu versorgen. Denn die Folgen eines Blackouts sind weitreichender, als man denken möchte.
Ausfallende Ampelanlagen sorgen binnen kürzester Zeit für ein Verkehrschaos, zahlreiche Menschen stecken in Fahrstühlen, Zügen oder Bergbahnen fest. Bankomatsysteme spucken kein Geld mehr aus, Registrierkassen funktionieren nicht mehr, Versorgungsketten brechen zusammen - Supermärkte und Apotheken können nicht mehr öffnen. Je nach Jahreszeit müssen zig Haushalte ohne Heizung auskommen. Mit einem flächendeckenden Stromausfall fließt auch bald kein Wasser mehr in den Leitungen. Die Kommunikation (Festnetzinternet und Mobilfunk) wird lahmgelegt. In Krankenhäusern laufen noch wenige Tage die Notstromaggregate - sind diese erschöpft, droht eine Katastrophe.
Die Stromversorgung in Vorarlberg befindet sich auf einem hohen Niveau. Ein Blackout kann aber nie komplett ausgeschlossen werden.
Andreas Neuhauser, Sprecher der „illwerke vkw“
Kontrollverlust
Dauert der Stromausfall und somit auch die Phase der Unsicherheit länger an, ist zudem mit einem gewissen Kontrollverlust zu rechnen. „Dann kommen ganz klar auch Schutzaufgaben auf das Heer zu“, betont Kerschat. Der Katastrophenplan sieht die Einrichtung von autarken Sicherheitsinseln in jedem Bundesland vor, von wo aus weitere Maßnahmen gesetzt werden können. In diesen logistischen Basen können sich Rettung, Polizei und Feuerwehr versorgen. Die Sicherheitsinseln sollen darüber hinaus auch als zivile Anlaufstellen für die umliegende Bevölkerung dienen. In Vorarlberg ist die Walgaukaserne solch ein Ort. „Dort laufen im Notfall alle Fäden zusammen“, sagt Kerschat.
Als Blackout bezeichnet man den plötzlichen überregionalen Ausfall großer Stromnetze. Populär wurde der Begriff mit dem großen Stromausfall 2003 in den USA und dem Stromausfall 2006 in Europa. Solche Ausfälle können weitreichende Folgen haben und die Telekommunikations-, Wasser-, Abwasser-, Geld-, Lebensmittel-, und Gesundheitsversorgung negativ beeinflussen oder gar lahmlegen. Mit einem größeren Blackout wird innerhalb der kommenden fünf Jahre gerechnet. Ursachen dafür können unter anderem extreme Wetterereignisse, die zunehmende Überlastung des Stromnetzes, magnetische Stürme oder gezielte Angriffe sein.
Die „illwerke vkw“ verfügen zudem über einige schwarzstartfähige Kraftwerke, wie Neuhauser erklärt. Diese Werke können ohne äußere Stromversorgung gestartet werden und sind inselbetriebsfähig. Mit deren Starthilfe könnten dann auch die Laufwasserkraftwerke wieder Strom erzeugen.
Doch selbst wenn es wieder Strom gibt, herrscht noch lange kein Normalzustand. Kommt es zu keiner gravierenden Störung der Netz- und Kraftwerksinfrastruktur, dann könne binnen zwölf bis 24 Stunden damit gerechnet werden, dass die Stromversorgung im Land wiederhergestellt ist, heißt es vonseiten der „illwerke vkw“. „Der Wiederaufbau von Kommunikation, Treibstoffversorgung sowie von Lieferketten und vielen anderen Dingen dauert aber länger“, gibt Neuhauser zu bedenken.
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