Kasachstan dementiert

War Biolabor in Händen der Demonstranten?

Ausland
10.01.2022 12:14

Vereinzelt wurden auch noch in der Nacht auf Sonntag Schüsse in der Millionenmetropole Almaty wahrgenommen. Die Lage nach den tagelangen Kämpfen zwischen bewaffneten Demonstranten und den Sicherheitskräften, die nunmehr auch vom russischen Militär unterstützt werden, hat sich aber weitgehend beruhigt. Nun wird das Ausmaß der Kämpfe langsam sichtbar: Laut dem kasachischen Staatsfernsehen gab es mehr als 160 Tote. Tausende Menschen wurden verhaftet. Die Aufständischen hatten zeitweilig den Flughafen, das Rathaus und auch die Büros des Geheimdienstes besetzt. Laut russischen Medien fiel kurzfristig auch ein Hochsicherheitslabor nahe Almaty, in dem Viren erforscht werden, in die Hände der Demonstranten. Doch von offizieller kasachischer Seite wird das abgestritten.

Meldungen in sozialen Medien über Bewaffnete, die das von den USA mitfinanzierte und im Jahr 2017 errichtete Labor der kasachischen Streitkräfte überfallen haben sollen, verbreiteten sich auch in russischen Medien am Wochenende. Es bestehe die Gefahr, dass Erreger aus der Forschungseinrichtung nach außen gelangt sind, hieß es. Die russische Nachrichtenagentur TASS schrieb von Personen, die in Schutzanzügen vor der Einrichtung gearbeitet hätten.

Leak-Vorwürfe um umstrittenes Labor
Solche Meldungen befeuerten verschwörungstheoretische Diskussionen in den sozialen Medien noch mehr, denn das Biolabor gilt als umstritten. 2018 wurden unbestätigte Berichte lanciert, wonach ein Erreger aus dem Labor entwichen sei, der Meningitis verursache. Im Jahr 2020 stellte die kasachische Regierung klar, dass in dem Forschungslabor lediglich der Ausbruch von gefährlichen Epidemien erforscht, aber keine biologischen Waffen entwickelt würden.

Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew bezeichnete die gewaltsamen Proteste als „versuchten Staatsstreich“. Er macht im Ausland ausgebildete „Terroristen“ für die Unruhen verantwortlich. „Gruppen bewaffneter Kämpfer“, die auf den richtigen Moment gewartet hätten, seien „in Aktion getreten“, sagte Tokajew am Montag bei einer Videokonferenz mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin und anderen verbündeten Staatschefs. Dort ließ er aber auch wissen: „In Kasachstan ist die vollständige Ordnung wieder hergestellt. Bedrohungen für die Sicherheit des Landes wurden abgewendet.“

Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew (Bild: APA/AFP/Kazakhstan Presidential Press Office/Handout)
Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew

Putin glaubt an „Versuch von außen, in Region einzugreifen“
Putin glaubt ebenso wenig daran, dass Proteste gegen gestiegene Treibstoffpreise in dem öl- und gasreichen Land zu solchen Unruhen geführt haben. Der Kremlchef sagte, die Lage sei nicht durch spontane Protestaktionen verursacht worden, „sondern dadurch, dass zerstörerische Kräfte von außen die Situation ausgenutzt haben“. Die jüngsten Unruhen in dem Nachbarland seien nicht der erste und wohl auch nicht der letzte Versuch von außen gewesen, in die Region einzugreifen.

Am Montag galt in der Ex-Sowjetrepublik eine landesweite Staatstrauer. Alle Flaggen wurden laut der Staatsagentur Kazinform auf halbmast gesetzt. Am Sonntag gab es Verwirrung um die Zahl der Toten, die das Staatsfernsehen unter Berufung auf das Gesundheitsministerium mit mehr als 160 angegeben hatte. Diese Meldung wurde später ohne Angaben von Gründen gelöscht. Tokajew sagte, es seien 16 Sicherheitskräfte getötet worden. Wie viele Zivilisten ums Leben kamen, werde noch geklärt.

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