Smarte Schusswaffen, die nur von verifizierten Nutzern abgefeuert werden können, versprechen mehr Sicherheit und sollen helfen, Tragödien zu verhindern. Technische Schwierigkeiten bei der Umsetzung scheinen inzwischen überwunden: In den USA wollen heuer gleich mehrere Anbieter entsprechende Produkte auf den Markt bringen. Konservative Waffenbesitzer zeigen sich allerdings skeptisch und befürchten eine neue Welle an staatlichen Regulierungen.
Mit der „LS9“ stellte das im US-Staat Idaho ansässige Unternehmen Lodestar Works am vergangenen Freitag die laut eigenen Angaben „fortschrittlichste“ 9-Millimeter-Pistole vor. Die Inspiration zur „Smart Gun“ hatte Firmenchef Gareth Glaser, nachdem er zu viele Geschichten über Kinder gehört hatte, die beim Spielen mit einer unbeaufsichtigten Waffe erschossen wurden, wie er Reuters verrät.
Intelligente Waffen könnten dem Bericht nach solche Tragödien künftig verhindern, indem sie die Identität des Benutzers authentifizieren und die Waffe deaktivieren, falls jemand anderes versucht, sie abzufeuern. Sie könnten auch die Zahl der Selbstmorde verringern, verlorene oder gestohlene Waffen unbrauchbar machen und Sicherheit für Polizeibeamte und Gefängniswärter bieten, die sich vor dem Griff zur Waffe fürchten.
Die meisten frühen Prototypen intelligenter Waffen nutzten entweder die Entriegelung per Fingerabdruck oder per RFID-Technologie, die es der Waffe ermöglicht, nur dann zu feuern, wenn ein Chip in der Waffe mit einem anderen Chip kommuniziert, den der Benutzer beispielsweise in einem Ring oder Armband trägt.
Entsperrung per Fingerabdruck oder App
LodeStar integriert in seine smarte Pistole einen Fingerabdruckleser, der die Waffe „innerhalb von Mikrosekunden“ entsperren soll. Da dieser bei Nässe oder unter anderen ungünstigen Bedingungen möglicherweise jedoch nicht funktionieren könnte, verfügt die Pistole über ein PIN-Pad sowie einen NFC-Chip, der die Waffe so schnell freischaltet, wie der Benutzer eine dazugehörige App auf seinem Smartphone öffnen kann.
Glaser räumte gegenüber Reuters ein, dass die Herstellung in großem Maßstab noch weitere Herausforderungen mit sich bringt, zeigt sich aber zuversichtlich, dass die Technologie nach jahrelangen Versuchen und Fehlern weit genug fortgeschritten ist und die Mikroelektronik im Inneren der Waffe gut geschützt ist. „Wir haben endlich das Gefühl, dass wir an einem Punkt angelangt sind, an dem wir an die Öffentlichkeit gehen können“, sagte er.
Erste Tests bei Strafverfolgungsbehörde
LodeStar ist nicht das einzige Unternehmen, dass noch heuer eine „Smart Gun“ auf den Markt bringen möchte. Das in Kansas beheimatete Unternehmen SmartGunz lässt seine smarte 9-mm-Pistole „1911 Sentry“ (Bild unten) laut einer Mitteilung vom Dezember bereits bei einer nicht namentlich genannten Strafverfolgungsbehörde in den USA testen. Und auch beim in Colorado ansässigen Unternehmen Biofire entwickelt man derzeit eine intelligente Waffe mit integriertem Fingerabdruckscanner.
Fachverband skeptisch
Bei der National Shooting Sports Foundation, dem Fachverband der Schusswaffenindustrie, zeigt man sich allerdings skeptisch, was die Einführung der smarten Waffen anbelangt: „Wenn ich jedes Mal einen Nickel bekäme, wenn ich jemanden sagen höre, dass sie bald eine sogenannte intelligente Waffe auf den Markt bringen werden, wäre ich wahrscheinlich schon im Ruhestand“, sagte Verbandsvize Lawrence Keane zu Reuters.
Grund für die Skepsis sind zum einen Sicherheitsbedenken. So musste etwa der deutsche Hersteller Armatix eine bereits 2014 veröffentlichte intelligente Pistole wieder vom Markt nehmen, nachdem Hacker einen Weg gefunden hatten, die Funksignale der Waffe aus der Ferne zu stören und die Waffe mithilfe von Magneten abzufeuern, obwohl sie eigentlich gesperrt sein sollte.
Sorge vor staatlicher Regulierung
Zum anderen fürchten Waffenbesitzer, dass mit der Einführung smarter Pistolen eine neue Welle an staatlicher Regulierung auf sie zukommen könnte. Dem Bericht nach hatte New Jersey bereits 2019 ein Gesetz erlassen, das alle Waffengeschäfte im Bundesstaat verpflichtet, intelligente Waffen anzubieten, sobald diese verfügbar sind. Das Gesetz ersetzte ein früheres von 2002, das den Verkauf aller Handfeuerwaffen außer intelligenten Waffen verboten hätte.
„Die andere Seite hat die Hand aufgehalten, weil sie intelligente Waffen benutzt hat, um alles zu verbieten, was keine intelligente Waffe ist“, sagte Scott Bach, Geschäftsführer der Association of New Jersey Rifle & Pistol Clubs, zu Reuters. „Das hat die Waffenbesitzer wachgerüttelt.“
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