Top-Infektiologe Weiss

„Omikron-Zug rauscht mit oder ohne Lockdown durch“

Tirol
14.01.2022 07:07

Der Innsbrucker Infektiologe und Direktor der Uni-Klinik für Innere Medizin, Günter Weiss, sieht aufgrund der derzeitigen Omikron-Welle eine Durchseuchung laufen, die „nicht aufhaltbar ist“. Bei einer „gezielten Durchseuchung mit angezogener Handbremse“, das heißt bei Beachtung banaler und effizienter Präventionsmaßnahmen, orte er die reelle Chance auf die ersehnte Rückkehr zur Normalität.

Dieses Szenario laufe derzeit in ganz Europa ab, so Weiss gegenüber der APA. Die Durchseuchung mit der wesentlich milderen, aber ansteckenderen Omikron-Variante sei ein „dynamischer Prozess, der jetzt läuft“ und wahrscheinlich in rund zwei Wochen ihren Höhepunkt erfahren und dann wieder abflachen wird. Diesen könne man auch nicht mehr wesentlich beeinflussen: „Das wird so sein, ob man will oder nicht“.

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Der Omikron-Zug ist auf Schiene. Und er wird mit oder ohne Lockdown durchrauschen.

Infektiologe Günter Weiss

Deshalb würden auch Lockdown-Maßnahmen nichts bringen, die er in dieser Phase nicht für sinnvoll und effektiv halte: „Der Omikron-Zug ist auf Schiene. Und er wird mit oder ohne Lockdown durchrauschen“, betonte der renommierte Mediziner, der auch dem Beraterstab im Gesundheitsministerium angehört. 

„Hohe Immunität in Bevölkerung“
Durch die Durchseuchung werde man, verbunden mit der Impfung, eine „hohe Immunität in der Bevölkerung“ haben und es hoffentlich bzw. wahrscheinlich auch schaffen, aus der „Pandemie herauszukommen“ und einen „normalen Sommer“ haben. „Und damit werden wir hoffentlich von einer pandemischen in eine epidemiologische Situation übergehen, in der wir in der kalten Jahreszeit wieder mit dem Virus konfrontiert sein werden“, sah Weiss ein ähnliches Szenario wie bei anderen Viren, mit denen man auch zu leben gelernt habe.

(Bild: stock.adobe)

Dann werde es immer wieder darauf ankommen, dass sich möglichst viele ältere Menschen und Risikopatienten impfen lassen. Natürlich gebe es immer wieder Unwägbarkeiten, genau prophezeien könne man nichts. Dies habe man in den vergangenen fast zwei Jahren gelernt, so Weiss. Diesbezüglich halte er es mit Karl Valentin, der einmal treffend gemeint habe: „Vorhersagen sind immer sehr schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen“.

„Durchseuchung mit Handbremse“
Bei dieser „Durchseuchung mit angezogener Handbremse“ gelte es aber auch danach zu trachten, dass „nicht zu viele Fälle auf einmal anfallen, damit nicht doch ein Problem mit der medizinischen Versorgung entstehen“ könne. Dafür müsse man einfach die vorgegebenen Hygienemaßnahmen einhalten, plädierte Weiss für Hausverstand.

Impfpflicht: Kommunikation entscheidend
Die Impfpflicht ist für ihn die „letzte und drastischste Möglichkeit“, dem Ziel einer Erhöhung der Impfquote und in weiterer Folge insbesondere dem Ziel, schwerere Verläufe und Todesfälle zu verhindern, näher zu kommen. „Die Für und Wider müssen auch im Hinblick auf die Dynamik der Pandemieentwicklung sorgsam abgewogen und kommuniziert werden, um massive und anhaltende Spaltungen und Zerwürfnisse in der Bevölkerung zu verhindern“, mahnte der Experte aber.

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Wir geben Milliarden aus, ohne dass wir wirklich einen gesundheitlichen Benefit haben.

Infektiologe Weiss

Ein Dorn im Auge ist Weiss weiterhin das seiner Ansicht nach übermäßige und ungezielte Testen in Österreich. Österreich teste rund zehnmal so viel wie Deutschland und die Schweiz - habe aber bezogen auf die Bevölkerung die gleichen Infektionszahlen und Hospitalisierungsraten bzw. Todesfälle wie diese Länder. „Dieses ungezielte Testen bringt für die Pandemiebekämpfung eigentlich wenig. Wir geben Milliarden aus, ohne dass wir wirklich einen gesundheitlichen Benefit haben. Es gehört jetzt irgendwann mal aus der Welt geschafft.“

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