Sensation in einem verrückten Wengen-Slalom: Als 29. des ersten Durchgangs ist Lucas Braathen am Sonntag im Ski-Weltcup noch zum Sieg gestürmt. Der Norweger setzte sich vor dem Schweizer Daniel Yule und Giuliano Razzoli aus Italien durch und profitierte von einem Malheur seines Landsmannes Henrik Kristoffersen, der mit klarem Vorsprung vier Tore vor dem Ziel einfädelte. Österreichs Fahrer schrammten am Podest vorbei. Fabio Gstrein wurde unmittelbar vor Manuel Feller Vierter.
Braathens Satz von 29 aufs oberste Treppchen ist Rekord. Den weitesten Sturmlauf hatte bisher der Schweizer Sandro Simonet von 30 auf 3 (Jänner 2021/Chamonix) geschafft. Braathen rang in einem ersten Interview nach Worten, nachdem er 2,04 Rückstand ausgemerzt hatte. „Es ist verrückt.“
Er wollte sich zwischenzeitlich schon mit dem Verpassen des zweiten Durchgangs abgefunden haben. Aber er durfte - sechs Hundertstel sei Dank - noch einmal fahren. „Alles, was dann kam, war ein Bonus. Mit 29 zu gewinnen ist eigentlich nicht möglich.“ Sein Überraschungspotenzial hatte der 21-Jährige schon 2020 bei seinem Riesentorlauf-Sieg in Sölden gezeigt. Vor fast exakt einem Jahr war Braathen beim Riesentorlauf in Adelboden gestürzt und hatte eine Bänderverletzung im linken Knie erlitten, weshalb er die WM-Saison vorzeitig beenden musste.
Feller fiel als Halbzeit-Zweiter vor 10.100 Zuschauern zurück, sein Vorsprung von 1,78 Sekunden auf den Norweger langte nicht. „Schlussendlich war es ein grober Fehler im Steilhang“, wusste der Tiroler, der sich selbst aber insgesamt eine Fahrt „nicht genug am Limit“ bescheinigte. „In Kitzbühel werden wir versuchen, den Spieß umzudrehen.“ Dort steigt am kommenden Sonntag der Klassiker am Ganslernhang.
Sechs Österreicher hatten es in die Entscheidung geschafft, nur etwas mehr als zwei Sekunden Rückstand konnte man sich für die Qualifikation erlauben. Den Raum für Positionsverschiebungen nutzte neben Braathen auch Gstrein. 13 Plätze ging es für den enorm schnellen Tiroler nach vorne. Er hatte sich in Lauf eins mit einem Fehler beim letzten Übergang eine wesentlich bessere Ausgangssituation verhaut und sich selbst als „Pfeifenkopf“ tituliert. Letztlich aber fehlten nur 0,03 Sekunden auf Platz drei. „Im ersten wäre recht viel drinnen gewesen, wenn nicht der Fehler auf der letzten Welle passiert wäre. Mit dem zweiten war ich zufrieden.“
Knöchelbruch bei Hirschbühl
Während der fünfte Saisonslalom für Gstrein also ein mehr als versöhnliches Ende nahm, war es für andere Teamkollegen ein gebrauchter Tag. Die Vorarlberg-Fraktion sah nicht das Ziel. Adelboden-Sieger Johannes Strolz und Christian Hirschbühl schieden im zweiten Durchgang wie viele andere aus. Hirschbühl verließ humpelnd und gestützt den Zielraum, die erste Untersuchung fiel mit der Diagnose Knöchelbruch im rechten Bein niederschmetternd aus. Marco Schwarz (10.) sucht weiter seine Topform, auch Michael Matt (11.) verpasste auf der Männlichen-Piste, benannt nach einem 2.230 Meter hohen Gipfel, vergeblich das erhoffte Erfolgserlebnis - für beide war es aber das beste Slalom-Resultat in diesem Winter.
Ähnlich wie zuletzt schon Clement Noel in Madonna erging es diesmal Kristoffersen. Der Norweger, der im ersten Durchgang elf Hundertstelsekunden vor Feller in Führung gelegen war, fädelte vier Tore vor der Ziellinie ein. Die letzte Zwischenzeit hatte ihm noch 1,01 Sekunden Vorsprung bescheinigt. Wort- und fassungslos verließ der zweifache Wengen-Sieger das Spektakel. Fast unter ging dabei, dass sich Razzoli, der italienische Olympiasieger von Vancouver 2010, mit 37 Jahren und 29 Tagen zum ältesten Podestfahrer im Slalom kürte. Mit Daniel Yule stand erstmals seit 23 Jahren wieder ein Schweizer auf dem Slalom-Podium in Wengen.
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