Hersteller-Schikanen

Bauern kämpfen um ihr Recht auf Traktor-Reparatur

Elektronik
17.01.2022 13:00

Traktoren werden „smart“: Sie enthalten immer mehr Elektronik und komplizierte Software, manche - etwa vom US-Hersteller John Deere - pflügen das Feld gar autonom. Doch die technologisch hochgerüsteten Traktoren haben einen Nachteil: Reparaturen dürfen nur zertifizierte Werkstätten durchführen, der Ersatzteilhandel ist streng reglementiert, ohne offizielle Diagnose-Software geht oft gar nichts. Das macht die Wartung teuer und kompliziert. Dagegen regt sich Widerstand.

John Deere erregte vor einigen Wochen - siehe Video - mit dem ersten marktreifen Robo-Traktor Aufsehen: Auf der Elektronikmesse CES zeigte die Firma ihren selbstfahrenden Hightech-Traktor 8R - und kündigte an, damit die Landwirtschaft revolutionieren zu wollen. Dem Robo-Traktor, der noch 2022 auf den Markt kommen soll, ging jahrelange Forschung voraus: John Deere hat mehrere Unternehmen aus der Robotik und KI-Forschung übernommen.

Bilderstrecke: Der erste Robo-Traktor von John Deere

Der Wandel vom Landmaschinenbauer zum Hightech-Konzern macht sich in den Geschäftspraktiken bemerkbar, berichtet „Technology Review“. Praktiken lukrativer IT-Konzerne wie Apple halten Einzug in der Welt der Traktoren: Ersatzteile werden an die Seriennummer gekoppelt und müssen per Software aktiviert werden. Betriebsdaten werden an den Hersteller übermittelt und ausgewertet. Reparaturen sind ohne Spezialsoftware, die nur in den offiziellen Werkstätten zur Verfügung steht, nicht möglich.

Preise für gebrauchte Traktoren sind explodiert
Die Einschränkungen sind für viele Bauern so schwerwiegend, dass sie lieber gebrauchte Traktoren kaufen, die man in der bevorzugten Werkstatt reparieren lassen kann, als sich dem offiziellen Reparatur- und Ersatzteilmarkt auszuliefern. In den USA seien die Preise für gebrauchte Traktoren, teils 50 Jahre alt, nun mehr als doppelt so hoch wie vor einigen Jahren.

Manche Landwirte erklären der Vorgehenseise der Hersteller auch offen den Software-Bauernkrieg: In geheimen Online-Foren - krone.at berichtete - werden Schwarzkopien der proprietären Tools der offiziellen Werkstätten und der Traktoren-Betriebssoftware verteilt. Tüftler versuchen mit Reverse-Engineering, Original-Ersatzteile nachzubauen und sich damit etwas Geld zu sparen.

Aktivist: Traktordaten sind Geschäftsgeheimnis der Bauern
Einer, der den lästigen Restriktionen bei der Wartung von Traktoren den Kampf angesagt hat, ist der Agraringenieur Kevin Kenney aus Nebraska. Er tritt für ein Recht auf selbstbestimmte Reparatur ein und geißelt unter anderem die Kopplung von Ersatzteilen an die Traktor-Seriennummer.

Automatisch an den Hersteller übermittelte Traktor-Nutzungsdaten sieht der Agraringenieur Kevin Kenney äußerst kritisch. Es handle sich um Geschäftsgeheimnisse der Landwirte. (Bild: stock.adobe.com)
Automatisch an den Hersteller übermittelte Traktor-Nutzungsdaten sieht der Agraringenieur Kevin Kenney äußerst kritisch. Es handle sich um Geschäftsgeheimnisse der Landwirte.

Er übt auch Kritik an der Übermittlung von Nutzungsdaten an die Hersteller, die bei manchen modernen Traktoren automatisch per Mobilfunkverbindung erfolgt. Bei den gemessenen Daten handle es sich um Betriebsgeheimnisse der Bauern, die den Hersteller eigentlich nichts angingen, sagt Kenney - und fordert Unterstützung von der US-Politik.

NGO für Gesetzesanpassung, Klage gegen John Deere
Kenneys Anliegen wird auch von der NGO „The Repair Association“ unterstützt. Laut Direktorin Gay Gordon-Byrne seien mittlerweile in 27 US-Bundesstaaten Gesetzesentwürfe vorhanden, mit denen die Hersteller zur Versorgung freier Werkstätten mit Software und Ersatzteilen verpflichtet werden sollen. Vorbild sei ein bereits 2013 beschlossenes Gesetz des US-Bundesstaats Massachusetts für Auto- und Lastwagenhersteller.

Auch Klagen wurden eingebracht: Am 12. Jänner wurde John Deere im Bundesstaat Illinois zum Ziel einer Sammelklage, die dem Unternehmen die Bildung eines Monopols bei Reparaturdienstleistungen und die Verknappung von Ersatzteilen vorwirft. In der Klage ist eine Schätzung enthalten, wie viel die Hersteller damit verdienen: Die aktuelle Vorgehensweise sei drei- bis sechsmal gewinnbringender als der Verkauf an freie Werkstätten.

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