Akute Personalnot

Quereinsteigerinnen über die Hürden im Pflegeberuf

Tirol
18.01.2022 13:00

Ein schöner Beruf, aber mit schlechten Rahmenbedingungen - das sagen viele Pflegekräfte und solche, die sich für den Beruf interessieren. Die „Tiroler Krone“ hat mit zwei Quereinsteigerinnen über frustrierende Erfahrungen rund um Ausbildung und Praxis gesprochen. 

„Es ist ein schöner, erfüllender Beruf!“ Das sagen Caroline Wurm-Eberl (24) aus Achenkirch und Cornelia Geisler (49) aus Innsbruck. Die beiden sprechen über den Pflegeberuf. Eine Branche, die seit Jahren mit Personalnot zu kämpfen hat. Laut Berechnung könnten 2030 in Tirol 7000 Pflegekräfte fehlen.

Zitat Icon

Eigentlich kann ich mir die Ausbildung nicht leisten.

Cornelia Geisler

Das Land versucht jetzt, Quereinsteiger zu gewinnen. Quereinsteigerinnen wie Wurm-Eberl und Geisler. Die beiden stehen im zweiten Jahr der Ausbildung zu Fachsozialbetreuern für Altenarbeit. Ein toller Lehrgang, wie sie betonen. Viel Praxis inklusive. Was sie dadurch gewonnen haben: Eine klare Vorstellung davon, was sich ändern muss, damit mehr Menschen den Pflegeberuf ergreifen und nicht nach kurzer Zeit wieder aussteigen. Schon der Einstieg sei ab einem gewissen Alter schwierig, stellen die Frauen fest. „Eigentlich kann ich mir die Ausbildung nicht leisten“, sagt Geisler. Gerne hätte sie auch noch das Diplom gemacht. Doch für drei Jahre Schule reicht das Ersparte einfach nicht.

Rund 500 Euro Differenz bei der Ausbildung
Die Gewerkschaft fordert seit langem für Pflegeschüler die gleiche Entlohnung wie für Polizeischüler, weil sie von Beginn an in Heimen oder Krankenhäusern arbeiten. Polizisten bekommen rund 1500 netto in der Ausbildung. „Bei mir sind es mit Förderungen und Taschengeld zwischen 850 und 1020 Euro“, stellt Geisler dem gegenüber. Sie und Wurm-Eberl sind überzeugt, dass diese Hürde viele abhält. Das neue Stipendienmodell des Landes bewerten beide als wichtige Maßnahme.

Caroline Wurm-Eberl aus Achenkirch (Bild: Christian Forcher)
Caroline Wurm-Eberl aus Achenkirch
Zitat Icon

Im Praktikum musst du oft vollwertige Kräfte ersetzen. Das haben mir viele Kollegen erzählt.

Caroline Wurm-Eberl

Was sonst noch schiefläuft im Pflegeberuf, merken Einsteiger sehr bald. „Im Praktikum musst du oft vollwertige Kräfte ersetzen“, schildert Wurm-Eberl Erfahrungen, die sie als Klassensprecherin von den Kollegen gesammelt hat: „Vielerorts herrscht Personalnot. Da müssen Praktikanten schon mal Arbeiten übernehmen, die sie eigentlich noch nicht können und dürfen.“ Viele Auszubildende steigen deshalb wieder aus. „Die Aussicht auf einen Job, in dem man ein Leben lang Mangel verwaltet, ist schon deprimierend“, meint Geisler. Der Plan der meisten lautet: Eine 50-Prozent-Stelle annehmen, weil dann sowieso mindestens 70 Prozent zu leisten sind.

Cornelia Geisler aus Innsbruck (Bild: Christian Forcher)
Cornelia Geisler aus Innsbruck
Zitat Icon

Die Aussicht auf einen Job, in dem man ein Leben lang Mangel verwaltet, ist schon deprimierend.

Cornelia Geisler

Was die Freude am Beruf ebenfalls torpediert. „In der Ausbildung lernst du viel Fachwissen rund um Sozialbetreuung – Menschen zuhören, ihnen Nähe geben. In der Praxis hast du aber kaum Zeit dafür. Waschen, Essen, ein bisschen Bewegung – der Pflegeschlüssel lässt kaum Raum für mehr“, berichten die Frauen von einer Erfahrung, die viele machen.

Personal zu finden und zu halten wird schwer
Das Fazit der Quereinsteigerinnen: Mit den momentanen Rahmenbedingungen wird es schwer, mehr Menschen für den Pflegeberuf zu begeistern und sie auch in der Branche zu halten.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Tirol



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt