„Handelte nicht“

Missbrauchsgutachten: Ex-Papst schwer belastet

Ausland
20.01.2022 12:13

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. wird in einem neuen Missbrauchsgutachten des deutschen Erzbistums München und Freising schwer belastet. Benedikt habe als damaliger Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger in vier Fällen nichts gegen verdächtige Kleriker unternommen, heißt es. In einer Stellungnahme bestritt Benedikt seine Verantwortung demnach „strikt“, die Gutachter halten dies aber nicht für glaubwürdig.

Die neue Studie zu sexuellem Missbrauch im katholischen Erzbistum München und Freising in Deutschland listet mindestens 497 Opfer auf - dabei handle es sich überwiegend um männliche Kinder und Jugendliche im Zeitraum zwischen 1945 und 2019, erklärte die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) am Donnerstag in München. Sie hatte das Gutachten im Auftrag der Erzdiözese erstellt.

Benedikt im Jahr 2013 (Bild: EPA)
Benedikt im Jahr 2013

235 mutmaßliche Täter
Mindestens 235 mutmaßliche Täter gab es laut der Studie - darunter 173 Priester und neun Diakone. Allerdings sei dies nur das sogenannte Hellfeld. Es sei von einer deutlich größeren Dunkelziffer auszugehen, hieß es vonseiten der Kanzlei weiter.

Laut dem Gutachten waren 173 Priester unter den mutmaßlichen Tätern. (Bild: AP)
Laut dem Gutachten waren 173 Priester unter den mutmaßlichen Tätern.

In dem rund 1000 Seiten starken Gutachten bezieht auch der emeritierte Papst Benedikt XVI. umfangreich Stellung zu der Frage, wie er als Erzbischof Joseph Ratzinger von 1977 bis 1982 handelte, wenn es um Verbrechen an Kindern durch Priester ging.

In den Fällen, bei denen die Gutachter ein Fehlverhalten Ratzingers sehen, sei es unter anderem um Kleriker gegangen, denen mehrere begangene und auch von staatlichen Gerichten attestierte Missbrauchstaten vorzuwerfen seien. Priester seien in der Seelsorge tätig geblieben, kirchenrechtlich sei nichts unternommen worden. Ein Interesse an den Missbrauchsopfern sei bei Ratzinger „nicht erkennbar“ gewesen.

Verdächtiger aus Essen sticht hervor
Im Fokus steht vor allem der Fall eines mutmaßlichen Wiederholungstäters H. aus der westdeutschen Diözese Essen: Nachdem in den 1970er-Jahren sexuelle Vergehen in seiner Heimat aktenkundig wurden, wurde er Anfang 1980 nach München geschickt, um eine Therapie zu machen. Damals war Ratzinger seit drei Jahren Erzbischof. Noch im selben Jahr wurde er wieder in der Seelsorge eingesetzt - und bald erneut übergriffig.

Von insgesamt 29 Betroffenen im Umfeld von H. an mehreren Orten sprechen die Verantwortlichen in München und Essen. Erst 2010 wurde H. aus der Seelsorge abgezogen. Heute lebt er unter Auflagen in der Diözese Essen. Gutachter sind mittlerweile überzeugt, dass Ratzinger auch Kenntnis über die Vorgeschichte dieses Priesters hatte.

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