Die Rückführung eines Kleinkindes in die USA aus Niederösterreich ist nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) vom vergangenen Frühjahr offenbar angelaufen. In den Donnerstagmorgenstunden wurde der Mutter die heute Vierjährige von mehreren Polizisten und einem Gerichtsvollzieher abgenommen und in das Landesgericht Krems gebracht. Am frühen Nachmittag war es offenbar bereits in einem Flugzeug auf dem Weg in Richtung München.
Das WAVE Network (Women Against Violence Europe) ging davon aus, dass der Vater aus den USA, der sich seit einigen Tagen in Österreich aufhalten soll, das Kind mitnehmen werde. Das Mädchen habe ihn seit Dezember 2020 nicht mehr gesehen und spreche kein Wort Englisch, so das Netzwerk. Die Rückführung müsse verhindert werden, weil es sich um eine „extreme Kindeswohlgefährdung und Menschenrechtsverletzung“ handle.
Rückkehraufforderung per OGH-Bescheid
Bekannt wurde der Fall im vergangenen Mai. Der Mutter des Mädchens war ein Bescheid des Obersten Gerichtshofs (OGH) zugestellt worden, wonach die Frau mit ihrem Kind in die USA zurückkehren müsse, wo ihr Ex-Mann lebt. Tue sie dies nicht, drohe ihr die behördliche Abnahme der Tochter durch einen Gerichtsvollzieher. Das Mädchen würde in diesem Fall allein in die USA zurückgebracht.
Der Entscheidung des OGH soll das Haager Kindesentführungsübereinkommen zugrunde liegen, das die Rückführung von Kindern regelt, die von einem Elternteil dem anderen durch eine Reise ins Ausland entzogen werden. Gerade für Frauen in binationalen Beziehungen und ihre Kinder hat dies Rosa Logar von der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt zufolge zu zahlreichen Härtefällen geführt.
Im Fall der Niederösterreicherin und ihrer Tochter gibt es demnach auch ein Beratungsprotokoll der Interventionsstelle, in dem von jahrelangen physischen, psychischen und sexuellen Misshandlungen seitens des Ex-Ehemanns berichtet wird.
Mitarbeiter und Mutter in Wien-Schwechat
Mehrere Mitarbeiterinnen des Netzwerks mit weiteren Unterstützern befanden sich am Donnerstag am Flughafen Wien-Schwechat. Sie hielten Schilder und Plakate in die Höhe, „um dort Aufsehen zu erregen“, ebenso befand sich auch die Mutter des Mädchens vor Ort. Man wolle das Mädchen finden, teilte der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) via Aussendung mit.
Situation „dramatisch“
Es müsse „unter allen Umständen verhindert werden“, dass das Mädchen außer Landes gebracht werde. „Eine einstweilige Verfügung ist bereits bei Gericht eingebracht, um die Rückführung zu stoppen“, ließ das Netzwerk wissen. Es soll auch ein ärztliches Attest geben, demzufolge das Kind nicht flugtauglich ist. Verwiesen wurde seitens des AÖF auch auf „neue Bescheide aus den USA“, die belegen würden, dass die Mutter kein Aufenthalts- und Arbeitsrecht in den USA habe. Demnach sei auch eine Einreise für sie gar nicht möglich.
Am frühen Nachmittag berichtete WAVE, dass die Vierjährige bereits in einem Flugzeug auf dem Weg nach München sei. Nach einem Zwischenstopp soll es dann weiter in die USA fliegen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.