In vielen systemrelevanten Berufen ist die Personaldecke dünn. Das Parkpickerl könnte den Fachkräftemangel weiter verschärfen.
„Täglich bekomme ich Zuschriften von Kollegen, die auf das Auto angewiesen sind und jetzt überlegen, ob sie Wien verlassen müssen. Ohne diese Lehrer kann unser Wiener Schulsystem aber nicht aufrechterhalten werden“, sagt Thomas Krebs, Vorsitzender ZA-Wiener PflichtschullehrerInnen.
3309 Wiener Pflichtschullehrer haben ihren Wohnsitz nicht in Wie
Mit der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung ab März kommt ein weiterer akuter Aspekt hinzu, der viele Lehrer vor die Entscheidung stellt, ihren Arbeitsplatz zu kündigen. 3309 Wiener Pflichtschullehrer haben ihren Wohnsitz nicht in Wien, das betrifft knapp ein Viertel (22,8 Prozent). Sie pendeln damit täglich in die Bundeshauptstadt ein.
Gerade die Außenbezirke, in denen in wenigen Wochen das Parkpickerl kommt, haben einen hohen Pendleranteil. Mangels Öffis in verschiedenen Teilen dieser Flächenbezirke sind viele der Lehrer aufs Auto angewiesen, um an ihren Arbeitsort zu gelangen.
„Mit der Parkpickerl-Erweiterung erschwert die Stadtregierung die Arbeitswege vieler Lehrer noch zusätzlich“, sagt Harald Zierfuß, Bildungssprecher der ÖVP Wien.
Pädagogin: „Brauche mit den Öffis dreimal so lange“
„Ich unterrichte in einer Schule am Stadtrand. Ich pendle jeden Tag von Niederösterreich nach Wien, mit dem Auto brauche ich 25 Minuten, öffentlich dreimal so lange“, berichtet eine betroffene Sonderpädagogin. Sie ist zusätzlich Mutter eines schulpflichtigen Kindes. Ohne Auto könnte sie keine Frühbetreuung mehr in der Schule übernehmen.
Und sie ist bei weitem nicht die Einzige. „Ich befürchte, dass sich viele das bis Juni anschauen und dann eine Versetzung beantragen müssen“, sagt sie. Dabei gäbe es jetzt schon zu wenige Lehrkräfte an ihrer Schule. Ein ähnliches Bild zeigt sich in den Kindergärten.
Zahlreiche Mitarbeiter sind laut Gewerkschafter Fritz Pöltl nämlich vor dem Absprung aus ihrem Job, weil sie kein Parkpickerl bekommen. Er fordert, dass Angehörige von systemrelevanten Berufen auch ohne Hauptwohnsitz in Wien ein Parkpickerl bekommen sollten.
Es darf zu keiner Kündigungswelle in den Kindergärten kommen, nur weil das ohnehin umstrittene Parkpickerl ohne Rücksicht auf notwendige Ausnahmen einfach brutal durchgezogen wird.
Gewerkschafter Fritz Pöltl
Für die Stadt Wien ist das flächendeckende Parkpickerl, das in 39 Tagen startet, „ein Meilenstein“. Sorge, dass Wien plötzlich ohne Pädagogen dastehe, hat Markus Raab, Leiter der Verkehrsorganisation, (MA 46) nicht. „Es gibt bereits Ausnahmen, wenn der Arbeitsweg öffentlich unzumutbar ist: einen Arbeitsbeginn bis 5.30 Uhr oder Arbeitsende ab Mitternacht.“ Das betrifft etwa Spitalspersonal etc.
„Lehrer können wie Schüler mit Bus fahren“
Es sei aber zumutbar, in einer Park-and-Ride-Anlage auf Öffis umzusteigen. Und: „Warum sollten Lehrer eine Sondergenehmigung erhalten und Bäcker nicht? Die Lehrer können sicher mit demselben Bus in die Schule fahren wie ihre Schüler“, so Raab.
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