Kasachstan-Minister

„Proteste wurden von Terroristen unterwandert“

Ausland
21.01.2022 06:14

Islamistische Schläferzellen sind laut Aussage des kasachischen Außenminister Mukhtar Tileuberdi für die gewalttätigen Ausschreitungen in Kasachstan verantwortlich. Dafür gebe es zahlreiche Hinweise, sagte bei einem Hintergrundgespräch mit österreichischen Journalisten in Wien. Überprüfbar ist der Vorwurf momentan nicht. Von der Hand zu weisen allerdings auch nicht.

Kasachstan ist das nördlichste Land der Welt mit einer muslimischen Mehrheit. Etwa 70 Prozent der Staatsbürger sind Moslems. Der frühere Präsident Nur-Sultan Nasarbajew, der in der atheistischen Sowjetunion aufwuchs, wollte eine weltliche Form des sunnitischen Islam, gepaart mit traditionellen, kasachischen Werten etablieren. Das gefällt den buchstabengetreuen, islamischen Glaubensrichtungen in der Nachbarschaft im Iran oder Afghanistan eher weniger. Die Führer er zentralasiatischen Länder haben deswegen unterschiedliche Maßnahmen getroffen, um deren Einfluss zu verhindern. In Kasachstan gibt es zum Beispiel keine religiösen Parteien und alle religiösen Gruppierungen werden streng beobachtet. Die Angst vor einem „Überschwappen“ des strengen Islamglaubens ist allgegenwärtig.

Weswegen die Argumentation von Außenminister Tileubardi, die friedlichen Demonstrationen wegen der Verdoppelung der Gaspreise in einer Region seien durch Extremisten und Terroristen „gekidnappt“ worden, einer gewissen Logik folgt. Auch viele kasachische Kämpfer hätten sich in den letzten Jahren in den Nahen Osten der Terrororganistaion „Islamischer Staat“ angeschlossen, etwa 700 sind wieder zurückgekommen. „Es gibt bereits Untersuchungen in diese Richtung und sobald wir Ergebnisse haben, werden wir sie mit der Öffentlichkeit teilen.“ Das zwei Sicherheitsleute geköpft wurden sei zum Beispiel ein deutlicher Hinweis, da dies auch gängige Praxis des „Islamischen Staates“ gewesen sei.

Kasachstan Außenminister Mukhtar Tileuberdi (Bild: AIDA RAMAZAN)
Kasachstan Außenminister Mukhtar Tileuberdi

Fremde Kämpfer in den Spitälern
In einem Video zeigte der Außenminister zudem unveröffentlichtes Material, wo man sehen konnte, dass unter den Demonstranten Waffen verteilt wurde. Auch Leichen von Soldaten in durchlöcherten Autos und auf offener Straße liegende tote Polizisten wurden gezeigt. Insgesamt soll es 225 Todesopfer gegeben haben. Da die Quelle eine staatliche ist, sind aber auch diese Videos mit Vorsicht zu genießen. Laut dem Außenminister berichteten auch Ärzte in Spitälern, dass einige bei den Straßenkämpfen verwundete Personen weder Russisch noch Kasachisch gesprochen haben, andere mit sehr starkem Akzent, was ebenfalls als Beweis dafür genommen wird, dass man Opfer ausländischer Terroristen geworden ist. Dass einige der Demonstranten tatsächlich eine militärische Ausbildung genossen haben, gilt jedoch als Fakt. 

Keine Säuberung von Nasarbajew-Getreuen
Es gibt Vorwürfe, Staatspräsident Kassym-Schomart Tokajew nutzte das Chaos, um die politische Elite von Vertrauten seines Vorgängers Nur-Sultan Nasarbajew zu säubern. So wurde neben dem Nasarbajew-treuen Ministerpräsidenten auch zahlreiche Minister entlassen. Außenminister Tileuberdi sagte dazu, dass Nasarbajews Tokajew seine Unterstützung zugesichert hatte. Auch die Familie von Nasarbajew hat anderslautenden Gerüchten zufolge das Land nicht verlassen. 

Machtübergabe auf Kasachisch: Tokajew (re.) und Nasarbajew (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Machtübergabe auf Kasachisch: Tokajew (re.) und Nasarbajew

Erneute Umbenennung der Hauptstadt?
Auf die Frage, ob die Hauptstadt, die unter Nasarbajew von Astana nach ihm in Nur-Sultan umbenannt wurde, nun wieder eine Umbenennung bevorsteht, sagte der Außenminister, dafür gebe es momentan keine Anzeichen. Aber wenn es der Wille des Volkes sein sollte, könnte es eine entsprechende Initiative geben. Im kasachischen Staatsfernsehen Khabar24 wurde aber am Donnerstag beispielsweise die Furmanova-Straße in Almaty, die 2019 in Nasarbajew-Prospekt umbenannt wurde, wieder mit ihrem alten Namen bezeichnet.

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