Wegen Beben-Angst
Japan legt AKW südwestlich von Tokio still
Hamaoka liegt 200 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Tokio in der Nähe einer Erdbebenzone. Der Ministerpräsident verwies auf Berechnungen von Regierungsexperten, wonach es in der Region in den nächsten 30 Jahren mit einer Wahrscheinlichkeit von 87 Prozent zu einem schweren Beben der Stärke acht kommen wird. Sicherheitsbedenken hatten auch bereits die örtlichen Behörden geäußert, nachdem das Jahrhundertbeben und der anschließende Tsunami am 11. März zu dem Nuklearunfall in Fukushima im Norden von Tokio geführt hatten.
Die Reaktoren des vom Unternehmen Chubu betriebenen AKW sollen so lange außer Betrieb bleiben, bis sie durch mittel- und langfristige Schritte erdbebensicher gemacht sind, wie Kan ankündigte. Ob solche Maßnahmen überhaupt möglich sind, ist allerdings unklar. Zugleich kündigte Kan an, die durch den Ausfall drohenden Versorgungsengpässe verhindern zu wollen. Insbesondere im Sommer, wenn die Klimaanlagen laufen, kann es seinen Worten zufolge zu Stromknappheit kommen. Durch geeignete Kooperationen und mehr Sparsamkeit der Verbraucher könnten die Probleme aber bewältigt werden, sagte Kan.
Reaktor wegen Meerwasser-Kühlung besonders anfällig
Das Atomkraftwerk Hamaoka in der Provinz Shizuoka ist einer der leistungsstärksten Kernenergiekomplexe Japans. Die fünf Siedewasserreaktoren nahe der Stadt Omaezaki bringen es auf eine Nettoleistung von insgesamt 3.800 Megawatt.
Die fünf Reaktorblöcke in Hamaoka waren allerdings nur kurze Zeit gleichzeitig am Netz. Der Baubeginn des ersten Meilers war bereits 1971, der Block Hamaoka-5 ging erst 2004 ans Netz. Bereits 2009 wurden die Meiler 1 und 2 auf Dauer abgeschaltet. Die noch Energie liefernden Blöcke 3 bis 5 erreichen eine Nettoleistung von zusammen knapp 3.500 MW. Die mit Meerwasser gekühlten Reaktoren in Hamaoka gelten als besonders anfällig. Nach Störfällen musste die Leistung der Anlage in den vergangenen Jahren immer wieder zeitweise gedrosselt werden.
Störfall im von Tepco betriebenen weltgrößten AKW
Die Abschaltung war am Freitag nicht die einzige schlechte Nachricht für Japans AKW-Industrie. Wie ebenfalls bekannt wurde, gab es im weltgrößten AKW in Japan, Kashiwazaki-Kariwa, einen Defekt im Kühlsystem. Ein Ventil habe nicht funktioniert, zitierte die Nachrichtenagentur Kyodo den Betreiber Tepco. Dieses sei wichtig, wenn im Notfall Wasser zum Reaktor gepumpt werden müsse. Es sei "unwahrscheinlich", dass wegen des Defekts im Kraftwerk an der Westküste radioaktive Substanzen freigesetzt wurden. Das AKW liegt etwa 120 Kilometer von Fukushima entfernt.
In der aus sieben Reaktoren bestehenden weltgrößten Atomanlage hatte es 2007 nach einem Erdbeben folgenschwere Störfälle gegeben. Unter anderem war damals radioaktiv belastetes Wasser aus einem Leck ins Meer geflossen. Zudem fing ein Transformator außerhalb der Reaktorhallen Feuer. Insgesamt wurden 50 technische Defekte registriert - die Tepco zunächst nicht meldete. Ende Februar war in Japan ein Bericht veröffentlicht worden, demzufolge in dem Kraftwerk etliche Geräte schlecht gewartet wurden.
Regierung kritisiert Tepco wegen Entschädigungen
Unterdessen hat die japanische Regierung Tepcos Vorgehen bei den Entschädigungszahlungen für Fukushima-Opfer heftig kritisiert. Der Konzern unternehme nicht genug, um die von der Havarie des Kraftwerks betroffenen Menschen zu unterstützen. Es sei den Kunden nicht zu vermitteln, wenn Tepco die Strompreise erhöhen wolle, um die Entschädigungen zu zahlen, zitierte Kyodo Regierungssprecher Yukio Edano. Der Konzern müsse sich bemühen, dies aus eigener Tasche zu leisten, bevor er sich von der Regierung und den Kunden helfen lasse.
Edano kündigte an, die Regierung werde wohl keine Richtlinien für die Entschädigungen veröffentlichen können, bevor Tepcos Bilanz für 2010 bekannt sei. Sie solle am 17. Mai veröffentlicht werden. Schätzungen zufolge müsse Tepco insgesamt drei bis vier Billionen Yen (25 bis 33 Milliarden Euro) Entschädigungen zahlen, hieß es bei Kyodo.
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