Schon seit Monaten wird über eine Reform des Stabilitätspaktes in der Währungsunion diskutiert. Dort gilt bekanntlich eine „Schuldenobergrenze“ von 60 Prozent, die aber für viele Staaten unerreichbar ist. EU-Finanzkommissar Johannes Hahn schlägt „maßgeschneiderte Modelle“ vor, die für jedes Mitglied realistisch sein sollen.
„Schulden bleiben Schulden, die kann man nicht wegwischen“, stellt Hahn im „Krone“-Gespräch klar, „aber wir müssen Modelle finden, damit ein realistischer Plan für den Abbau gefunden wird.“ Aktuell liegen nur wenige Länder (z. B. sieben in der Eurozone, siehe Grafik unten) bei der Verschuldung unter der „Maastricht-Grenze“ von 60 Prozent des BIP.
Schulden bleiben Schulden, das ist für mich klar. Aber wir müssen für jedes Land einen eigenen Abbauplan erstellen.
Johannes Hahn, EU-Kommissar für Finanzen
So viele Budgetüberschüsse werden die meisten in den nächsten hundert Jahren nicht erzielen können, um den Stabilitätspakt zu erfüllen. In der Corona-Pandemie sind die Zahlen noch einmal kräftig in die Höhe geschossen. Doch eine Abschaffung oder eine Aufweichung der Stabilitätskriterien lehnen Österreich und andere vehement ab, während Nationen wie Frankreich oder Italien das unverhohlen fordern.
Bis Ende 2022 sind die Maastricht-Kriterien (maximal 3% Budgetdefizit und 60% Staatsverschuldung) noch wegen Corona offiziell „ausgesetzt“. Daher wird darum gerungen, bis dahin eine Reform auf Schiene zu bringen. Die EU-Kommission will im ersten Halbjahr einen Vorschlag vorlegen.
Johannes Hahn bringt seine eigenen Ideen ins Spiel: Zunächst sollten alle 27 EU-Mitglieder wie die Banken einem „Stresstest“ unterzogen werden. Dabei wird simuliert, wie sich z. B. Zinsentwicklungen und Schuldenstrukturen auf die jeweiligen Staatsfinanzen auswirken und wie krisenfest die einzelnen Budgets sind.
„Individuellen Abbauplan“ für jedes Land erstellen
„Dann sollte für jedes Land ein individueller Plan zum Schuldenabbau definiert werden“, erklärt Hahn. Dabei kann er sich vorstellen, dass so wie in Österreich früher bei der ASFINAG manche Bereiche ausgegliedert werden, z. B. Infrastrukturinvestitionen. Hahn: „Doch für diese muss man Mittel finden, wie man auch dort die Schulden zurückführt, etwa durch Mauten oder Benützungsentgelte.“
Denn natürlich gibt es Gefahren, wenn die Staatsfinanzen außer Kontrolle geraten und die Schulden immer mehr steigen: Die Rating-Agenturen setzen die Bonität eines Landes herab, das dann noch höhere Zinsen zahlen muss. Das würde so wie bei Griechenland zu einer Eurokrise führen. Daher ist es wichtig, dass es weiter einen Stabilitätspakt in der Währungsunion gibt.
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