„Ich habe sie geliebt“, jammerte der Beschuldigte (32) am Montag vor Gericht in Wien und meint seine Tochter, die er im Alter von elf Wochen durch Schütteln getötet hat. Neben dem Vater auf der Anklagebank saß auch die Mutter (23), die unter Tränen beteuerte, sie könne den Tod der Tochter nicht verwinden: „Ich habe ihren Sarg geküsst.“ Beide wurden wegen Mordes verurteilt: der Vater zu 17, die Mutter zu 14 Jahren Haft. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Beide Angeklagten betonten, wie berichtet, immer wieder, dass sie den Tod des Babys nicht wollten. Im Gegenteil: Der Vater Oliver B. wurde nicht müde zu betonen, dass es seine größte Sorge gewesen sei, dass es dem Kind gut gehe.
Möglicherweise mitverursacht durch eine Persönlichkeitsstörung, die laut Gutachterin „Impulsdurchbrüche“ begünstigt, habe er die Nerven verloren, als das Baby nicht zu beruhigen war. Der Angeklagte gab zu, dass er Lisa (Name geändert) dreimal heftig geschüttelt habe. „Aber ich ahnte doch nicht, dass das solche Folgen hat“, schluchzte Oliver B. bei der Einvernahme durch Vorsitzende Nicole Baczak.
Ich ahnte doch nicht, dass das solche Folgen hat.
Der Vater vor Gericht
„Das Baby hatte keine Überlebenschance“
Doch vor allem beim letzten Schütteln am 4. Juni 2022 in der kleinen Wohnung des Paares in Wien waren die Folgen verheerend. Das bestätigte Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp: „Das Baby hatte keine Überlebenschance.“ Durch das Schütteln sei sogar die Wachstumsfuge eingerissen. Um eine solche Verletzung zu verursachen, müsse das Kind fünf bis zehn Sekunden lang geschüttelt worden sein, und zwar zehn bis 30-mal. Der Gutachter: „Das ist ein körperlich sehr anstrengender Vorgang“.
Die Kindesmutter bestritt am Montag vor Gericht, dass sie irgendetwas von dem Schütteln mitbekommen habe: „Ich habe es kein einziges Mal gesehen.“ Doch in früheren Einvernahmen hatte sie durchaus zugegeben, das Schütteln durch den Vater gesehen zu haben. Sie hat es in einem Gespräch mit einem Psychiater sogar genau beschrieben. Deshalb klagte die Staatsanwältin auch Mord durch Unterlassung an. Die 23-jährige Frau hätte etwas unternehmen müssen, ist die Anklägerin überzeugt. Sie hätte also das Kind nehmen und flüchten müssen, vielleicht in ein Frauenhaus.
Mutter wegen Mord durch Unterlassung verurteilt
Kurz vor 20 Uhr fielen am Montag die Urteile: Der 32 Jahre alte Vater wurde wegen Mordes an seiner elf Wochen alten Tochter zu 17 Jahren Haft verurteilt. Die um neun Jahre jüngere Mutter wurde von den Geschworenen einstimmig im Sinne der Anklage schuldig erkannt. Sie bekam 14 Jahre Haft.
Der Vater wurde zusätzlich in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin Christa Scheimpflug akzeptierte er das Urteil und suchte um Verbüßung seiner Strafe im Maßnahmenvollzug in der Justizanstalt Mittersteig an. Der Verteidiger der Mutter, Timo Gerersdorfer, ersuchte um Bedenkzeit. Die Staatsanwältin gab zu beiden Urteilen keine Erklärung ab. Sie sind daher nicht rechtskräftig.
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