Postenschachervorwurf

OGH-Vizepräsidentin zieht sich wegen Chats zurück

Politik
25.01.2022 10:08

Nach der Veröffentlichung von Chatnachrichten über angeblichen Postenschacher rumort es gewaltig in der heimischen Justiz. Der Oberste Gerichtshof (OGH) zog nun erste Konsequenzen und zieht OGH-Vizepräsidentin Eva Marek ab sofort von ihren Leitungs- oder sonstigen Aufgaben der Justizverwaltung ab. Die Chats seien dazu geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung zu gefährden, so die Begründung des OGH in einer Pressemitteilung.

Das Onlineportal „ZackZack“, betrieben von Peter Pilz, hatte am vergangenen Mittwoch Chats veröffentlicht, die nahelegen, dass die Besetzung der Leitung der Oberstaatsanwaltschaft Wien 2014 parteipolitisch motiviert gewesen sein könnte. Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) habe sich damals nicht für die von der Personalkommission erstgereihte Kandidatin entschieden, weil diese - so das Portal - seiner Partei nicht genehm war, sondern für Marek, die sich erst in letzter Minute beworben hatte.

Die im Innenministerium aufgetauchten Chatnachrichten legen Postenschacher in der Justiz nahe. Konkret geht es um mutmaßliche Interventionen rund um den Bestellungsvorgang von Eva Marek zur Chefin der Oberstaatsanwaltschaft. (Bild: APA/HANS KLAUS TECHT)
Die im Innenministerium aufgetauchten Chatnachrichten legen Postenschacher in der Justiz nahe. Konkret geht es um mutmaßliche Interventionen rund um den Bestellungsvorgang von Eva Marek zur Chefin der Oberstaatsanwaltschaft.

Brandstetter rechtfertigte seine Entscheidung damit, dass die eigentliche Favoritin, Ilse Maria Vrabl-Sanda, als Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft „unverzichtbar“ sei.

Erboste Nachricht an Brandstetter
Marek soll sich im Gegenzug für ihre Bewerbung erwartet haben, zwei Jahre später mit der Leitung der Generalprokuratur belohnt zu werden. Weil sie dort allerdings nicht zum Zug kam, soll sie später erbost an Brandstetter geschrieben haben: „Danke Dir für die peinliche Vorführung in der Perskomm. DANKE für das Einhalten unserer Gespräche und dass ich Dir aus einer ausweglosen Situation helfen dürfte. SPRICH (Maria-Luisa) Nittel und Vrabl verhindert werden mussten.“ Nach ihrer Station bei der Oberstaatsanwaltschaft wurde Marek dann mit 1. Februar 2018 OGH-Vizepräsidentin.

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DANKE für das Einhalten unserer Gespräche und dass ich Dir aus einer ausweglosen Situation helfen dürfte.

Eva Marek schrieb an Wolfgang Brandstetter

„Konsequenzen“ angekündigt
OGH-Präsidentin Elisabeth Lovrek hatte bereits am Samstag „Konsequenzen“ für Marek angekündigt. In einer Pressemitteilung des OGH vom Dienstag heißt es nun, der Oberste Gerichtshof habe „keine Kenntnis“ über die näheren Umstände, die zur Veröffentlichung (der Chats, Anm.) führten und könne daher deren Rechtmäßigkeit nicht beurteilen. „Davon unabhängig sind die Chats jedoch geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung zu gefährden.“ Dieses Vertrauen sei „unabdingbare Voraussetzung“ für das Funktionieren des Rechtsstaats.

Der Bestellprozess wirft kein gutes Licht auf die heimische Justiz - der OGH fordert daher Konsequenzen. (Bild: Jöchl Martin)
Der Bestellprozess wirft kein gutes Licht auf die heimische Justiz - der OGH fordert daher Konsequenzen.

„Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Elisabeth Lovrek hat daher im Einvernehmen mit Mag. Marek angeordnet, dass diese im Obersten Gerichtshof ab sofort keine Leitungs- oder sonstigen Aufgaben der Justizverwaltung ausüben wird“, so der OGH. Die Agenden Mareks übernimmt der Vizepräsident des Obersten Gerichtshofs, Matthias Neumayr.

OGH fordert Änderungen bei Bestellungen
Auch lege der OGH Wert auf die Feststellung, „dass seine Richterinnen und Richter zwar vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Justizministerin ernannt werden, dass die Transparenz des Ernennungsvorgangs aber im Regelfall durch Dreiervorschläge des Personalsenats des Obersten Gerichtshofs gewährleistet ist“. Die ernennenden Organe seien zwar nicht an die Vorschläge des Senats gebunden, sie sind ihnen aber bei der Besetzung von Planstellen des OGH in den letzten Jahrzehnten „ausnahmslos gefolgt“.

Auch verwies der OGH auf seine schon am vergangenen Samstag neuerlich gestellte Forderung, auch für die Planstellen der OGH-Präsidenten und -Vizepräsidenten einen Senatsvorschlag vorzusehen - bisher erfolge deren Bestellung „allein durch politische Organe“. „Der Oberste Gerichtshof ist überzeugt, dass die Umsetzung dieses Vorschlags wegen der dadurch gewährleisteten Transparenz nicht nur im Interesse aller Beteiligten läge, sondern auch ein Gewinn für den Rechtsstaat wäre“, heißt es in der Presseaussendung.

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