Feier im Lockdown
Stolpert Johnson nun über Geburtstagskuchen?
Neue Enthüllungen über Feiern im Amtssitz des britischen Premierministers bringen Boris Johnson weiter massiv in Bedrängnis. Wie der Fernsehsender ITV berichtete, soll Johnsons Frau Carrie im Juni 2020 eine Geburtstagsparty für den konservativen Politiker in dessen Amtssitz 10 Downing Street organisiert haben - mitten im Lockdown. Private Treffen in Innenräumen waren damals nicht erlaubt. Die Regierung dementierte den Bericht im Grundsatz nicht.
Kuchen, ein Ständchen und 30 Gäste: Für den seit Wochen wegen Berichten über mutmaßlich illegale Lockdown-Partys im Kreuzfeuer der Kritik stehenden Johnson kommt die Enthüllung vom Montagabend zu einem prekären Zeitpunkt. Die kritischen Stimmen in der eigenen Partei werden immer lauter. In den vergangenen Tagen kamen Vorwürfe von Islamophobie in der Regierung und laschem Vorgehen gegen Betrug bei Corona-Hilfen hinzu.
Interne Untersuchungen in Endphase
Noch in dieser Woche werden die Ergebnisse einer internen Untersuchung der Spitzenbeamtin Sue Gray zu einer ganzen Reihe angeblicher Lockdown-Partys in der Downing Street erwartet. Vom Ausgang dieser Untersuchung könnte Johnsons politisches Schicksal abhängen.
Mehrere Mitglieder seiner eigenen Fraktion wollen ihn stürzen. Die neuen Enthüllungen dürften Wasser auf ihre Mühlen sein. Insider halten ein Misstrauensvotum inzwischen für unausweichlich. Als Nachfolger bringen sich bereits Außenministerin Liz Truss und Finanzminister Rishi Sunak sowie der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Jeremy Hunt, in Stellung.
Ein Skandal folgt dem nächsten
Bis zu 30 Gäste sollen ITV zufolge bei der angeblichen Feier am Nachmittag des 19. Juni 2020 zu Johnsons 56. Geburtstag dabei gewesen sein, darunter vor allem Mitarbeiter, aber auch die Designerin Lulu Lytle, die damals für viel Geld die Dienstwohnung der Johnsons renovierte - ein weiterer Skandal. Carrie Johnson soll dem Bericht zufolge ein „Happy Birthday“ angestimmt haben. Neben der Torte soll es auch ein Picknick mit Leckereien einer bekannten Kaufhaus- und Feinkostkette gegeben haben. Später seien mehrere Familienmitglieder zu einer privaten Feier in der Wohnung der Johnsons gewesen.
Zusammenkunft wird nicht dementiert
Eine Regierungssprecherin bestritt den Bericht über die Zusammenkunft nicht, wertete sie aber nicht als Party, sondern kurzes Treffen von Mitarbeitern im Anschluss an eine Besprechung, um dem Premier zu gratulieren. Johnson sei weniger als zehn Minuten dabei gewesen. Insgesamt habe das Event nur 20 bis 30 Minuten gedauert. Den Bericht über Gäste in der Dienstwohnung wies die Sprecherin als „komplett unwahr“ zurück.
Johnson habe lediglich eine kleine Gruppe von Familienmitgliedern im Freien empfangen. Die Designerin Lytle ließ wissen, sie habe sich nur zum Arbeiten in der Downing Street aufgehalten und habe außerhalb des Raums, in dem angeblich gefeiert wurde, auf ein Gespräch mit Johnson gewartet.
Labour: „Johnson muss gehen“
Oppositionschef Keir Starmer von der Labour Party kritisierte die Regierung als „chaotisch und steuerlos“ und forderte zum wiederholten Mal Johnsons Rücktritt. „Er muss gehen“, bekräftigte Starmer.
Mit einem freiwilligen Abgang Johnsons wird jedoch kaum gerechnet. Gefährlich werden könnte ihm aber der wachsende Unmut in der eigenen Partei. Der Chef der konservativen Tory-Partei sieht sich dabei einer unübersichtlichen Koalition aus verschiedenen Lagern gegenüber. Sollten sich 54 Mitglieder seiner Fraktion im Unterhaus schriftlich für einen Wechsel aussprechen, käme es zum Misstrauensvotum.
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