Die kürzliche Verpflanzung des tierischen Lebensorgans in einen Menschen macht etlichen Betroffenen Hoffnung, wirft aber auch viele Fragen auf. Ethische Diskussionen sind laut Experten unbedingt nötig.
Wenn ein Tierherz im menschlichen Körper schlägt, klingt das nach Science Fiction. Anfang des Jahres machten Ärzte der UniKlinik Maryland (USA) dieses Szenario zur Realität. Sie setzten dem schwer kranken Amerikaner David Bennett in einer großen Operation das genmanipulierte Pumporgan eines Schweines ein. Nach dem Stand bei Redaktionsschluss ist der 57-Jährige stabil. „Ohne Zweifel stellt das einen Meilenstein in der Medizin dar“, bekräftigt Univ.-Prof. Dr. Günther Laufer, Leiter der Universitätsklinik für Herzchirurgie und stv. Ärztlicher Direktor am AKH Wien. „Die Experten haben es bei dieser Transplantation durchaus geschafft, fundamentale Hindernisse zu überbrücken.“ Dennoch ist es wahrscheinlich zu früh, das „Ersatzteillager“ Schwein als Rettung aller Menschen zu sehen, die ein Spenderorgan benötigen. Nicht nur, weil sich langfristige Erfolge erst zeigen werden, sondern auch, weil auf diesen Eingriff bioethische Diskussionen folgen müssen: Was ist machbar, welche Grenzen setzen sich Wissenschafter künftig?
Viele Parameter sind noch nicht geklärt
„Ich bin eher skeptisch, ob dieses Experiment dauerhaft funktioniert. Wie lange wird der Patient überleben, wie sieht es mit seiner Lebensqualität aus? Schließlich nimmt er starke Medikamente ein, damit sein Körper das Organ nicht abstößt, und ist noch an eine Art Herz-Lungen-Maschine (ECMO) angeschlossen“, gibt Prof. Laufer zu bedenken. „Wenn sich dieses Prozedere jedoch als Möglichkeit herausstellt, wäre das für auf Organe wartende Menschen durchaus sinnvoll. Oder es könnte zumindest als Überbrückung bis zu einer anderen Lösung wie ,echter‘ Transplantation oder Kunstherz in Frage kommen.“
Wenn sich dieses Prozedere jedoch als Möglichkeit herausstellt, wäre das für auf Organe wartende Menschen durchaus sinnvoll.
Univ.-Prof. Dr. Günther Laufer, Leiter der Universitätsklinik für Herzchirurgie und stv. Ärztlicher Direktor am AKH Wien
Auch andere Organe könnten eingesetzt werden
Denaturierte, gegerbte Herzklappen von Schweinen werden bereits verpflanzt. Ihre Niere, Lunge, Leber oder Bauchspeicheldrüse wären laut Experten übrigens ebenfalls verwendbar. Erste Experimente mit Nieren (an hirntoten Menschen) liefen kürzlich erfolgreich. Doch sind die Organe naturgemäß auf ein Schweineleben von durchschnittlich zehn Jahren ausgelegt - womit sich wieder viele Fragen auftun. „Grundsätzlich wären Affen besser dafür geeignet, Menschen mit Organen zu versorgen. Abgesehen von ihrer aufwändigen und kostspieligen Aufzucht kommt es bei dieser ,Verwendung‘ der dem Menschen doch sehr nahen Tierart allerdings zu großen moralisch-ethischen Bedenken.“ Forschungen gibt es dazu. „Bereits 1964 wurde einem Menschen ein Schimpansenherz eingesetzt - mit nur mäßigem Erfolg. Man kam dann von diesen Tieren ab. Beim Schwein hat man weniger Skrupel, ist der Mensch doch von diesen Tieren stammesgeschichtlich weit entfernt“, so Prof. Laufer.
Geklonte Tiere als Lager ausnutzen?
Diese doch sehr deutlichen physiologischen Unterschiede bringen etliche Probleme mit sich, beginnend damit, dass der menschliche Organismus grundsätzlich Antikörper gegen Gewebe dieses Paarhufers bildet. Auch kommen im Schweineorgan bestimmte Viren vor, welche beim Überschreiten der Speziesschranke den menschlichen Körper angreifen könnten. Das Blutgerinnungssystem des Menschen stuft das Schweineherz als fremd ein. Diese und weitere Schwierigkeiten konnten die Forscher mit umfassenden Genmanipulationen in den Griff bekommen. Im Klartext: Es wurden zunächst Zellen gentechnisch verändert und diese dann zum Klonen von Schweinen verwendet.
Aber auch abseits Xenotransplantationen, wie die Verpflanzung tierischen Gewebes in Menschen heißt, läuft die Forschung auf Hochtouren. „Mittlerweile vermögen wir den Hauptteil der Herzpatienten zu behandeln, wenn die anderen Organe noch in Ordnung sind“, macht Prof. Laufer Mut. „Neben der menschlichen Transplantation können wir bereits Teile des Herzens ersetzen und mit modernen Kreiselpumpen unterstützen oder mitunter auch komplette Kunstherzen einpflanzen. Daran wird stetig gearbeitet, damit das technisch weiter ausreift.“ Weniger erfolgreich waren bislang Untersuchungen zur Zelltherapie und -regeneration. Doch auch hier könnte in Zukunft ein Durchbruch gelingen. In München wird ebenfalls eifrig an der Xenotransplantation geforscht. In wenigen Jahren könnte diese in Europa möglich sein.
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