Bei der Energieregulierungsbehörde E-Control und dem Übertragungsnetzbetreiber APG sieht man keine Gefahr eines Blackout in der Stromversorgung - man scheut sich sogar, dieses Wort zu verwenden. „Einen überregionalen Ausfall über längere Zeit hatten wir noch nicht. Wir sehen auch keine Indikatoren, dass das einmal eintritt“, sagte E-Control-Vorstand Alfons Haber am Donnerstag. Auch APG-Operator Tahir Kapetanovic wollte das Wort „gar nicht erwähnen, denn das passiert nicht“.
Obwohl die Fachleute keine Anzeichen für großflächige, länger andauernde Stromausfälle sehen würden, sollte eine Beschleunigung von Infrastrukturprojekten ermöglicht werden, sagte Haber bei einer virtuellen E-Control-Tagung. Denn der Netzinfrastrukturausbau sei wesentlich für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit - wie auch ausreichend Kraftwerke und Speicher vorhanden sein müssten. Darauf verwies auch die E-Control-Expertin Christine Materazzi-Wagner, die derzeit Vorsitzende der Electricity Working Group von ACER ist, der Agentur der europäischen Regulierungsbehörden.
„Adäquate, ausreichende Netzinfrastruktur“
,Zentrale Voraussetzung für eine sichere Versorgung sei „eine adäquate, ausreichende Netzinfrastruktur“, unterstrich Kapetanovic, der Leiter des Kontrollcenters der Austrian Power Grid (APG). Wie fast alle Länder habe auch Österreich eine unzureichende Infrastruktur - und die Genehmigungsdauer sei „extrem lang“, bei der Steiermark-Leitung mehr als ein Vierteljahrhundert, bei der Salzburg-Leitung über 15 Jahre.
Unverzichtbar für die Betriebs- und Versorgungssicherheit seien thermische Kraftwerke mit einer abrufbaren Leistung. In ganz Europa sei hier ein neues Marktdesign nötig, denn eine „fehlende Marktperspektive erfordert die Absicherung ausreichender Kraftwerkspotenziale mittels Netzreserve“. Der Techniker ist zudem Vorsitzender des System Operation Committee, des höchsten Netzbetriebs-Entscheidungsgremiums der Vereinigung europäischer Netzbetreiber ENTSO-E.
Ausfälle meist durch Blitzschlag, Baumfall oder Baggerarbeiten
TU-Graz-Professor Herwig Renner sagte, die meisten Ausfälle gebe es in den Verteilnetzen - etwa durch Blitzschlag, Baumfall oder Baggerarbeiten. Nur sehr selten lägen die Ursachen in den Übertragungsnetzen. Aber selbst gegen die meist kleinen Ausfälle, die kein Stabilitätsproblem in der Versorgungssicherheit darstellen würden, lasse sich noch mehr tun. So könne mehr Ausfallsicherheit etwa durch mehr Erdkabel im Verteilnetz erreicht werden. Auf das Übertragungsnetz lasse sich das nicht übertragen, betonte der Experte vom Institut für Elektrische Anlagen an der Technischen Universität Graz. Gegen das Risiko Cybercrime sieht er die Netze gefeit: Sie seien ganz gut getrennt und von außen nicht zugänglich. Zudem plädierte auch er für einen „adäquaten Netzausbau“.
„Keine Ängste erzeugen“
E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch ließ in seinen Schlussworten mit Kritik aufhorchen. Er meinte, es gebe Energieanbieter, die in ihrer Akquise „mit finsteren Blackout-Prognosen“ arbeiten, um Kunden anzuwerben. „Man sollte aber keine Ängste erzeugen“, betonte Urbantschitsch. Der Ausbau der Erneuerbaren und Versorgungssicherheit würden einander nicht ausschließen, nötig seien Investitionen in die Infrastruktur, die Erzeugungsstruktur und die Flexibilität.
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